Im Elektronikwerk von Siemens im bayerischen Amberg werden bereits wesentliche Elemente der Industrie 4.0 eingesetzt. Schon heute kommunizieren dort Produkte mit Maschinen und sämtliche Prozesse sind IT-gesteuert.
Industrie 4.0 ist eine Initiative, die von der deutschen Bundesregierung angestoßen wurde. Wie weit die Ideen dieses Konzeptes bereits in die Realität umgesetzt werden können, darüber informierte sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel Ende Februar 2015 bei einer Besichtigung des Elektronikwerks von Siemens im bayerischen Amberg. Hier produziert Siemens unter anderem speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS), mit denen Maschinen und Anlagen gesteuert und Fertigungen automatisiert werden. Das Portfolio umfasst über 1.000 Produktvarianten, jährlich stellt die Fabrik rund fünfzehn Millionen dieser SPS her. Bei 230 Arbeitstagen pro Jahr bedeutet das: Jede Sekunde verlässt ein Produkt das Werk. Bei gleichbleibender Produktionsfläche und kaum veränderter Mitarbeiterzahl hat das Werk, das 2014 sein 25-jähriges Jubiläum feierte, sein Produktionsvolumen in den letzten Jahren verachtfacht. Produziert wird dabei mit einer Qualität von 99,9988 Prozent.
Ein einheitliches Barcode-Label
Möglich macht das eine hochautomatisierte Produktion, in der die Produkte ihre Fertigung selbst steuern. Grundlage dafür ist, dass alle Objekte in der Fertigung – alle Bauelemente, alle Prozessschritte und alle Produkte – identifizierbar sind. Dazu hat Siemens im Werk Amberg ein über alle Prozesse und Abteilungen einheitliches Barcode-Label eingeführt, das die entsprechenden Informationen enthält. Über den Produktcode teilen die zu fertigenden SPS den Maschinen mit, welche Anforderungen sie haben und welche Produktionsschritte als Nächstes nötig sind.
50 Millionen Prozessdaten pro Tag
Zudem werden alle Prozesswerte in der Fabrik erfasst: Löttemperaturen, Bearbeitungszeitpunkte, Drehmomente – über 50 Millionen Prozessdaten werden so pro Tag gemessen. Die Fertigung ist mit 1.000 Scannern ausgestattet, über 1.000 Maschinen geben ihre Daten direkt online weiter. Software-Tools verwandeln diese Big Data in Smart Data – die analysierten Daten dienen somit direkt als Management-Information. Relevante Systeme sind darüber hinaus mit sogenannten „Watchdogs“ ausgestattet, das sind Komponenten, die die korrekte Funktion eines Systems überwachen. Im Falle eines Fehlers informiert das überwachte System per E-Mail das zuständige Personal.
Ohne Mensch geht es nicht
Die Fertigung funktioniert weitgehend automatisiert. Auch der innerbetriebliche Transport erfolgt ohne menschliches Zutun: Ein vollautomatisches Transportsystem sorgt dafür, dass das Material in 15 Minuten vom Lager an der Maschine ist. In der Summe bewältigen 75 Prozent der Wertschöpfungskette Maschinen und Computer eigenständig, für ein Viertel der Arbeit sind die Mitarbeiter zuständig. Nur zu Fertigungsbeginn wird das Ausgangsbauteil, eine unbestückte Leiterplatte, von menschlicher Hand berührt – ein Mitarbeiter legt es in die Produktionsstraße. Von nun an läuft alles maschinengesteuert. Bei der Entwicklung von Produkten und Produktionsprozessen, bei der Produktionsplanung oder auch bei unerwarteten Zwischenfällen bleibt der Mensch allerdings auch weiterhin unverzichtbar.
Bundeskanzlerin Merkel zeigte sich nach ihrem Besuch in der Fertigung in Amberg beeindruckt von den Möglichkeiten der Industrie 4.0: „Dieser Prozess wird die industrielle Produktion erheblich verändern. Über die Verfügbarkeit von Daten wird es wiederum Möglichkeiten geben, daraus ganz neue Produkte zu entwerfen.“
(Bildnachweis: www.siemens.com/press)