Autonome Maschinen, Precision Farming und vernetzte Traktoren – intelligente Technologien erobern schon seit einigen Jahren Felder und Ställe. Durch die Automatisierung in der Landwirtschaft soll der steigende Bedarf nach Nahrungsmitteln der rapide wachsenden Weltbevölkerung gesichert werden.
Landmaschinen werden verstärkt mit intelligenten Technologien ausgerüstet, um untereinander zu kommunizieren und Arbeitsprozesse automatisch abstimmen zu können. Gleichzeitig wachsen die Herausforderungen an das Datenmanagement, um die Effizienz im gesamten Produktionsprozess zu erhöhen“, betont Thomas Böck, verantwortlich für Technologie und Systeme in der Konzernleitung von Claas. Zusammen mit den Firmen GEA Farm Technologies, Amazone und dem jungen Softwareunternehmen 365FarmNet entwickelte der Landmaschinenhersteller ein System, mit dem die Prozesskette vom Acker bis zum Stall durchgängig digitalisiert wird.
Schon während der Aussaat mit dem Traktor sorgen Ausbringkarten auf Basis von Satellitendaten dafür, dass das Saatgut für ein bestmögliches Wachstum der Pflanzen ausgebracht wird. Ein Telemetriesystem zeichnet die tatsächlich erledigte Arbeit auf. Zusätzlich werden die Maschineneinstellungen weiter optimiert. Wetterdaten in der Agrarmanagement-Software unterstützen den Landwirt dabei, seine tägliche Arbeitsplanung den Witterungsbedingungen anzupassen. Mit einem Pflanzensensor kann er den Stickstoffbedarf seiner Pflanzen exakt ermitteln und wird nur die Düngermenge ausbringen, die tatsächlich notwendig ist.
Autonom auf dem Acker
Was beim Pkw noch Zukunftsmusik ist, ist in der Landwirtschaft längst Realität: autonome Fahrzeuge, die auch ohne Landwirt den Acker bestellen. Die dänische Firma Kongskilde Industries entwickelte zum Beispiel den Vibro Crop Robotti, ein Fahrzeug für den Anschluss verschiedener Arbeitsgeräte. Damit kann der Roboter hochpräzise Saat ausbringen und mechanisch Unkraut bekämpfen, besonders in Reihenkulturen. Mit weniger Ressourcenaufwand erzielt der Bauer so mehr Ertrag und schützt – dank sensorbasierter Messtechnik – mit gezielter Düngerabgabe und weniger Chemikalien die Umwelt. „Die Technologie in der Agrarrobotik ist sehr fortgeschritten“, so Ole Green, Head of Strategic Development bei Kongskilde. „In den kommenden Jahren werden viele neue Produkte auf dem Markt auftauchen für eine vermehrte Automatisierung in der Pflanzenproduktion.“
Und das, obwohl Verschmutzung, wechselnde Natur- und Wetterbedingungen und die Verbindung von Indoor- und Outdoor-Anwendungsfeldern den Robotikeinsatz in der Landwirtschaft vor zahlreiche zusätzliche Anforderungen stellen. Sensoren, Aktoren, Mechanik und Steuerungstechnik müssen robuster gegen Erschütterungen und Umwelteinflüsse sein als in einer Fabrikhalle. Dennoch existieren bereits heute viele smarte Systeme für die Landwirtschaft.
Wie zum Beispiel der Robovator der dänischen F. Poulsen Engineering ApS für das selektive Hacken in gepflanzten Reihenkulturen. Digitalkameras erkennen Unkräuter angesichts der Pflanzenhöhe und geben einen Impuls an die hydraulische Hackschare, wobei die Hackmesser ein- und ausschwenken. Der Gärtner kann jederzeit eingreifen und manuelle Einstellungen vornehmen. Der Robovator arbeitet mit eigener Strom- und Ölversorgung und einer Geschwindigkeit bis zu 4 km/h, auch nachts, und eignet sich besonders für Bio-Betriebe, die Unkräuter ohne Chemie bekämpfen. „Wir stehen vor einem Wechsel von chemischer Unkrautbekämpfung zu mechanischen Lösungen, sowohl im Öko- wie im konventionellen Landbau“, so Frank Poulsen. „Antrieb dafür sind Regulierungen zum Einsatz von Herbiziden und die erhöhte Nachfrage nach nachhaltiger Nahrungsmittelproduktion.“
Maximale Präzision für mehr Effizienz
Noch mehr Effizienz in der Landwirtschaft verspricht das Precision Farming: Hier wird zum Beispiel die Düngung mithilfe von Satelliten-, Sensor- und Geoinformationssystemen so gesteuert, dass nur exakt die Düngermenge ausgebracht wird, die benötigt wird. Precision Farming berücksichtigt die Heterogenität des Bodens und des Pflanzenbestandes auf einen Schlag und kann damit zu einer weiteren Optimierung des umweltgerechten Pflanzenbaus beitragen. Maschinen können zudem äußerst exakt gesteuert werden, aktuelle Systeme erreichen eine Genauigkeit von bis zu zwei Zentimetern. „Der Präzisionsackerbau verbindet zahlreiche Technologieanwendungen in verschiedenen Stadien der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette: von der Automationstechnologie über Sensoren für das Geo-Mapping bis hin zur Big-Data-Analyse, um Klima- und Bodendaten besser zu bewerten und die Landwirtschaft effizienter zu gestalten“, erklärt Norbert Dressler, Partner von Roland Berger Strategy Consultants. „All diese Applikationsfelder werden in den kommenden Jahren ein starkes Wachstum erleben und damit auch neue, bisher in der Landwirtschaft unbekannte Marktteilnehmer etwa aus dem IT- und Investorensektor, anlocken.“
Schlüssel zur Produktivitätssteigerung
„Europäische Hersteller sind in der Agrarrobotik weltweit führend“, stellt Martin Hägele vom Fraunhofer IPA fest. „Die Palette reicht von Robotern zum Melken, Füttern und zur automatisierten Reinigung im Stall, über Fahrassistenz in mobilen Landwirtschaftsmaschinen bis zu Robotiklösungen im Gewächshaus, dem Obst- und Weinbau, in Blumenkulturen und der Forstwirtschaft.“ Mit der rapid wachsenden Weltbevölkerung steigt auch der Bedarf nach Nahrungsmitteln. Hightech auf dem Acker ist der Schlüssel zur Produktionssteigerung. Die Zukunft gehört autonom funktionierenden Systemen wie fahrerlosen Fahrzeugen, Laserscannern, die beispielsweise ganze Reihenkulturen abtasten, raffinierter Sensortechnik, die – zusammen mit hochgenauen GPS-Systemen – sicheres und autonomes Navigieren auch in Kooperation mit dem Menschen gewährleistet, und Sensorfusion, welche Messwerte unterschiedlicher Sensorsysteme intelligent kombiniert.