Überwachung der Vitalparameter mit HMI

Eine nicht nur in der Medizin relevante Form von Mensch-Maschine-Schnittstellen sind Systeme, die die Vitalparameter des Nutzers erfassen. Sie können eingesetzt werden, um die Gesundheit zu überwachen. Zudem können sie sicherstellen, dass ein Mensch fit genug ist, um eine Maschine wie zum Beispiel ein Auto richtig zu bedienen.

Müde? Verärgert? Unaufmerksam? Oder gar krank? Der aktuelle Zustand eines Menschen kann erhebliche Auswirkungen auf die Nutzung und Bedienung von Maschinen haben – und auf die Sicherheit. Daher werden in immer mehr Einsatzbereichen Human Machine Interfaces mit Technologien zur Überwachung der Vitalparameter des Nutzers ausgerüstet. Die Schnittstellen dienen nicht unbedingt dazu, Steuerbefehle des Menschen zu empfangen und umzusetzen. Meist werden sie eingesetzt, um den Zustand des Nutzers zu kontrollieren und bei bestimmten Veränderungen der Vitalparameter eine Aktion auszulösen.

Der Healthcare-Bereich ist sozusagen die natürliche Heimat derartiger HMI: Vom winzigen Pulsmesser, der an den Finger geklemmt wird, bis hin zur anspruchsvollen und hoch entwickelten Technologie der Künstlichen Intelligenz – überall ist die HMI-Technologie ein wesentlicher Bestandteil für die Beurteilung, Überwachung und Behandlung von Patienten. Üblicherweise haften dabei Sensoren verschiedener Geräte auf der Haut und messen Hirnströme, Impedanz-, Bewegungs-, Blutsauerstoff- und Temperaturdaten. Ein lokales Prozessorsystem kann auf Basis der so gewonnenen Daten individuelle Warnmeldungen für den Patienten erstellen und automatisch eine Pflegekraft alarmieren, wenn es ungewöhnliche Veränderungen im Zustand des Patienten erkennt.

Herzaktivitäten erkennen

Mit dem Siegeszug von Smartphone und Smartwatch können viele dieser Parameter heute auch in hoher Qualität mobil erfasst werden. Dazu gehören zum Beispiel die Herzaktivitäten, wobei sich zwei Methoden durchgesetzt haben. Die einfachste ist das Ein-Kanal-EKG: Dabei werden zwei Elektroden zum Beispiel in eine Smartwatch integriert. Die Elektrode an der Rückseite des Gerätes hat Kontakt mit dem Trägerarm, die zweite Elektrode an der Oberseite der Uhr wird durch Berühren mit dem Finger der anderen Hand aktiviert. Im Automotive-Bereich werden sogenannte Multi-Touch-EKG eingesetzt. Dabei ist die EKG-Sensorik an verschiedenen Positionen wie Lenkrad, Schalthebel oder Armlehnen integriert. Das System erkennt automatisch, welche Elektroden Kontakt mit dem Nutzer haben. So können EKG-Messungen unbemerkt im Hintergrund erfolgen, und der Mensch verfügt dabei trotzdem über eine hohe Bewegungsfreiheit.

Vitalparameter über Licht analysieren

Völlig anders funktioniert die sogenannte Photoplethysmographie (PPG), bei der die Herzfrequenz optisch mit Hilfe von Infrarotlicht gemessen wird. Dabei wird erfasst, wie viel vom System ausgestrahltes Licht von der Haut reflektiert wird. Diese Menge ist abhängig davon, wie viel Blut durch die oberflächlichen Kapillaren fließt. Da bei jedem Pulsschlag die Blutmenge in den Kapillaren zunimmt, wird in diesem Moment mehr Licht absorbiert und weniger reflektiert. Das System rechnet die reflektierte Lichtmenge in eine Pulswelle um. Über diese Pulswellenanalyse lässt sich dann die Herzfrequenz ermitteln. Werden zur Erfassung des Lichts RGB-Kameras eingesetzt, kann über die Analyse der Rot-, Grün- und Blauanteile in den PPG-Signalen außerdem die Atemfrequenz und die Sauerstoffsättigung berührungslos bestimmt werden. Jüngste Studien haben gezeigt, dass das Pulswellensignal auch mit einer Kamera, die einige Zentimeter bis Meter von der Haut entfernt ist, gemessen werden kann.

Radarbasierte Sensoren

Sogar durch die Kleidung hindurch und über einige Meter Entfernung hinweg können Sensoren auf Basis von Radar Herz- und Atmungswerte erfassen. Dabei werden elektromagnetische Wellen mit einer Frequenz von zum Beispiel 60 Gigahertz genutzt, die vom Körper reflektiert werden. Anhand der zurückgeworfenen Strahlen erkennt der Sensor die durch die Pulswelle verursachte Vibration der Haut. Derartige Systeme werden bereits zur Überwachung des Fahrerzustands in LKWs, Zügen oder Flugzeugen eingesetzt.

Kameras lesen Emotionen

Viele Möglichkeiten zur Überwachung von Vitalparametern bieten außerdem Kamerasysteme. Neben der Photoplethysmographie können sie auch den Bewusstseinszustand einer Person erkennen. Spezielle CMOS-Kameras – meist mit einer Auflösung von ein bis zwei Megapixeln – nehmen dazu je nach Modell 30 oder 60 Bilder pro Sekunde im Infrarot-Spektrum auf. Ein nachgeschaltetes System wertet sie aus und analysiert beispielsweise die Blickrichtung des Fahrers oder die Häufigkeit des Lidschlusses. Daraus können dann Rückschlüsse auf eine Ablenkung oder zunehmende Ermüdung des Menschen gezogen und falls nötig ein Alarm ausgelöst werden. Heutige Lösungen erkennen – auch dank KI – kleinste Veränderungen im Verhalten, Schläfrigkeit, negative Emotionen und den möglichen Einfluss von Alkohol oder Drogen. Letztendlich kann sich so ein System ein vollständiges Bild vom physischen und emotionalen Zustand eines Menschen machen.

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