Mit Tempo 800 durch die Röhre

Das Hyperloop-System ist ursprünglich eine der visionären Ideen von Elon Musk. Doch inzwischen haben sich zahlreiche Unternehmen und Institutionen davon inspirieren lassen. Trotz vieler Bedenken bezüglich der Verwirklichung und Wirtschaftlichkeit treten aktuell gleich mehrere Projekte in eine Realisierungsphase.

Elon Musk war mal wieder vom Verkehr genervt, als er 2016 folgenden Tweet postete: „Der Verkehr macht mich wahnsinnig. Ich werde eine Tunnelbohrmaschine bauen und einfach anfangen zu graben …“. Musk wäre nicht Musk, wenn er es bei einem normalen Tunnel belassen wollte – er entwickelte die Idee eines völlig neuen Transportmittels, den Hyperloop. Dabei sollen Menschen und Güter in Kapseln mit der Geschwindigkeit eines Flugzeugs durch eine Vakuumröhre befördert werden.

Wirtschaftlichkeit in Frage gestellt

Doch nach einem anfänglichen Hype folgte 2021 die große Ernüchterung, als der erste Tunnel unter dem riesigen Messegelände des Las Vegas Convention Centers in den Alltagsbetrieb gegangen war: In ihm fahren keine hyperschnellen Kapseln, sondern ganz normale Tesla-Autos – mit niedriger Geschwindigkeit und noch nicht einmal autonom. Kritiker nehmen an, dass die notwendigen Investitionen in eine Hyperloop-Infrastruktur zu teuer sind und der Betrieb zu aufwendig, sodass der wirtschaftliche Nutzen nur schwierig zu realisieren ist. Doch es gibt nach wie vor auch viele Stimmen, die es für sinnvoll erachten, Hyperloop-Systeme weiter zu erforschen.

Idee verbreitet sich

Tatsächlich hat Musk mit seiner Idee viele Unternehmen und Institutionen rund um die Welt inspiriert, die bereits an der technischen Realisierbarkeit arbeiten. Gerade in Europa gibt es einige spannende Projekte: So unterstützen seit Anfang 2022 mehrere europäische Städte und Regionen die Initiative Hyperconnected Europe. Gemeinsam wollen sie eine Vision für ein europäisches Hyperloop-Netz entwickeln.

„Die Verwirklichung einer emissionsfreien Mobilität bei gleichzeitig steigender Verkehrsnachfrage ist eine große Herausforderung“, erklärt Stan de Caluwe, Projektleiter von Hyperconnected Europe. „Der Bau neuer Infrastrukturen in Europa dauert in der Regel mindestens zehn Jahre. Daher ist dies der richtige Zeitpunkt, um mit der Planung für den Bau von Hyperloop-Verbindungen zu beginnen, anstatt Autobahnen zu erweitern oder Flughäfen auszubauen. Die Städte und Regionen sind die eigentlichen Nutznießer eines Hyperloop-Systems und sollten von Anfang an in die Planung einbezogen werden, damit wir sicher sein können, dass es unseren künftigen Bedürfnissen gerecht wird.“

Start in die Realisierungsphase

Initiiert wurde das Projekt vom Hyperloop Development Program, das auch für die Realisierung des European Hyperloop Center (EHC) verantwortlich ist. Das EHC wird unter anderem eine drei Kilometer lange Teststrecke im niederländischen Groningen beherbergen. Hier kommt eine Kombination von Magnetschwebetechnik und elektrischen Linearmotoren zum Einsatz, um die Kapseln schweben zu lassen und anzutreiben.

In ersten Versuchen konnte das System bereits einen 150 Kilogramm schweren Wagen mit einer Leistungsaufnahme von circa 30 Watt zum Schweben bringen, was in etwa der Leistung einer Glühbirne entspricht. Die Tests im EHC sollen in 2023 beginnen, damit das System bis 2025 für den Frachttransport zertifiziert werden kann.

Ein anderer Akteur ist Hyperloop Transportation Technologies. Das Unternehmen hat eine vollwertige Hyperloop-Teststrecke in Toulouse, Frankreich, realisiert und auch schon Sicherheits- und Zertifizierungsrichtlinien entwickelt sowie aktuell mehrere Projektmöglichkeiten in den USA und in Europa evaluiert.

Auch an der Technischen Universität München (TUM) geht das Forschungsprojekt TUM Hyperloop mit dem Bau eines Hyperloop-Demonstrators nun in die Realisierungsphase. Dabei entsteht eine 24 Meter lange und etwa vier Meter dicke Röhre, in welcher die Fahrt einer Transportkapsel unter realen Bedingungen getestet werden soll. Der offizielle Spatenstich für den Demonstrator erfolgte am 30. September 2022, die ersten Tests sollen in 2023 starten.

Sicherheitsanforderungen definiert

Das Münchener Projekt wird vom TÜV Süd bei der Zertifizierung der Teströhre und der Transportkapsel begleitet. Sie erfolgt auf Basis entsprechender Normen zur Maschinensicherheit sowie der weltweit ersten Guideline für Hyperloop-Systeme, in welcher TÜV Süd die wesentlichen Sicherheitsanforderungen an Planung, Bau und Betrieb solcher Systeme definiert hat.

Dabei wurden bestehende Regelwerke und Erfahrungen in Bereichen wie Eisenbahn, Metrosysteme, Seilbahnen, Fahrgeschäfte sowie Luftfahrt und Prozessindustrie berücksichtigt und für die speziellen Anforderungen der Hyperloop-Technologien weiterentwickelt. In einem umfassenden Ansatz definiert die Guideline unter anderem die wesentlichen Sicherheitsanforderungen für die Transportkapseln, das Antriebssystem, das Lebenserhaltungssystem, die Röhren und die Evakuierung in Notfällen.

Europäisches Netz

Das Hyperloop Development Program hat in einem Konzept die Zukunft des europäischen Hyperloop-Systems und seine Vorteile skizziert: Danach könnte ein 25.000 Kilometer langes Netz 130 Städte auf dem europäischen Festland mit Transportzeiten verbinden, die mit denen des Luftverkehrs vergleichbar wären.

Das Netzwerk würde eine geschätzte Gesamtinvestition von 981 Milliarden Euro erfordern – was etwa zehn Prozent des gesamten Investitionsbedarfs in die europäische Verkehrsinfrastruktur bis 2050 entspräche. Hyperloop könnte bis 2050 die CO2-Emissionen um 113 bis 242 Milliarden Tonnen pro Jahr reduzieren. Wolfgang Wittmann, Geschäftsführer der Metropolregion München, sagt dazu: „Nachhaltiger Verkehr und Mobilität sind entscheidend für ein wohlhabendes und zukunftsfähiges Europa, und Hyperloop kann dabei eine wichtige Rolle spielen.“

„Den Verkehr zu besiegen ist der ultimative Entscheidungskampf. Selbst die stärksten Menschen der Welt können den Verkehr nicht besiegen.“

Elon Musk

 

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