Rechenzentren sind das Rückgrat der Digitalisierung. Doch sie verbrauchen viel Strom. Mit den richtigen Konzepten und Technologien lässt sich ihre Energieeffizienz jedoch deutlich erhöhen.
Streamen, chatten, posten – all das frisst Energie. Jeder Klick verursacht CO2-Emissionen. „Digitalisierung heißt mehr Daten, mehr Rechenkapazität, mehr Rechenzentren“, so E.ON-Vorstandsmitglied Karsten Wildberger. „Jedes Rechenzentrum verbraucht riesige Mengen an Strom. In 2030 benötigen wir bis zu 13 Prozent des weltweiten Strombedarfs von Rechenzentren.“ Alleine der Technologiesprung zum Mobilfunkstandard 5G wird den Energiebedarf von Rechenzentren drastisch ansteigen lassen. Zu diesem Ergebnis kommt eine von E.ON bei der Universität RWTH Aachen beauftragte Studie. Danach kann 5G den ohnehin stark wachsenden Strombedarf in deutschen Rechenzentren um nahezu 3,8 Terawattstunden bis zum Jahr 2025 zusätzlich erhöhen. Das wäre genug, um alle 2,5 Millionen Menschen der Städte Köln, Düsseldorf und Dortmund ein Jahr lang mit Strom zu versorgen.
Energiebedarf pro Gigabit sinkt
Doch es gibt auch positive Meldungen aus der Branche: Obwohl sich der Bedarf an Rechenleistung durch die anhaltende Digitalisierung in den vergangenen zehn Jahren verzehnfacht hat, ist der Energiebedarf pro Gigabit in Rechenzentren im Vergleich zum Jahr 2010 um den Faktor zwölf niedriger. Gleichzeitig sinken europaweit die CO2-Emissionen von Rechenzentren. Bis 2030 ist mit einer Absenkung der CO2-Emissionen um 30 Prozent zu rechnen. Zu diesen Erkenntnissen kommt eine aktuelle Studie des Borderstep Instituts. Immer mehr Rechenzentren greifen auf Strom aus erneuerbaren Quellen zurück. Zum anderen hat sich aber auch die Energieeffizienz der Rechenzentren deutlich verbessert.
Potenziale für mehr Energieeffizienz
Sie lässt sich an der sogenannten Power Usage Effectiveness (PUE) ablesen. Dabei wird die insgesamt im Rechenzentrum verbrauchte Energie ins Verhältnis gesetzt mit der Energieaufnahme der Rechner. Der theoretisch angestrebte Wert liegt bei 1. Wird beispielsweise für die Infrastruktur des Rechenzentrums ebenso viel Energie benötigt wie für die IT-Komponenten, liegt der PUE-Wert bei 2. Der typische Durchschnitt von Rechenzentren liegt heute bei 1,67 und bietet noch deutliches Verbesserungspotenzial.
Das größte Potenzial weisen vor allem Technologien im Bereich der Kühlung und Klimatisierung von Rechenzentren auf. Insbesondere die Nutzung der Abwärme kann die Energieeffizienz erheblich steigern. Ein Beispiel hierfür ist das Micro-Datacenter im Eurotheum, einem 110 Meter hohen Hochhaus in Frankfurt am Main. Ein wasserbasiertes Direktkühlsystem hilft dort rund 70 Prozent der eigenen Abwärme zu nutzen, um ansässige Büro- und Konferenzräume sowie die Hotels und Gastronomie vor Ort zu beheizen. Mit der Abwärme aller Rechenzentren in Frankfurt am Main könnte rechnerisch sogar bis zum Jahr 2030 der gesamte Wärmebedarf von Privathaushalten und Bürogebäuden der Stadt gedeckt werden.
Effizientere Chipsätze
Auch die Server in den Rechenzentren selbst bieten ein großes Potenzial für mehr Energieeffizienz – sie verbrauchen rund die Hälfte des Stroms. Chiphersteller entwickeln dazu immer energieeffizientere Chipsätze (Central Processing Unit, CPU) und die Multi-Core-Technologie oder der Einsatz von Grafikprozessoren (Graphics Processing Unit, GPU) ermöglichen die Verarbeitung höherer Lasten mit weniger Strom. Die meisten CPUs verfügen zudem über Power-Management-Funktionen, die den Stromverbrauch optimieren, indem sie je nach Auslastung dynamisch zwischen verschiedenen Leistungszuständen hin und her schalten.
Sparsame Netzteile
Das Netzteil, das den ankommenden Wechselstrom in Gleichstrom umwandelt, macht etwa 25 Prozent des Stromverbrauchs eines Servers aus und steht damit nach der CPU an zweiter Stelle. Hier bieten Wide-Bandgap-Halbleiter in der Leistungselektronik eine erhebliche Verbesserung der Effizienz. Galliumnitrid (GaN) hilft das Gewicht, die Baugröße, die Kosten sowie der Energieverbrauch von Stromversorgungen deutlich zu reduzieren. Die Hochgeschwindigkeits-GaN-Schaltertechnologie ermöglicht eine um 200 Prozent höhere Leistungsdichte in Rechenzentren der nächsten Generation – und damit auch einen deutlich geringeren Kühlbedarf.
Ein anderer Ansatz ist die Umstellung der Stromversorgung bei Rechenzentren von Wechselstrom auf Gleichstrom. Damit könnte ein Großteil der Umwandlungsschritte auf dem Weg von der Einspeisung bis hin zum Endgerät entfallen. Die Energieeffizienz ließe sich so um mehr als zehn Prozent steigern.
Bereits auf dem Weg
Tech-Giganten wie Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft sind bereits dabei, Rechenprozesse zu rationalisieren. Sie steigen auf erneuerbare Energien um und suchen nach effizienteren Wegen zur Kühlung von Rechenzentren und zur Wiederverwertung ihrer Abwärme. Laut Apple versorgt der Konzern bereits alle seine Rechenzentren zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie. Tatsächlich zeichnen sich die Technologie-Schwergewichte als die Unternehmen aus, die am meisten in Sonnen- und Windenergie investieren. Das geht zumindest aus von Bloomberg übermittelten Zahlen der Internationalen Energieagentur (IEA) hervor.
Digitalisierung verringert CO2-Emissionen
Bei der Betrachtung des Strombedarfs und der CO2-Bilanz von Rechenzentren darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass mit digitalen Technologien wesentlich mehr Treibhausgasemissionen eingespart werden können, als ihr Betrieb verursacht. So zeigt eine Studie des Digitalverbands Bitkom, dass in Deutschland die CO2-Emissionen durch den gezielten und beschleunigten Einsatz digitaler Lösungen in den kommenden zehn Jahren um bis zu 151 Megatonnen CO2 verringert werden. Die Digitalisierung selbst stößt dabei nur 22 Megatonnen aus. Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz: „Die Digitalisierung hilft an vielen Stellen Energie intelligenter, sparsamer und günstiger einzusetzen. Diese Potenziale müssen wir unbedingt nutzen. Gleichzeitig brauchen wir immer mehr Rechenzentren, um diese Services und Dienstleistungen weiter auszubauen. Damit wird der effiziente Betrieb der Rechenzentren in Zukunft eine Schlüsselrolle beim Erreichen der Klimaziele einnehmen.“