Einzelhandel der Zukunft

IoT-Technologien in Kombination mit Edge Lösungen verändern den Einzelhandel. Es entstehen neue Wege, um mit dem Konsumenten in Interaktion zu treten, und die Prozesse im Geschäft effizienter zu gestalten.

Das Internet der Dinge (IoT) und Künstliche Intelligenz (KI) sind die Basistechnologien des Einzelhandels der Zukunft. Nur entsprechend digitalisierte und vernetzte Stores bieten dem Kunden ein optimales Einkaufserlebnis und gestalten ihre Prozesse möglichst effizient.

„Der Handel befindet sich in der Entwicklung hin zu Smart Stores aktuell in einer Konzeptions- und Aufbauphase. Er sucht offensiv nach Lösungen, um mit personalisierten Angeboten zu begeistern und mit KI und IoT Handelsprozesse neu zu erfinden“, so fasst Xenia Giese, Industry Solution Executive Retail & Consumer Goods bei Microsoft Deutschland, zusammen.

Damit geht laut einer gemeinsamen Studie der Unternehmensberatung BearingPoint und des IIHD Instituts eine Verlagerung der Informationsverarbeitung vom Back- hin zum Front-End einher. Denn Edge Lösungen bieten den Vorteil der zuverlässigen Verfügbarkeit der benötigten Rechen-Ressourcen. Außerdem ermöglichen sie mit ihren geringen Latenzzeiten extrem schnelle Reaktionszeiten. Es findet direkt beim Konsumenten die Verarbeitung der Daten statt. Entscheidungen und Handlungen initiiert, was sich in einer deutlich höheren Handlungsgeschwindigkeit widerspiegelt.

Personalisierte Angebote

Personalisierte Angebote und Produktempfehlungen sind im Online-Handel ein etabliertes Mittel der Kundenkommunikation. Dies war dem stationären Handel insbesondere aufgrund fehlender Lösungen zur Identifikation des einzelnen Kunden bisher verwehrt. Doch mit IoT und Edge Lösungen ist es jetzt möglich.

So erhalten beispielsweise Kunden beim Besuch der deutschen Filiale von BASF Wein eine individualisierte Sortimentsauswahl in einem digitalen Regal präsentiert. Abgestimmt auf deren Vorlieben und Geschmackspräferenzen, die in ihrem Kundenprofil hinterlegt sind. Wichtige Konsumenten-Daten können erfasst und Sortimente besser individuell abgestimmt werden.

Ursprünglich 1901 ausschließlich für die eigenen Mitarbeiter gegründet. Heut liefert der Weinhandel jährlich etwa 700.000 Flaschen an über 40.000 Kunden in mehr als 50 Ländern.

Ein anderes Beispiel für eine besseres „Kunden-Erlebnis“ ist im Flagshipstore von H&M am Times Square in New York zu sehen. Der – nach eigenen Aussagen – weltweit erste sprachgesteuerte, interaktive Spiegel. Er interagiert nicht über Toucheingabe, sondern über Stimm- und Gesichtserkennung. Kunden können Mirror-Cover-Selfies für „My H&M Cover“ erstellen und Fashion-Inspirationen erleben. Der QR-Code-Scan schlägt dem Kunden am Spiegel Outfits vor, die sofort gekauft werden können. Zudem werden personalisierte Rabatte beim „Mirror Shopping“ eingeräumt. Die Kunden nehmen die Selfie-Funktion des Spiegels begeistert an. Denn 86 Prozent der Kunden scannen den QR-Code zum Download des Covers. Und 10 Prozent von ihnen abonnieren anschließend den H&M-Newsletter.

Zahlen ohne Kasse

Personalintensiv und für Kunden aufgrund der Wartezeiten ein häufiges Ärgernis ist das Bezahlen. Abhilfe schafft hier der Seamless Checkout. Dabei identifiziert sich der Kunde vor dem Einkauf bzw. Betreten der Filiale durch eine Kundenkarte oder App. Anschließend kann er einfach seine Artikel aus den Regalen nehmen und sie bei Verlassen der Filiale automatisch über sein Kundenkonto bezahlen. Das erfordert allerdings, dass der Smart Store weiß, welche Waren im Warenkorb liegen.

Eine Lösung dazu haben Congatec, ein führender Anbieter von industriellen Computermodulen, und der Kamerahersteller Basler entwickelt. Die Deep Learning Anwendung zeigt, wie mit Vision-Technologien der Check-out-Prozess im Einzelhandel deutlich vereinfacht werden kann. Mit der Lösung muss der Kunde seine Waren nur noch in seinen Einkaufskorb legen. Das trainierte neuronale Netz erkennt anschließend die Produkte – ähnlich wie bei der Gesichtserkennung – auf Basis eines Videostreams. Abschließend wird die Rechnungssumme angezeigt. Basis des Systems ist ein sogenanntes SMARC-Modul. Dabei handelt es sich um eine Spezifikation der Standardization Group for Embedded Technologies für Computer-on-Module. SMARC Computer-on-Module sind speziell ausgelegt für die Entwicklung extrem kompakter Low-Power Systeme.

Autonome Filialen im Einzelhandel

Noch einen Schritt weiter geht das kalifornische Unternehmen AiFi mit seinen autonomen oder unbesetzten Filialen.

Im NanoStore von AiFi steckt eine Menge Technologie unter einem winzigen Dach. Kameras mit eingebetteten Systemen kommunizieren mit einem zentralen Knotenpunkt. Sie „teilen“ ihm mit, welche Waren der Kunden in seinen Einkaufswagen aufgenommen hat. Beim Verlassen des Stores zücken die Kunden nur noch die Kreditkarte oder tippen auf eine App. Dadurch bestätigen sie die gewünschten Kaufartikel und gehen mit einer Quittung – und den Artikeln – in der Hand heraus.

Basis des flexibel einsetzbaren Shopsystems ist ein Standardcontainer, der sich leicht über zusätzliche Module erweitern lässt. Im Shop werden die Kunden mittels KI durch ihren Einkauf geleitet. Und zwar über das Tracking von Besuchern, Beständen und Einkaufsverhalten mit Technologien aus dem Bereich des maschinellen Sehens. Die Ergebnisse bieten den Mitarbeitern in Echtzeit Einblicke, was gut funktioniert – und was nicht.

Die Kunden des intelligenten Shops können sich beim Betreten des Stores per App oder Kreditkarte identifizieren. Und wie gewohnt Waren in den Einkaufskorb legen. Durch die Identifizierung müssen sie sich zum Bezahlen in keiner Schlange mehr anstellen. Das System analysiert via Seamless Checkout beim Verlassen des Stores die Waren im Korb und kassiert nur das ab, was tatsächlich drin liegt.

Die Digitalisierung im Einzelhandel führt zu einer Neuausrichtung zentraler Handelsprozesse. Wie zum Beispiel der Sortimentierung und dem Bestandsmanagement, dem Store Design, den Store Operations und auch der Kundenkommunikation. Kay Manke, Partner bei BearingPoint: „Eine der zentralen Hürden für die Implementierung von IoT sind die Skalierbarkeit von IT-Strukturen sowie die Notwendigkeit hoher Investitionen. Handelsunternehmen sollten jedoch bereits frühzeitig die Grundlagen schaffen, um das volle Potenzial von IoT realisieren zu können.“

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