Die Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung ermöglicht den verlustarmen Transport von Strom über weite Entfernungen. Sie ist damit eine Schlüsseltechnologie bei der Anpassung der Übertragungsnetze an die zunehmende Zahl regenerativer Energiequellen.
Stromnetze spielen eine Schlüsselrolle bei der Erreichung der Klimaneutralität. In einem dezentralen erneuerbaren Energiesystem verbinden die Netze Onshore- und Offshore-Windparks, die kohlenstofffreien Strom produzieren, mit Stromverbrauchern und industriellen Abnehmern. Die Investitionen in neue Übertragungsnetze werden sich in der EU28-Region in den Jahren 2021 bis 2030 auf geschätzt 152 Milliarden Euro belaufen.
Vorhandene Netze optimieren
Dabei erhöht nicht nur der Ausbau das Übertragungspotenzial der Netzinfrastruktur, sondern es stehen auch zahlreiche Technologien zur Verfügung, mit denen sich die Leistungsfähigkeit vorhandener Netze steigern lässt. „Technologien zur Optimierung der Netze ermöglichen es uns, mehr aus den Netzen zu machen, die wir bereits haben. Sie reduzieren die Ausgaben für neue Netzinfrastrukturen. Sie geben uns effizientere Netze, die mehr erneuerbare Energien aufnehmen können und die Menge an Wind- und Solarenergie reduzieren, die wir abregeln müssen“, so Giles Dickson, CEO des Industrieverbandes WindEurope. Er weist zudem darauf hin, dass die meisten der Technologien zur Netzoptimierung bereits erprobt und verfügbar sind.
So lassen sich mithilfe von Systemen zur Echtzeit-Überwachung Übertragungsleitungen enger an ihren thermischen Grenzen betreiben. Dadurch kann die maximale Kapazität besser ausgenutzt werden, ohne die Sicherheit zu beeinträchtigen. Eine andere Technologie sind elektronische Systeme, die die Betriebsparameter von Transformatoren – zum Beispiel Öltemperatur, Umgebungstemperatur oder Last – überwachen und damit die Wartung vereinfachen und Ausfälle reduzieren. Über die Datenerfassung hinaus lassen sich mit Hilfe einer auf Geräteebene eingebetteten Intelligenz Alterungsmodelle erstellen oder Hot-Spot-Berechnungen durchführen – mit dem Ziel einer vorausschauenden Wartung. Eine cybersichere Kommunikation über ein gesichertes Netzwerk, auch per Mobilfunk oder andere Wireless-Technologien, ist dafür Voraussetzung. Neue Transformatorentechnologien verbessern die Regelbarkeit des Netzes, reduzieren Störungen und ermöglichen die Verbindung zu Gleichstromnetzen.
Energie über weite Strecken übertragen
Gerade Gleichstromnetze gewinnen mit der zunehmend erforderlichen Anbindung von erneuerbaren Energiequellen an Bedeutung. Denn große Quellen erneuerbarer Energie sind meist weit entfernt von den Verbrauchern, beispielsweise in Windparks auf dem Meer. Das bestehende Netz, überwiegend mit der etablierten Wechselstromtechnik (AC-Technologie) ausgestattet, gibt die für den Transport dieser Strommengen erforderlichen Kapazitäten jedoch nicht her. Zudem geht bei der AC-Technologie während der Übertragung zwischen langen Distanzen zu viel Energie verloren. Daher gewinnen sogenannte Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungssysteme (HGÜ, im Englischen HVDC für High Voltage Direct Current) zunehmend an Bedeutung. Dabei wird auf der Versorgungsseite der Wechselstrom vor der Übertragung zunächst in Gleichstrom umgewandelt. In der Empfangsstation wird der Strom dann für den Verbrauch wieder in Wechselstrom umgewandelt. Mit dieser Technologie werden im Vergleich zum Drehstromnetz die Übertragungsverluste im Mittel um 30 bis 50 Prozent reduziert.
„Die HGÜ-Technologie trägt erheblich zu einer klimaneutralen Energiezukunft bei, indem sie die Integration von erneuerbarer Energieerzeugung auf großen Flächen und in weiter Entfernung ermöglicht“, erklärt Niklas Persson, Managing Director Grid Integration bei Hitachi ABB Power Grids. Das Unternehmen lieferte unter anderem für das NordLink-Projekt – dem „grünen Kabel“ zum Austausch deutscher Windenergie mit norwegischer Wasserkraft – die beiden Konverterstationen. Ohne die HGÜ-Technologie wären die Verluste bei der Energieübertragung über die längste Seekabel-Stromverbindung der Welt viel zu hoch.
Mit HGÜ Strom noch effizienter wandeln
In modernen HGÜ-Systemen werden zwei grundlegende Umrichtertechnologien in den Konverterstationen eingesetzt: konventionelle netzgeführte Stromquellenwandler (LCCs) und Spannungszwischenkreisumrichter-Technologie (Voltage Source Converter, VSC). Letztere bestehen aus einer Reihenschaltung sogenannter Submodule, die aus IGBT-Halbbrücken mit Speicherkondensatoren aufgebaut sind. Sie ermöglichen eine deutlich höhere Netzstabilität, reduzieren die elektrischen Verluste signifikant und minimieren den Aufwand für die Filterung. Besonders niedrige Schalt- und Leistungsverluste sowie eine hohe Zuverlässigkeit verspricht dabei der Einsatz von Leistungselektronik auf Basis von Siliziumcarbid. Laut Mitsubishi Electric können dabei die Verluste im Halbleiter um 50 Prozent reduziert werden. Damit kommt noch mehr der wertvollen „sauberen“ Energie aus regenerativen Quellen beim Verbraucher an.