Aus Technologie werden Benefits

Bei der Entwicklung eines smarten Produkts müssen viele Dimensionen berücksichtigt werden: Neben Mechanik, Elektrik und Software muss auch das gesamte System betrachtet werden. Dabei spielt auch der Safety- und Security-Aspekt eine zunehmend wichtige Rolle. Thomas Staudinger, Vice President Vertical Segments and Technical Marketing bei EBV Elektronik, erklärt, wie EBV Unternehmen bei diesem komplexen Entwicklungsprozess unterstützt.

Was macht in Ihren Augen ein Produkt zu einem smarten System?
Thomas Staudinger: Ein smartes System ist autonom, kann Daten aufnehmen, sie verarbeiten, darauf basierend in einem gewissen Rahmen Entscheidungen treffen und daraus Aktionen ableiten.

Welche elektronischen Bausteine sind dafür notwendig?
T.S.: Das ist in der Summe vergleichbar mit Produkten für das Internet der Dinge: Ein smartes System benötigt Sensorik zur Erkennung der Umgebungsbedingungen. Dann einen Prozessor oder Controller, der fähig ist, die Sensordaten zu verarbeiten und über Algorithmen eine Entscheidung oder Aktion abzuleiten. Entsprechend benötigt man noch Aktuatoren, um die Aktionen umzusetzen. Ein wichtiger Baustein sind Module sowohl für die Kommunikation innerhalb des smarten Systems als auch für die Kommunikation mit der Außenwelt, letzteres ist typischerweise wireless. Und schließlich gehören auch Power-Module zur Stromversorgung dazu.

Welche Komponenten davon bietet EBV?
T.S.: Wir bieten die komplette Bandbreite der erforderlichen Bausteine an: Sensoren, Wireline- als auch Wireless-Konnektivitätslösungen, Controller und Prozessoren und auch in einem gewissen Umfang Aktuatoren, wobei wir uns auf die Halbleiterseite beschränken, also zum Beispiel Motorentreiber und Ähnliches; Zudem Komponenten für die Stromversorgung, wie zum Beispiel Power-ICs, MOSFET, DC/DC-Lösungen.

Welche technologischen Trends rund um smarte Systeme beobachten Sie zurzeit bei Ihren Lieferanten, den Elektronikherstellern?
T.S.: Im Prinzip lassen sich ganz normale Standard-Komponenten, wie sie heute bereits in elektronischen Geräten verwendet werden, auch in smarten Systemen einsetzen. Es wird allerdings eine größere Bandbreite an Sensoren entwickelt, vor allem zur Umgebungserfassung und für Safety-Anwendungen. Ein großes Thema sind dabei optische Sensoren, zum Beispiel zur Muster- oder Gesichtserkennung. Bei der Aktuatorik sind in der Zukunft mikromechanische Lösungen besonders interessant.

In welchen Bereichen sehen Sie noch Entwicklungsbedarf bei den elektronischen Komponenten für smarte Systeme?
T.S.: Die Technologie für die Realisierung smarter Systeme existiert bereits heute. Wenn sie sich auf dem Massenmarkt durchsetzen sollen, müssen die Kosten allerdings noch weiter gesenkt werden, damit sich der Einsatz für den Endverbraucher auch rechnet.

Mit smarten Systemen steigen auch die Angriffsmöglichkeiten für Cyber-Kriminelle. Welchen Beitrag kann die Elektronik leisten, um smarte Systeme sicherer zu machen?
T.S.: Um Datendiebstahl oder eine Manipulation zu verhindern, spielt insbesondere die Authentifizierung eine wichtige Rolle. Dazu gibt es bereits heute bewährte Hardware-Lösungen in Form von Krypto-Komponenten. Sie stellen sicher, dass zum einen ein Kommunikationspartner das Recht hat, auf das System zuzugreifen. Zum anderen prüfen sie die Identität, also ob er tatsächlich derjenige ist, als der er sich ausgibt.
Nicht vernachlässigen darf man dabei den Aspekt des Schutzes des geistigen Eigentums: Von Anfang an sollten Schutzmechanismen integriert werden, die den Diebstahl des Know-hows verhindern, das in smarten Systemen steckt. Mit derartigen Lösungen lässt sich zudem verhindern, dass Bauteile kopiert oder gefälscht werden.

Benötigen wir Standards, die das Zusammenspiel der Komponenten eines smarten Systems regeln?
T.S.: Ich halte das Warten auf Standards für wenig hilfreich. Es werden sich gewisse Standards durchsetzen, wie man heute zum Beispiel im Wireless-Bereich sieht: Während Wi-Fi und Bluetooth Low Energy sich etabliert haben, konnte sich zum Beispiel ZigBee nicht in dem erwarteten Maß durchsetzen. Wenn bei einem smarten System die Kommunikationsschnittstelle auf einem dieser verbreiteten Standards basiert, kann intern ohne weiteres eine proprietäre Lösung realisiert werden. Dass es mal einen Standard gibt, auf den sich alle übergreifend einigen, liegt wohl noch in weiter Ferne.

Was bedeutet die Entwicklung smarter Systeme für den R&D-Prozess Ihrer Kunden?
T.S.: Smarte Systeme stellen tatsächlich eine neue Herausforderung für die Entwicklungsprozesse dar. Sie haben viele Dimensionen, die bei der Entwicklung beachtet werden müssen: Mechanik, Elektrik, Software und schließlich die Systemebene. Das wird dazu führen, dass Firmen übergreifender zusammenarbeiten und Themen stärker ausgelagert werden. Wichtig ist auch, dass von Anfang an die Sicherheitsthematik Berücksichtigung findet. Ich kann mir vorstellen, dass in Zukunft ein Sicherheitsarchitekt in das Entwicklungsteam integriert wird. Dabei spielt nicht nur die Cybersecurity eine zunehmend wichtige Rolle, sondern gerade im Hinblick auf autonome Systeme auch die funktionale Sicherheit.

Was bietet EBV über die Komponenten hinaus, um Kunden bei der Entwicklung smarter System zu unterstützen?
T.S.: Wir bieten unseren Kunden drei Säulen der Unterstützung: Auf der einen Seite haben wir Fachleute, die sich sehr gut in verschiedenen Marktsegmenten wie Automotive, Consumer oder Industrie auskennen. Sie beobachten, welche Trends es gibt, wie der Markt darauf reagiert und welche Lösungen die Hersteller für diese Applikationen bieten.
Daneben haben wir Spezialisten, die wissen, welche Technologie am besten geeignet ist, um ein spezifisches Problem zu lösen. So haben wir beispielsweise auch ein Team, das sich nur mit dem Sicherheitsthema beschäftigt. Als Distributor kann man dabei natürlich nur bis zu einer gewissen Ebene gehen – für Problemstellungen, die darüber hinausgehen, können wir auf ein umfassendes Partnernetzwerk zurückgreifen. Das sind Firmen oder Institute, die, wenn notwendig, bei einer Kundenaufgabe noch einige Stufen tiefer in eine Lösung eintauchen können.
Die dritte Säule sind schließlich unsere Spezialisten „im Feld“, Techniker, die beim Kunden sind. Sie fungieren quasi als Lotse und verweisen Aufgaben an die richtigen Experten bei uns im Haus.

Wie unterscheidet sich EBV hierbei von anderen Distributoren?
T.S.: Die Tiefe und Breite von unserem Ansatz der vertikalen Marktsegmente findet man in der Branche nicht ein zweites Mal. Wir bieten damit nicht nur die passende Elektronik, sondern unsere Fachleute übersetzen Technologie in echte Benefits für den Kunden. Wir können für die Kunden darüber hinaus eine Erweiterung ihrer Entwicklungsmannschaft sein. Unsere Field Application Engineers, von denen wir 120 in Europa beschäftigen, sind üblicherweise Experten, die früher als Entwickler gearbeitet haben. Sie können also nicht nur beraten, sondern tatsächlich auch bei der Entwicklung „hands on“ helfen.
Darüber hinaus helfen wir unseren Kunden, sich untereinander zu vernetzen. Es gibt immer wieder Firmen, die zum Beispiel einen Entwicklungspartner suchen oder eine spezielle Embedded-Computing-Lösung benötigen. Hier vermitteln wir gerne innerhalb unseres großen Kundennetzwerkes. Das funktioniert auch im Bereich der Auftragsfertigung: Zu unseren Kunden zählen viele mittelständische Fertigungsunternehmen, die Produkte in niedriger bis mittlerer Stückzahl, aber mit hoher Komplexität produzieren können.
Nicht zu vergessen: Wir entwickeln, wenn es auf dem Markt keine passende Halbleiterlösung gibt, mit EBVChips auch eigene Chips.

Diese Dienstleistungen lässt sich EBV doch sicher bezahlen?
T.S.: Nein, weitestgehend sind Beratung und Entwicklungsunterstützung kostenlos für unsere Kunden. Gerade für kleinere Unternehmen bietet das den Vorteil, dass sie kein Cash-out haben, wenn sie mit uns in die Entwicklung eintreten, also noch kein Umsatz stattfindet.

Aus Ihrer Sicht – welche Märkte oder Branchen bieten aktuell ein besonderes Potenzial für smarte Systeme?
T.S.: Wenn man das Thema Smart Factory und Industrie 4.0 konsequent durchdenkt, dann wird es dort ein großes Potenzial für smarte Systeme geben. Aber auch im Service-Bereich werden wir immer mehr autonome Systeme sehen.

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