Systeme, die Energie mit mechanischen Prinzipien speichern, werden in der zukünftigen Energielandschaft Batterien und Pumpspeicherkraftwerke ergänzen. Sie ermöglichen eine Leistungsabgabe im Megawattbereich sowie die Speicherung von Strom über einen langen Zeitraum und einen hohen Wirkungsgrad. Aber auch die Speicherung von Energie als flüssige Luft wäre eine alternative Form der Langzeitspeicherung.
Zwischen Pumpspeicherkraftwerken auf der einen und Batterien auf der anderen Seite geht die Forschung in Richtung zahlreicher Alternativen zur Langzeitspeicherung von Energie. Sie sollen kostengünstiger als Lithium-Ionen- oder Redox-Flow-Batterien sein. Außerdem sollen sie in der Lage sein, Energiemengen im Megawattbereich zu speichern und abzugeben.
Vor allem mechanische Energiespeicher könnten hier in Zukunft eine interessante Lösung bieten. Unter diesem Begriff werden verschiedene Technologien zusammengefasst, die auf unterschiedlichen mechanischen Funktionsprinzipien basieren. Dazu gehören unter anderem Gravitationsspeicher sowie Systeme, die Energie in Form von Druckluft oder verflüssigter Luft speichern. Diese Lösungen basieren auf reifen Technologien wie Kompressoren, Wärmeübertragern und Tanks und benötigen keine problematischen oder gefährlichen Rohstoffe. Ihr einfaches Funktionsprinzip ermöglicht hohe Wirkungsgrade, in den meisten Fällen nahe 80 Prozent. Schließlich sind mechanische Energiespeicher im Gegensatz zu elektrochemischen Systemen nicht von der Selbstentladung betroffen, so dass sie Strom für eine unbestimmte Zeit speichern können.
Die Gravitation nutzen
Das Prinzip der Gravitationsspeicher ist dabei sicher das einfachste. Dabei zieht überschüssiger Strom ein Gewicht in die Höhe. Wenn Energie im Netz benötigt wird, sinkt das Gewicht einfach wieder nach unten – die elektrische Winde wird dabei zum Generator. Das Edinburgher Start-up Gravitricity hat die Funktion dieses Speicherprinzips bereits in Form eines 250-Kilowatt-Demonstrators nachgewiesen. Das Unternehmen plant entsprechende Anlagen allerdings in deutlich größerem Maßstab. Dabei sollen bis zu 24 Gewichte mit einer Gesamtmasse von 12.000 Tonnen zur Speicherung eingesetzt werden. Damit ließe sich eine Leistung von vier bis acht Megawatt speichern und es ließen sich rund 5.000 Haushalte eine Stunde lang mit Energie versorgen.
Statt wie beim Demonstrator einen Turm zu bauen, will Gravitricity in Zukunft die Anlagen entweder in stillgelegten Bergwerksschächten oder in eigens dafür angelegten Schächten verbauen. Ein großer Vorteil des Systems ist, dass die Energie mit einer Reaktionszeit von weniger als einer Sekunde abgegeben werden kann. Charlie Blair, Geschäftsführer von Gravitricity, ergänzt: „Ein wesentliches Merkmal unserer Full-Scale-Projekte wird ihre lange Lebensdauer sein. Einmal gebaut, kann unser System mehr als 25 Jahre halten, ohne Leistungsverlust oder Verschleiß im Laufe der Zeit. Das macht die Schwerkraftspeicherung kosteneffizient. Und im Gegensatz zu Batterien sind wir zudem nicht auf seltene Metalle wie Kobalt und Nickel angewiesen, die im Zuge der weltweiten Elektrifizierung immer knapper werden.“
Druckluft als Speicher
Ein ähnlich einfaches Prinzip ist die Speicherung von Energie in Form von Druckluft. Einen derartigen Speicher betreibt die Firma 2-4 Energy UG seit Anfang 2019. Der Prototyp arbeitet hydraulisch-pneumatisch, verdichtet Umgebungsluft bis 300 bar und speichert sie in handelsüblichen Druckgasbehältern. Beim Entladevorgang gibt diese Druckluft ihre Energie wiederum hydraulisch an einen Generator, der daraus elektrischen Strom erzeugt. Neben dem Hauptzweck, aus gespeicherter Energie wieder Strom zu erzeugen, kann die Anlage auch Wärme für die Warmwasserversorgung und Kälte für Kühlzwecke bereitstellen. Dank dieser möglichen Kopplung der einzelnen Komponenten ergibt sich ein sehr hoher Gesamtnutzen. Dabei spielt die Speicherdauer keine Rolle. So kann zum Beispiel Energie im Frühjahr eingespeichert und ab Herbst wieder entnommen werden.
Flüssige Luft als Alternative
Etwas aufwändiger ist die Speicherung von Energie in Form von flüssiger Luft (liquid air). Überschüssiger Strom komprimiert dabei Luft, kühlt sie auf -190 Grad Celsius herunter und verflüssigt sie anschließend durch Expansion – genau wie in jeder kryogenen Luftzerlegungsanlage. Dann wird die flüssige Luft nahe Umgebungsdruck in einem isolierten Tank gespeichert – bei einer Dichte von mehr als dem 700fachen der Umgebungsluft. Wenn wieder Strom gebraucht wird, wird die Flüssigluft durch eine Pumpe auf Druck gebracht, erwärmt, verdampft und schließlich im Entladeteil in einer oder mehreren Turbinen entspannt – und so wieder Strom erzeugt.
Die aktuell größte Anlage zur Speicherung von Energie mit flüssiger Luft entsteht derzeit in Carrington Village in Großbritannien. Highview Power realisiert dort eine 50-Megawatt-Liquid-Air-Energiespeicheranlage mit einer Mindestkapazität von 250 Megawattstunden. In einem nächsten Projekt wird das Unternehmen in mehreren Regionen Spaniens insgesamt bis zu sieben ähnliche Anlagen, mit einer Gesamtkapazität von zwei Gigawattstunden, installieren. Sie werden mehrere spanische Regionen in die Lage versetzen, ihr Netto-Null-Emissionsziel zu erreichen. Javier Cavada, CEO und Präsident von Highview Power: „Da Spanien immer mehr erneuerbare Energien in das Netz einspeist, werden Langzeit-Energiespeicher eine entscheidende Rolle spielen, um die Netzstabilität zu gewährleisten und dem Land zu helfen, die Dekarbonisierungsziele des Nationalen Energie- und Klimaplans zu erreichen.“