In vielen Unternehmen werden bereits heute Technologien eingesetzt, die der Idee der Industrie 4.0 entsprechen. Noch sind es häufig Insellösungen, aber die Durchdringung nimmt zu.
Nicht nur für die Forschung ist Industrie 4.0 ein Thema. Bereits heute befinden sich viele Maschinen und Anlagen mit eingebetteten, vernetzten Systemen (CPS) in der industriellen Praxis im Einsatz. Besonders die Überwachung von Objekten in Produktionsprozessen und die vorausschauende Wartung von Maschinen und Anlagen auf Basis von Echtzeitdaten ist ein konkreter Anwendungsfall. Die zunehmende Vernetzung von Objekten in Fertigungsprozessen wird auch deutlich bei Transporttechnologien oder Produkten, die – häufig mittels RFID – Informationen übertragen können. Auch CPS-Plattformen, die die Daten der vernetzten Objekte sammeln, aufbereiten und analysieren, finden bereits bei einigen Unternehmen Anwendung. Viele Firmen haben also erste Schritte zu einer vernetzten Fertigung und zu einer einheitlichen Datenplattform getan. „Auch wenn die Umsetzung zum Teil noch im Rahmen von Pilotprojekten, Testphasen oder einzelnen Bereichen der Fertigung geschieht, sammeln Firmen bereits heute Erfahrungen mit der Erhebung und Analyse von Daten aus vernetzten Produktionssystemen“, sagt Mark Alexander Schulte, Consultant und Projektleiter bei IDC. „Eine gute Ausgangsbasis, um umfassendere Industrie 4.0-Initiativen in Betrieben zu starten.“
Dabei ist der Einsatz von Industrie 4.0-Technologien nicht auf die Fertigungsindustrie begrenzt. In so unterschiedlichen Branchen wie der Containerlogistik oder der Landwirtschaft, selbst in Großwäschereien haben Digitalisierung und smarte Lösungen schon ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis gestellt.
Mähdrescher an Traktor: Bitte kommen
Landmaschinen, die miteinander „sprechen“? Das klingt nach Zukunftsmusik, ist aber im Rahmen von „Farming 4.0“, einem Pilotprojekt der Deutschen Telekom gemeinsam mit dem Landmaschinenhersteller Claas, bereits Realität: Wenn ein Mähdrescher erkennt, dass sein Korntank voll ist, meldet er dies automatisch. Traktor und Anhänger stehen rechtzeitig zur Korntankentleerung bereit. Wartezeiten werden so vermieden, Arbeitsabläufe optimiert und Mitarbeiter von unnötigem Stress entlastet. Die Maschinen sind mit Sensoren ausgestattet, die über Mobilfunk im Sekundentakt Daten versenden und den Fahrern in Echtzeit Informationen zum Erntestand übermitteln.
Die Großwäscherei denkt mit
Die Firma Kannegiesser setzt Industrie 4.0-Techniken ein, um Großwäschereien intelligenter zu machen. In Abhängigkeit von Energiepreis, Verunreinigung und Auslastung der Wäscherei wird der Prozess optimiert – um maximale Hygiene zu erreichen, die Durchlaufzeit zu minimieren oder möglichst wenig Energie zu verbrauchen. Falls nun stark verunreinigte Wäsche zur Desinfektion vorliegt, wird zum Beispiel die Reinigungsleistung wesentlich erhöht, wenngleich dies in bestimmten Grenzen zu erhöhtem Energieverbrauch oder höherer Durchlaufzeit führt. Dazu werden Parameter wie Temperatur, die Dosierung von Reinigungsmitteln oder die Einwirkzeit bedarfsgerecht und autonom angepasst.
Früchte verkaufen, wenn sie reif sind
Obst soll frisch und in guter Qualität auf den Markt gelangen und beim Transport vom Erzeuger zum Verbraucher möglichst wenig verderben. Im von der Universität Bremen entwickelten Intelligenten Container wird die Ladung durch RFID-Technik identifiziert und Sensornetze überwachen kontinuierlich die Temperatur im Container sowie den Zustand der Früchte. Die Software des Containers ist in der Lage, die Entwicklung der Früchte während des Transports zu überwachen und vorherzusagen. Diese Daten können genutzt werden, um Früchte rechtzeitig in den Verkauf zu bringen und um Steuerungsentscheidungen für Logistikprozesse zu treffen.
(Bildnachweis: CLAAS; Kannegiesser)