Eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Trends, die die Entwicklung der Halbleitertechnologie von heuteund morgen bestimmen werden.
1 Das Moore’sche Gesetz gilt weiter
Die CMOS-Transistordichte wird in den nächsten Jahren weiterhin dem Moore’schen Gesetz folgen. Ermöglicht wird dies vor allem durch Fortschritte bei der EUV-Strukturierung und durch die Einführung neuartiger Chip-Architekturen. So stößt die FinFET-Technologie bei einer Skalierung über fünf Nanometer hinaus an ihre Grenzen. Eine Lösung werden Nanosheet- oder Gate-all-around-Transistoren bieten: Dabei handelt es sich um eine modifizierte Transistorstruktur, bei der das Gate den Kanal von allen Seiten kontaktiert und eine kontinuierliche Skalierung ermöglicht. Sie versprechen Leistungssteigerungen von mehr als 25 Prozent und eine Senkung des Stromverbrauchs um mehr als 50 Prozent.
2 Neue Chip-Architekturen drängen auf den Markt
Über 50 Jahre hat die x86-Architektur die Mikroprozessorindustrie dominiert. Mittlerweile ändert sich das jedoch: Die ARM-Architektur punktet zunehmend mit ihrer Leistung und ihrem geringen Stromverbrauch. ARM stellt seine IP-Chip-Hersteller zur Verfügung, die darauf basierend ihre eigenen Chips entwickeln und in Foundries fertigen lassen können. Darüber hinaus hat die RISC-V-Architektur in IoT-Geräten und anderen Anwendungen aufgrund ihres Open-Source-Vorteils und des besseren Stromverbrauchs an Bedeutung gewonnen.
3 Neue Materialien ergänzen Silizium
Silizium als Basismaterial von Mikrochips stößt zunehmend an seine Grenzen. Die Nachfrage nach immer kleineren und schnelleren integrierten Schaltkreisen hat die Effizienz des Materials bis an die Grenze des Machbaren getrieben. Die Erforschung neuer Materialien ist im Gange, wobei einige Materialien für die Zukunft sehr vielversprechend sind: So könnte Hochleistungs-Galliumnitrid aufgrund seines hohen kritischen Energiefeldes für effizientere und schnellere Stromumwandlungen in Stromnetzen eingesetzt werden. Halbleiter auf Antimonid- und Bismuthid-Basis werden in verbesserten Infrarotsensoren für den medizinischen und militärischen Bereich eingesetzt. Graphen hat das Potenzial, Silizium als Allzweck-Halbleitermaterial zu übertreffen, aber eine breite Kommerzialisierung könnte noch bis zu fünfundzwanzig Jahre entfernt sein. Pyrit könnte als Ersatz für das Seltenerd-Element Cadmiumtellurid verwendet werden, das in Solarzellen weit verbreitet ist, aber nur begrenzt zur Verfügung steht. Pyrit ist reichlich vorhanden, kostengünstig und nicht giftig.
4 Künstliche Intelligenz erobert die Edge
Mit einem erwarteten Wachstum von deutlich über 100 Prozent in den nächsten fünf Jahren ist die Edge-KI einer der größten Trends in der Chipindustrie. Bei der Edge-KI ist die Anwendung des erlernten „Wissens“ (die Inferenz) in die Endpunkte des Internets der Dinge eingebettet. Heute bieten handelsübliche Edge-KI-Chips eine Effizienz in der Größenordnung von 1 bis 100 Tera-Operationen pro Sekunde pro Watt (Tops/W), wobei schnelle GPUs oder ASICs für die Berechnungen verwendet werden. Für IoT-Implementierungen werden wesentlich höhere Wirkungsgrade benötigt. Die Forschung arbeitet an Lösungen, die eine Effizienz für Inferenzen in der Größenordnung von 10.000 Tops/W erreichen.
5 Neue 3D-Technologien ermöglichen heterogene Integration
Die heterogene Integration, also die Integration verschiedenartiger elektronischer Komponenten auf einem Chip, wird in Zukunft immer wichtiger, um die Speichergrenze zu überwinden oder die Funktionalität in Systemen mit eingeschränktem Formfaktor zu erhöhen. Basis dafür sind 3D-Integrationstechnologien. Aktuell können dabei in der Produktion Abstände zwischen den Verbindungspunkten, den Lötkugeln oder Microbumps, von etwa 30 Mikrometern realisiert werden. Ziel ist es, diese Abstände weiter zu verringern. Das IMEC hat zum Beispiel bereits Verbindungsabstände von sieben Mikrometern realisiert. Solche hochdichten Verbindungen ermöglichen eine mehr als 16-fach höhere 3D-Verbindungsdichte zwischen den Chips bei der heterogenen Integration und damit einen stark reduzierten Flächenbedarf.
6 Nichtflüchtige Speicher auf dem Vormarsch
Bei nichtflüchtigen Speichern verringert sich zusehends die Geschwindigkeit der Skalierung. Zwar bieten Verfahren wie das Wafer-to-Wafer-Bonding bei NAND-Speichern oder die EUV-Lithografie bei DRAMs noch Potenzial zur Verbesserung der Strukturierung, doch die Grenzen sind absehbar. Neue Ansätze versprechen dagegen eine weitere Steigerung der Speicherkapazität. Dazu gehören unter anderem magnetische Direktzugriffsspeicher (MRAM), die einen wesentlich schnelleren Speicherzugriff bei gleichzeitig geringerem Energieverbrauch als elektronische Speicher wie DRAMs erlauben. Zudem benötigen MRAM-Speicherzellen auf einem Chip nur einen Bruchteil des Platzes, den etwa DRAM- oder SRAM-Zellen belegen.
7 Logik-Leistung steigern
Transistoren werden in Zukunft weiter schrumpfen – doch die Performanceverbesserung bei gleicher Leistungsaufnahme hat sich deutlich verlangsamt. Ein Grund dafür ist unter anderem die notwendige Skalierung der Strom- und Spannungsversorgung, denn mit den Strukturen werden auch die elektrischen Verbindungen minimiert – damit steigen deren Widerstände. Eine Lösung können im Substrat „vergrabene“ Stromschienen (Buried Power Rails, BPR) sein: Sie sollen durch die optimierte Stromverteilung eine Leistungssteigerung auf Systemebene ermöglichen. Weiterhin wird an neuen Materialien geforscht, die den Durchgangswiderstand reduzieren: Dazu gehören Hybridmetallisierungen mit Ruthenium oder Molybdän. Interconnects auf den Chips könnten in Zukunft statt aus Kupfer aus binären Legierungen und kobaltbasierten Werkstoffen bestehen, mit denen der Leitungswiderstand sinken soll.
8 CMOS und MEMS wachsen zusammen
Etablierte CMOS-Technologien werden in Zukunft zunehmend durch MEMS (Micro-Electro-Mechanical Systems) ergänzt. Die CMOS-Wafer dienen dabei als „intelligentes“ Substrat, da sie bereits Ansteuer- und Ausleseschaltungen, Signalverarbeitung und Schnittstellen zur Energieübertragung enthalten. Durch die Kombination von CMOS und MEMS entstehen kostengünstige und extrem kompakte Mikrosysteme für den Einsatz in Medizin, Industrie, Mobilität bis hin zur Luft- und Raumfahrt.