Pumpspeicherkraftwerke

Pumpspeicherkraftwerke sind derzeit die einzig verfügbaren großtechnischen Stromspeicher. Damit sind sie ein Kernelement, um das Energiesystem in die neue Ära der Energieerzeugung ohne fossile Energieträger zu führen.

Das von der EU mit der Energy Roadmap 2050 definierte Ziel der Dekarbonisierung des Energiesektors, führt in den kommenden Jahren zu einem immensen Anstieg der Nutzung fluktuierender Energiequellen wie Wind und Sonne. Das heißt, die Energiemenge wird im Stromnetz immer öfter schwanken. Mal wird zu viel und mal zu wenig Energie ins Netz eingespeist. Gleichzeitig werden auch Kohlekraftwerke stillgelegt und Kernkraftwerke geschlossen.

Wasserkraft als Energiepuffer

„Die größte Herausforderung für das zukünftige europäische Stromsystem besteht darin herauszufinden, wie es mit einem hohen Anteil an variablen erneuerbaren Energien und einem reduzierten Anteil an einsatzfähigen fossilen Kraftwerken betrieben und stabil gehalten werden kann“, so Professor Carlos Moreira, Senior Researcher am Institut für System- und Computertechnik, Technologie und Wissenschaft (INESC TEC). „Aufgrund ihrer bereits vorhandenen flexiblen Fähigkeiten werden Wasserkraftwerke eine führende Rolle bei der Bewältigung des wachsenden Flexibilitätsbedarfs im System einnehmen.“ Sein Institut ist Mitglied der europäischen Initiative Xflex Hydro, in dem gezeigt werden soll, wie innovative Wasserkraftwerke Ländern auf der ganzen Welt helfen können, ihre Ziele für erneuerbare Energien zu erreichen.

Besonders mit Hilfe von Pumpspeicherkraftwerken können Engpässe bei der Energieversorgung ausgeglichen werden. Sie speisen bei höherem Bedarf Strom in Sekundenschnelle ins Netz ein. Andererseits sind sie in der Lage durch das Einspeichern überschüssiger Energie die Abregelung (das Abschalten und vom Netz nehmen) von Wind- und Photovoltaikanlagen zu vermeiden. Hierdurch wird das volle Potenzial der installierten erneuerbaren Energien genutzt.

Potenzial noch nicht ausgeschöpft

Das Prinzip eines Pumpspeicherkraftwerks ist einfach. Wird Strom benötigt, strömt Wasser aus einem oben liegenden in ein deutlich tiefer liegendes Becken und treibt dazwischenliegende Generatoren an. Herrscht Stromüberfluss, werden die Generatoren zu Pumpen, die das Wasser zurück in das obere Becken befördern. Schon heute sind Pumpspeicherkraftwerke die weltweit größte Speichertechnologie; sie machen über 94 Prozent der installierten Energiespeicherkapazität aus. Der Industrie-verband International Hydropower Association (IHA) schätzt, dass Pumpspeicherkraftwerke heute weltweit bis zu 9.000 Gigawattstunden Strom speichern. Dabei ist das Potenzial noch längst nicht ausgeschöpft. Die IHA schätzte die gesamte installierte Kapazität im Jahr 2019 auf 158 Gigawatt. Bis 2030 soll sie auf 240 Gigawatt steigen.

Effizienzgewinn durch moderne Technik

Alleine die Modernisierung vorhandener Pumpspeicherkraftwerke kann dabei schon einen erheblichen Zuwachs an Leistung bringen. Das zeigt das Beispiel des Kraftwerks Vianden an der deutsch-luxemburgischen Grenze. Durch verschiedene Maßnahmen hat das Unternehmen Voith eine Leistungserhöhung erreicht, unter anderem wurde dazu ein neuer Motorgenerator mit einem hochmodernen Anfahrumrichter installiert. „Mit dem neuen Anfahrumrichter kann die Maschine noch schneller auf Lastschwankungen im Stromnetz reagieren“, sagt Stefan Linhart, Projektmanager bei Voith Hydro Deutschland. Derartige Schwankungen sind charakteristisch für Stromnetze, die in zunehmendem Maße durch erneuerbare Energiequellen gespeist werden.

Um zuverlässig auf die plötzlichen Änderungen des Leistungsflusses im Stromnetz reagieren zu können, wird der neue Motorgenerator zudem mit speziellen Vakuum-Leistungsschaltern ausgestattet, um schnellere Schaltzeiten im Übergang vom Pump- in den Turbinenbetrieb und umgekehrt zu erzielen. Andere Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Pumpspeicherkraftwerken sind der Einsatz von Asynchronmotorgeneratoren, mit denen die Drehzahl der Turbine variiert werden kann, sowie drehzahlvariable Full-Size-Frequenzumrichter. So wird die Pumpenkapazität an die gerade verfügbare Energiemenge angepasst und das Wasserkraftpotenzial besser ausgeschöpft. Mit Digitalisierungstools lässt sich zudem der Anlagenzustand kontinuierlich überwachen, der Wartungsbedarf und die Ausfallzeiten der Anlage minimieren.

Wasserkraft Unterwasser

Normalerweise sind Pumpspeicherkraftwerke an größere Höhenunterschiede gebunden, sodass sie nur in bergigen Gegenden anzutreffen sind. Alternativ nehmen riesige Hohlkugelspeicher unter Wasser als kleine Pumpkraftwerke die überschüssige Energie auf. Dies erfolgt, indem sie leer gepumpt werden. Dabei sollen 20 Megawattstunden pro Kugel möglich sein. Bei Bedarf wird durch wieder einströmendes Wasser eine Turbine angetrieben, die Strom erzeugt. Damit diese Pumpspeicherkraftwerke wirtschaftlich arbeiten, ist es erforderlich, große Energiemengen zu speichern. Dazu wäre eine große Druckdifferenz nötig, die erst bei mehreren hundert Metern Wassertiefe erreicht wird. Wie auch immer es im Einzelnen aussehen wird, das Potenzial der Wasserkraft als Energiespeicher ist weltweit noch längst nicht ausgeschöpft. „Die Flexibilität und die Speichermöglichkeiten der Wasserkraft sind wichtig, um variable erneuerbare Energien wie Wind und Sonne zu ergänzen“, so Eddie Rich, Chief Executive der IHA. „Wasserkraft wirkt als Wegbereiter für höhere Anteile variabler erneuerbarer Energien in zukünftigen Energiesystemen.“

 

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