Autonome Landmaschinen

Autonome Landmaschinen werden das Bild des Ackerbaus nachhaltig verändern. Mit ihnen lassen sich Ackerflächen effizienter nutzen und gleichzeitig lässt sich die Umwelt schonen.

Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen: Um die rapide wachsende Weltbevölkerung auch in Zukunft ernähren zu können, sollen die zur Verfügung stehenden Agrarflächen effizienter genutzt werden. Gleichzeitig fehlt es den Agrarbetrieben in vielen Teilen der Welt an Personal.

Autonome Landmaschinen: Rund um die Uhr im Einsatz

Traktorhersteller arbeiten daher schon seit einigen Jahren an autonomen Landmaschinen. So stellte zum Beispiel Case IH 2016 sein ACV (Autonomous Concept Vehicle) der Öffentlichkeit vor. „Im ACV wird viel von der herkömmlichen Technologie moderner Traktoren verbaut. Mit RTK, einer ultrapräzisen GPS-Variante, erzielt man bei der Parallelsteuerung Abweichungen von weniger als 2,5 Zentimeter. Viele Landwirte nutzen diese Technik bereits, um unwirtschaftliche Überlappungen oder Fehlstellen zwischen den einzelnen Wegstrecken zu vermeiden“, so Dan Stuart von Case IH. Zusätzlich ist das ACV mit Radar, Lidar, Näherungssensoren sowie Sicherheits- und Funksystemen ausgestattet. Dadurch kann der Traktor, sobald er das Feld erreicht hat, komplett unabhängig und fahrerlos arbeiten. Derzeit ist das ACV noch ein Konzept, aber ein Testprogramm unter Realbedingungen in Zusammenarbeit mit Landwirten hat schon begonnen.

Landwirtschaft auf den Punkt

Doch in letzter Zeit mehren sich die Stimmen, die den Einsatz großer schwerer Maschinen auf dem Acker grundsätzlich negativ sehen. „Die Landwirtschaft, wie sie aktuell betrieben wird, steht in der gesellschaftlichen Kritik. Angesichts von Nitratbelastung, Artenrückgang und Bodenverdichtung müssen wir kritisch hinterfragen, wie lange das noch gut geht“, sagt zum Beispiel Dr. Jens-Karl Wegener, der am Braunschweiger Julius Kühn-Institut das Fachinstitut für Anwendungstechnik leitet. Noch größere Maschinen auf noch größeren Flächen einzusetzen scheint nicht die Lösung, sondern eher Teil des Problems zu sein. Er verfolgt einen anderen Ansatz und geht von den Bedürfnissen der Einzelpflanze aus.

„Solch ein Precision Farming, das auf die Bedürfnisse der Einzelpflanze ausgerichtet ist, hätte natürlich auch einen Einfluss darauf, wie die Flächen künftig aussehen“, sagt Projektmitarbeiterin Lisa-Marie Urso. Spot Farming nennen sie und ihre Kollegen das neue Anbausystem, das kleinräumige Unterschiede in der Landschaft berücksichtigt. „Vorteil des Spot Farmings wäre, dass auf einem großen Schlag nicht wie bisher nur eine, sondern verschiedene Fruchtfolgen gleichzeitig gefahren werden können“, so Urso weiter. Entsprechend der Bodenbeschaffenheit könnten verschiedene Kulturpflanzen (Raps, Weizen und Rüben) ausgesät und Eigenheiten der Fläche wie Senken mit Staunässe, trockene Kuppen oder andere Kleinstrukturen berücksichtigt werden. „Das würde auf jeden Fall für mehr Artenvielfalt auf dem Feld sorgen, von der Einsparung bei Düngung und Pflanzenschutz durch die Einzelpflanzenbehandlung ganz zu schweigen“, malt Wegener das Bild weiter aus. Dass dies nicht nur eine Vision ist, zeigte das Unternehmen Deepfield Robotics schon 2015: Damals präsentierte das Start-up den Bonirob, einen kleinwagengroßen Roboter, der dank video- und lidar-basierter Positionsbestimmung sowie Satellitennavigation auf den Zentimeter genau über das Feld navigiert. Er kann anhand der Blattformen Nutzpflanzen von Unkraut unterscheiden und mithilfe eines Rammstabs Unkraut – statt mit Gift – mechanisch beseitigen. Mit Blick auf die vielfältige Flora kommt der automatischen Bilderkennung des Bonirobs eine wesentliche Rolle zu. Professor Dr. Amos Albert, Leiter von Deepfield Robotics, beschreibt die Herausforderung: „In frühen Stadien ähneln sich zum Beispiel die Blätter von Möhren und Kamille sehr.“ Daher muss er dem Bonirob das Lernen und Erkennen von Blattformen lehren. Albert und sein Team nutzen dafür maschinelles Lernen. Dabei erfasst die Technik viele Bilddaten, in denen die Bosch-Forscher die Unkräuter markieren. „Der Bonirob lernt so mit der Zeit, immer besser anhand Parameter wie Blattfarbe, -form und -größe zwischen gewünschten und unerwünschten Pflanzen zu unterscheiden“, so Albert. Aber noch ist der Bonirob nicht als Serienfahrzeug auf dem Markt.

Pflanzen gezielt einzeln bekämpfen

Einen Schritt weiter ist da die Schweizer Firma Ecorobotix: Sie hat eine erste Serie ihres Jät-Roboters produziert. Diese für Testphasen bestimmten Maschinen bewähren sich zurzeit im Freiland, in der Schweiz, in Frankreich und in Belgien. Die offizielle Markteinführung ist für 2018 geplant. Der mit Sonnenenergie betriebene Roboter wiegt gerade einmal 130 Kilogramm. Er arbeitet bis zu zwölf Stunden pro Tag ohne menschliche Kontrolle und wird vollständig durch eine Smartphone-Applikation kontrolliert und konfiguriert. Der Roboter orientiert und positioniert sich mithilfe seines RTK-GPS, seiner Kamera und Sensoren. Sein System der Bilderfassung ermöglicht ihm, sich an den Pflanzenreihen auszurichten und zu erkennen, ob und wo sich Unkraut in oder zwischen den Reihen befindet. Dabei passt er seine Geschwindigkeit an die Dichte des Unkrautvorkommens an. Zwei Roboterarme sprühen eine Mikrodosis Herbizid gezielt und ausschließlich auf das entdeckte Unkraut.

(BIldnachweis: Case IH; iStockphoto: Barcin, gusach, juliedeshaies)

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