Smart Glasses in der Industrie

Smart Glasses sind die Wearables, die beim ­Einsatz in der Industrie den größten Nutzen ­versprechen. In Kombination mit Augmented Reality sollen sie mehr Effizienz und weniger Fehler ermöglichen.

Wearables haben längst auch Einzug in den Business-Bereich gehalten. Besonders in der Industrie werden im Rahmen von Smart Factory und Industrie 4.0 große Erwartungen in die kleinen elektronischen Assistenten gesetzt. Sehr großes Potenzial sehen Experten und Unternehmen, die den Einsatz von Wearables bereits testen, in den sogenannten Smart Glasses. Die intelligenten Brillen können über das Internet miteinander kommunizieren und dem Träger schnell und unkompliziert Informationen zu einem aktuellen Arbeitsgegenstand liefern. Vor allem in Kombination mit Augmented Reality – was so viel bedeutet wie erweiterte Realität – entfalten die kleinen Geräte ihr Potenzial: Hierfür ergänzen die Brillen Informationen aus dem Internet und integrieren diese in das Sichtfeld des Trägers. So wird der Arbeitsalltag nicht nur leichter, sondern auch sicherer und deutlich effizienter.
Für derartige Datenbrillen wird mit unterschiedlichen Technologien experimentiert. Im Fokus dabei: Das Sichtfeld soll möglichst nicht eingeschränkt, Farben nicht verfälscht werden. Zudem ist die Zielsetzung, das Gewicht und die Kosten möglichst gering zu halten. Zwei Technologien konkurrieren hier miteinander: Entweder die Daten werden über einen Spiegel in das Sichtfeld eingeblendet. Oder die von einem Mikroprojektor erzeugten Bilder werden über einen für das menschliche Auge unsichtbaren Wellenleiter – ein lichtleitendes Material – übertragen, der in das Brillenglas integriert ist. Nach diesem Prinzip arbeiten zum Beispiel die Brillen des französischen Unternehmens Optinvent oder die der israelischen Firma Lumus. Der Vorteil dieser Technologie: Weder ein Display noch ein Monitor stört das Sichtfeld des Trägers; er kann durch den Wellenleiter hindurchschauen. Zudem sind diese Brillen sehr leicht und können relativ kostengünstig hergestellt werden.

Mehr Leistung im Lager

Damit sind die Brillen so angenehm zu tragen, dass sie auch einen Industriearbeiter zum Beispiel in der Produktion nicht stören. So werden sie bereits heute genutzt, um beispielsweise Montageanleitungen mit Handlungsanweisungen Schritt für Schritt in das Sichtfeld eines Mechanikers einzublenden. Auch die Logistik ist ein vielversprechendes Anwendungsfeld für Datenbrillen: Im niederländischen Logistikcenter Bergen op Zoom zum Beispiel testete DHL Supply Chain zusammen mit Ricoh Smart Glasses bei der Kommissionierung. Für drei Wochen wurden zehn Lagerfachkräfte mit den Datenbrillen Google Glass und Vuzix M100 ausgerüstet. Über die „pick-by-vision“ Kommissionierlösung von ubimax wurden alle Auftragsinformationen in das Blickfeld des Lagerarbeiters eingeblendet. Die Quittierung einzelner Artikel erfolgte über sprachgesteuerte Barcode-Scans durch die eingebaute Kamera der Datenbrille. Der Träger der Brille behielt so die Hände frei, Handscanner sowie Picklisten waren nicht mehr erforderlich. So konnte in der Kommissionierung eine 25-prozentige Effizienzsteigerung aus dem Stand heraus erzielt werden. Jan-Willem De Jong, Business Unit Director Technology bei DHL Supply Chain, Benelux: „Die AR-gestützte Kommissionierung kommt ohne überflüssige Handgriffe aus und ist erheblich produktiver. Die Technologie ist eine große Unterstützung für unsere Beschäftigten und bietet unseren Kunden einen echten Mehrwert.“

Ein smarter Helm für die Industrie

Verschiedene Hersteller wie das US-Unternehmen Daqri oder die deutsche Actemium integrieren smarte Brillen gleich in Helme und kombinieren sie mit weiteren elektronischen Systemen. Der Smart Helmet von Actemium zum Beispiel beinhaltet neben der Datenbrille mehrere 360-Grad-Kameras, WLAN, Bluetooth, GPS, Solid-State-Speicher und Infrarotsender. Er blendet Anlagen-, Engineering- oder Betriebsinformationen grafisch aufbereitet direkt ins Blickfeld des Nutzers ein. Der Industriearbeiter kann zusätzliche Anleitungen zur Wartung oder Instandhaltung abrufen oder von einem Re­mote-Experten durch die Arbeitsschritte im Maschinenpark geführt und frühzeitig vor Sicherheitsrisiken gewarnt werden. Der Nutzer hat immer beide Hände frei, um die manuellen Operationen ungehindert auszuführen. „Jeder Kunde kann ab sofort in seinem Betrieb Industrie 4.0 live erleben – mit Smart Helmets und einer integrierten AR-Lösung, die den Mitarbeitern die richtigen Informationen zur richtigen Zeit mobil zur Verfügung stellen“, so Frank Berger, Leiter der Business Unit Actemium Smart Industry & Infrastructure Solutions.

(Bildnachweis: Daqri)

Weitere Artikel

  • Branchenkenner aus der Informationstechnik und der Fertigungsindustrie sind sich einig: In den nächsten zehn Jahren wird die Verschmelzung von Automatisierungswelt und Internet den…

  • Ein Tag in der Smart City Wie könnte das Leben in einer Smart City in naher Zukunft aussehen? Ein fiktiver Tag in…

  • Mit einem intelligenten Handschuh setzt das Start-up Workaround am meistgenutzten Werkzeug in der Industrie an: der Hand. So soll die Handarbeit schneller,…