Autonomes Fahren – Ein Überblick

Autonomes Fahren / Autonome Fahrzeuge werden alle Bereiche der Mobilität verändern. Die Gründe für ­den Verzicht auf den Fahrer, Steuermann oder Piloten sind viel­fältig und reichen von mehr Sicher­heit über eine höhere Wirtschaftlichkeit bis hin zu geringeren ­Umweltbelastungen.

Selbstfahrende Autos, unbemannte Luftfahrzeuge oder fahrerlose Traktoren – autonomes Fahren existiert längst nicht mehr nur auf dem Papier. Zumindest als Prototypen „agieren“ sie zunehmend mitten unter uns: Maschinen, die unabhängig von menschlichen Befehlen selbstständig handeln und zumindest in Alltagssituationen die „richtigen“ Entscheidungen treffen. Neue Sensortechnologien, Vernetzungsmöglichkeiten und selbstlernende Algorithmen erlauben es den neuen Fahrzeugen, schnell, empfindlich und unter Berücksichtigung vielfältiger Daten auf ihre Umwelt zu reagieren.

Fahren ohne menschliche Kontrolle

Von einem autonomen Fahrzeug spricht man laut Definition des deutschen Fachforums Autonome Systeme, wenn ein System ein vorgegebenes Ziel selbstständig und von der jeweiligen Fahr- oder Umgebungssituation abhängig erreichen kann. Eine Lernfähigkeit ist nach dieser Definition keine Voraussetzung, aber eine mögliche Eigenschaft autonomer Fahrzeuge. In Bezug auf den automatisierten Straßenverkehr ist dies zum Beispiel erreicht, wenn das Fahrzeugsystem die Fahraufgabe „vollumfänglich, auf allen Straßentypen, Geschwindigkeitsbereichen und Umfeldbedingungen“ übernimmt. Fahrerlose Fahrzeuge treffen also Entscheidungen und übernehmen Aufgaben in unstrukturierten Umgebungen, ohne dass ein menschlicher Fahrer eine Kontrollfunktion ausübt.

46,8 % der Menschen ­weltweit würden ihre Kinder von ­einem autonomen Auto fahren lassen.
Quelle: Cisco Systems, 2013

Es eröffnen sich neue Geschäftsmodelle

Fahrzeuge mit diesen Fähigkeiten werden zurzeit nicht nur für den Straßenverkehr entwickelt, sondern genauso für Fahrten in der Tiefsee wie für Flüge in der oberen Atmosphäre. Sie ersetzen nicht nur einfach den Fahrer, Steuermann oder Piloten, sondern haben das Potenzial für völlig neue milliardenschwere Geschäftsmodelle: Autonome Drohnen, die monatelang in der Luft bleiben können und das Internet zu den 4,5 Milliarden Menschen bringen, die bisher offline sind, sind dafür nur ein Beispiel. Die größten Umwälzungen werden autonome Fahrzeuge wohl im Straßenverkehr verursachen. Autohersteller können rund um diese neue Technologie innovative Geschäftsmodelle aufbauen, beispielsweise durch Unterhaltungsangebote oder individuell zugeschnittene ­Wartungspakete, die das Fahrzeug in die herstellereigenen Werkstätten lotsen. Gleichzeitig müssen sich Unternehmen auf kürzere Entwicklungszyklen und neue Wettbewerber aus der IT- und Hightech-Branche einstellen. Vor allem aber zeichnen sich deutlich weniger Erlöse aus dem Autoverkauf ab: Analysten der Investmentbank Barclays gehen davon aus, dass dank Car-Sharing und autonomer Taxen die Pkw-Verkaufszahlen in den nächsten 25 Jahren um bis zu 50 Prozent fallen werden. Noch haben die Unternehmen Zeit, sich auf diese Umwälzungen vorzubereiten: Denn im komplexen Straßenverkehr wird erst um das Jahr 2030 herum mit vollständig autonomen Fahrzeugen gerechnet. Dagegen werden in kontrollierbaren Umgebungen – wie in der Landwirtschaft oder im Bergbau – selbstfahrende Fahrzeuge schon heute eingesetzt.

Autonome Fahrzeuge ersetzen nicht nur einfach den Fahrer, sondern haben das Potenzial für völlig neue milliardenschwere Geschäftsmodelle.

Vielfältige Benefits

Dabei sprechen die unterschiedlichsten Gründe für autonome Fahrzeuge: Im Straßenverkehr steht vor allem eine bessere Auslastung der Infrastruktur sowie eine Reduzierung der Unfälle im Fokus. Denn immerhin 90 Prozent aller Unfälle auf der Straße sind auf Fehler des Fahrers zurückzuführen. Gleiches gilt für die Luftfahrt – elektronische Systeme bleiben rund um die Uhr aufmerksam und aktuelle Mikroprozessoren können in einer Gefahrensituation rund 1.000 Mal schneller als der Mensch reagieren. Aber auch die Personalkosten für Piloten sind ein Grund, autonome Flugzeuge einzusetzen. Gleiches spricht im Bausektor für fahrerlose Fahrzeuge – immerhin lassen sich durch autonome Bagger und Lkw Arbeitskosten von bis zu 90 Prozent einsparen. Wobei die Maschinen gleichzeitig rund um die Uhr im Einsatz bleiben können – ohne die für den Menschen notwendigen Pausen. In der Logistik könnten so mittelfristig vollautomatisierte Lkw eine bessere Flottenauslastung ermöglichen und Lieferketten effizienter machen. Fehlende Arbeitskräfte sind ein weiterer Grund für vollautomatisierte Fahrzeuge: Das gilt für den Beruf des Truckers genauso wie für die Seefahrt. Gleichzeitig entlasten autonome Fahrzeuge auch die Umwelt: Bei Bau- und Landmaschinen soll eine CO2-Vermeidung von bis zu 60 Prozent möglich sein. In der Landwirtschaft können darüber hinaus völlig neue Methoden des Ackerbaus realisiert werden, mit denen der Einsatz von Spritzmitteln deutlich reduziert und der Boden geschont wird.

Wer trägt die Verantwortung

Doch bis diese Vorteile genutzt werden können, sind noch eine Reihe ethischer, rechtlicher und sozialer Fragen zu beantworten: Denn wer trägt die Verantwortung für die „Handlungen“ autonomer Fahrzeuge, wenn der Nutzer selbst an deren Entscheidungen nicht oder nur noch am Rande beteiligt ist? Und nach welchen Kriterien sollen Maschinen im Konfliktfall „entscheiden“, und wer legt diese fest? Dennoch sind sich die Experten sicher, dass diese Fragen geklärt und autonome Fahrzeuge schon in naher Zukunft eine Revolution der Mobilität anstoßen werden.
Autonome Fahrzeuge ersetzen nicht nur einfach den Fahrer, sondern haben das Potenzial für völlig neue milliardenschwere Geschäftsmodelle.

2 m ist die maximale Strecke, die ein aktueller NASA-Mars-­Rover­ an einem Stück zurücklegen kann, bevor er für neue Berechnungen stoppen muss. (Quelle: NASA)

57 % der Menschen weltweit würden in einem fahrerlosen Auto mitfahren. (Quelle: Cisco Systems)

1⁄3 der Fläche in großen US-Städten könnte durch autonomes Parken frei werden. (Quelle: www.2025ad.com)

50 % der Betriebskosten eines Schiffes werden durch die Crew verursacht. (Quelle: Moore Stephens LLP)

70 % beträgt der mögliche Anstieg der weltweiten Erträge in der Landwirtschaft durch den Einsatz von autonomen Fahrzeugen, Drohnen und anderen damit verbundenen Technologien. (Quelle: Goldman Sachs)

Dank schnell reagierender Elektronik kann der Sicherheitsabstand bei vernetzten Lkw-Kolonnen reduziert werden, von 50 auf 15 m (Quelle: www.2025ad.com)

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