Weltweit stehen Regionen wegen der steigenden Urbanisierung und Nutzung von Pkw verkehrs- und umwelttechnisch vor dem Kollaps. Ganz unterschiedlich sehen die Lösungen der Technologieunternehmen aus, um die Mobilität von morgen effizienter und ressourcenschonender zu machen. Mikromobilität ist nur einer der neuen Trends.
Laut den Marktforschern von IDTechEx wird es bis 2030 weltweit über 100 Millionen Plug-in-Elektrofahrzeuge auf den Straßen geben. Kontinuierliche Weiterentwicklungen vor allem in der Batterietechnologie versprechen immer höhere Reichweiten. Mit der wachsenden Population von Elektrofahrzeugen wächst auch die Nachfrage nach Ladestationen. Die vor einigen Jahren eingesetzten 50 Kilowatt Gleichstrom-Schnellladegeräte gelten inzwischen als langsam. High Power Charging Anlagen mit 350 Kilowatt Leistung erlauben bereits heute, den Akku innerhalb von Minuten auf 80 Prozent zu laden.
Was ist Mikromobilität?
Mit der Elektrifizierungswelle ist auch eine große Bandbreite an Unternehmen auf den Markt gekommen, die sogenannte Mikromobile entwickeln. Das können zum Beispiel E-Bikes, E-Tretroller oder völlig neue Formen wie E-Floater sein.
Was ist also Mikromobilität? Mikromobile sollen die Lücke zwischen dem öffentlichen Verkehr, Auto-, Fahrrad- und Fußverkehr schließen. Bis 2030 lassen sich laut McKinsey mit Mikromobilen in Europa bis zu 150 Milliarden Dollar umsetzen, weltweit sogar bis zu 500 Milliarden Dollar. „Mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung lebt in Städten mit mehr als einer Million Einwohnern“, sagt Florian Weig, Seniorpartner aus dem Münchener Büro von McKinsey und Mitautor der Studie. Doch die durchschnittliche Geschwindigkeit, mit denen man sich in diesen Städten fortbewegt, ist nicht höher als 15 Kilometer pro Stunde. „Mikromobilität kann hier eine Lösung sein – allerdings nicht immer und überall“, so Weig.
Auch ohne Fahrer sicher unterwegs
Ein anderer großer Mobilitätstrend ist das Automatisierte Fahren. In Zukunft sorgt die Vernetzung intelligenter Technologien dafür, dass die Fahraufgabe auf immer mehr Strecken von der Fahrzeugelektronik übernommen wird. Vernetzung, speziell entwickelte Algorithmen, fortschrittliche Sensorik und künstliche Intelligenz ebnen dabei den Weg zum vollautomatisierten Fahren. Dabei werden nicht nur die Fahrzeuge selbst immer intelligenter, sondern auch die Infrastruktur wie Ampeln, Straßenleuchten oder Kreuzungen. An Straßenlampen verbaute Video- und Lidar-Sensoren liefern zum Beispiel den Fahrzeugen über Mobilfunktechnologie in Echtzeit wichtige Informationen. Diese dienen dazu wichtige Hindernisse wie andere Autos, Fahrräder oder Fußgänger schnell und sicher zu erkennen.
Autonome Verkehrsmittel sind längst keine Utopie mehr. S-Bahnen zum Beispiel sind schon in vielen Städten auf der Welt ohne Fahrer unterwegs. Und auch bei fahrerlosen Straßenfahrzeugen hat die Zukunft bereits begonnen. So wird es beispielsweise 2022 in der Hauptstadt des Emirats Qatar nachhaltig angetriebene und kommerziell eingesetzte Shuttles und Buslinien geben. Dabei werden alle autonom gesteuert sein. 35 vollautomatisierte „ID. Buzz AD-Elektroshuttles“ von Volkswagen Nutzfahrzeuge werden bis zu vier Fahrgäste befördern. Zudem werden zehn Hightech-Busse von Scania größere Gruppen aufnehmen.
Mansoor Al-Mahmoud, CEO der Qatar Investment Authority (QIA): „Wir brauchen eine neue Welle von Innovation, damit unsere Städte vorankommen. KI-fähige und emissionsfreie Transporttechnologien werden dem Fortschritt in der urbanen Mobilität dienlich sein. Und gleichzeitig für eine Abnahme von Staus und die Verbesserung der Energieeffizienz sorgen.“
Neue Impulse, neue Konzepte
Autonome, fahrerlose und elektrische Fahrzeugkonzepte ermöglichen eine ganz neue Art der Mobilität sowie die bessere Verbindung verschiedener Mobilitätslösungen und Verkehrsträger. So zum Beispiel „Snap“ der Schweizer Ideenschmiede Rinspeed: Dabei handelt es sich um modulare Fahrzeuge, bei denen die alterungsanfällige Hard- und Software in Fahrplattformen („Skateboards“) untergebracht ist, die wiederum mit unterschiedlichen Transporteinheiten („Pods“) verbunden werden können. So lassen sich die teuren vollautomatisierten Fahrzeuge optimal auslasten und – je nach Tageszeit und aktuellen Bedürfnissen – die unterschiedlichen Transportanforderungen für Mensch und Gut erfüllen. „Die urbane Mobilität braucht weitergehende Impulse und Modelle als inkrementelle Schritte, um die anstehenden Mobilitätsprobleme möglichst nachhaltig in Angriff zu nehmen. Wobei nachhaltig auf zwei Ebenen zu verstehen ist: umweltschonend und effizient“, sagt Rinspeed-Chef Frank M. Rinderknecht.
Statt Mikromobilität, Mobilitätskonzepte im Luftraum
Andere Mobilitätskonzepte wollen den Luftraum oberhalb des Straßenniveaus nutzen, um die überfüllten Straßen zu entlasten. Noch in einem frühen Stadium, könnten laut Roland Berger bis 2050 weltweit fast 100.000 Passagier-Drohnen im Einsatz sein. Schon heute erheben sich erste Flugtaxis in der Luft – auch wenn es sich noch um Prototypen handelt. Wie zum Beispiel den Lilium Jet: Angetrieben von 36 vollelektrischen Jetmotoren erzeugt das fünfsitzige Flugzeug keine Betriebsemissionen und ruft im Horizontalfug aufgrund des zusätzlichen Auftriebs durch seine zwei Tragflächenpaare weniger als 10 Prozent seiner maximalen Leistung von 2.000 PS ab. Lilium erwartet, dass der kommerzielle Betrieb 2025 aufgenommen wird. Daniel Wiegand, Co-Founder und CEO von Lilium: „Wir sind überzeugt, dass die regionale Luftmobilität einen positiven Beitrag für die Gesellschaft leisten kann, indem wir alle Städte von klein bis groß in einem Radius von 300 Kilometern vollelektrisch und mit Hochgeschwindigkeit verbinden.“