In Zukunft werden uns Gebäude viele lästige Entscheidungen abnehmen und sich selbst so steuern, dass zum Beispiel möglichst wenig Energie verbraucht wird. In vielen Bereichen ist eine derartig smarte Gebäudeautomation heute schon Realität und kann sogar als Vorbild für das Internet der Dinge dienen.
Das Jahr 2012 war spannend für die Gebäudeautomation: Laut den Marktforschern von IMS Research wurden immer mehr bestehende Gebäude mit intelligenter Gebäudetechnik aufgerüstet, um den Energieverbrauch zu reduzieren. Entsprechend erlangen auch immer mehr bereits existierende Gebäude Energie-Zertifikate wie den „Energy Star“ oder LEED (Leadership in Energy and Environmental Design). „Drei Viertel aller Konsumenten wünschen sich Anwendungen, mit denen sich Energie sparen lässt“, bestätigt Holger Knöpke, Vice President Connected Home der Deutschen Telekom, den Trend, Smart-Home-Anwendungen zu realisieren. „Daneben stehen auch Komfort- und Sicherheitsanwendungen ganz oben auf der Wunschliste der Verbraucher.“ Die Deutsche Telekom initiierte daher zusammen mit den Unternehmen EnBW, eQ-3, Miele und Samsung unter dem Namen Qivicon eine Allianz, die ein herstellerübergreifendes Smart-Home-Angebot entwickeln will.
Fernseher, Waschmaschine und Heizung werden vernetzt
Auf der Basis von Funkprotokollen vernetzt dabei die Qivicon Home Base als zentrale Einheit verschiedene Endgeräte und Funktionen miteinander. Mithilfe von Applikationen steuern und überwachen Nutzer von zu Hause oder unterwegs aus via Smartphone, PC oder Tablet-PC angebundene Geräte wie den Fernseher, die Waschmaschine oder den Temperaturregler der Heizung. So lassen sich per Tablet-PC Jalousien öffnen und schließen, der Stromverbrauch von Elektrogeräten anzeigen oder Lampen, Waschmaschine sowie das Radio aus- und einschalten. Die Integration des Internets der Dinge in die Gebäudetechnik hat allerdings weniger zum Ziel, den Nutzer mit all seinen Hausgeräten zu vernetzen. Kein Bewohner einer Wohnung oder eines Hauses will 50 oder mehr Sensoren überwachen, um zu sehen, ob die Klimaanlage trotz geöffnetem Fenster läuft. „Das Versprechen des Internets der Dinge ist, Geräte um die Möglichkeit der Interaktivität zu erweitern, was mehr Effizienz für den Nutzer schaffen kann“, erklärt Nate Williams, CMO von Greenwave. „Das bietet die Möglichkeit, Geld und Zeit zu sparen – und die Kopfschmerzen zu vermeiden, die man bei der Bedienung der Unzahl von Geräten bekommt, mit denen wir heute jeden Tag zu tun haben.“ Greenwave bietet eine Smart-Home-Software-Plattform an, die Anwendungen für das Energiemanagement, eine vernetzte Beleuchtung oder Heim-Überwachung beinhaltet.
Das Ziel sind selbstlernende Systeme
Zurzeit sind komplexe intelligente Gebäudesteuerungen allerdings eher eine Vision: Viele Funktionen lassen sich nur manuell oder auf Basis von Zeitplänen oder einfachen Ereignissen steuern. „Noch ist die Automatisierung und die Kommunikation zwischen den verschiedenen Geräten nicht ganz ausgereift“, räumt Williams ein. „Vor allem auf Grund der vielen verschiedenen Protokolle im Markt mit einer Vielzahl eigenständiger, proprietärer Lösungen mit begrenzter oder völlig fehlender Interoperabilität.“ Er geht allerdings davon aus, dass diese Hürden in wenigen Jahren genommen werden und der Markt mehr selbstlernende Systeme sehen wird, die dank intelligenter „Event-Trigger“ das Zusammenspiel der verschiedenen Geräte in Abhängigkeit von bestimmten Situationen, Strategien und auf Basis der Informationen aus dem Internet der Dinge steuern. Damit können die Geräte im Haus eigenständig Entscheidungen treffen, so dass es der Mensch nicht tun muss: Die Heiztemperatur regelt beim Öffnen eines Fensters automatisch herunter, Rollläden werden abhängig von Sonnenstand und Außentemperatur herauf- beziehungsweise heruntergefahren oder das Licht schaltet sich aus, wenn kein Mensch mehr im Raum ist. Ein hervorragendes Beispiel für eine derartig intelligente Anwendung aus dem Bereich des Internets der Dinge sind auch Smart Meters: Statt einfach nur den Energieverbrauch zu messen, können die Energieversorger über die intelligenten Zähler in nahezu Echtzeit mit den Verbrauchern kommunizieren und bei Bedarfsspitzen aktiv Geräte mit hohem Verbrauch abschalten. Das Ergebnis ist eine niedrigere Stromrechnung für den Kunden, während die Energieversorger Lastspitzen wirkungsvoller abfangen können.
Flexibel mit energieautarken Funklösungen
„Für diesen ‚smarten‘ Aspekt in der Gebäudeautomation müssen Messdaten von vielen verschiedenen Punkten verfügbar sein“, so Laurent Giai-Miniet, Geschäftsführer von EnOcean. Das Unternehmen mit Sitz in Oberhaching bei München hat batterielose Funklösungen entwickelt, bei denen die Funkmodule nach dem Energy-Harvesting-Prinzip ihre Energie mittels miniaturisierter Energiewandler aus Bewegung, Licht oder Temperaturdifferenzen gewinnen – dadurch lassen sich Schalter und Sensoren sehr flexibel platzieren, ohne dass eine Verkabelung oder Batterien notwendig sind. „Aus dem Blickwinkel des Internets der Dinge lassen sich mit dieser Technologie Millionen von vernetzten Geräten sehr einfach installieren“, so Giai-Miniet. Der EnOcean-Chef sieht letztendlich in der smarten Gebäudeautomation sogar ein Vorbild für das Internet der Dinge: „In einem Gebäudeautomationssystem dienen Sensoren als Sinnesorgane, die eine große Bandbreite an Daten erfassen und kommunizieren. Mit Informationen zu Temperatur, Feuchtigkeit, Anwesenheit oder CO2 liefern sie den Automationssystemen die Informationen, die nötig sind, um das Gebäude angemessen und intelligent zu steuern. Dieses Prinzip der Gebäudeautomation kann auch auf andere Automatisierungsprozesse übertragen werden – denn nichts anderes ist das Internet der Dinge.“