Wasserkraft ist zurzeit weltweit die wichtigste Quelle für Strom aus erneuerbaren Energien. Sie ist grundlastfähig und unterliegt, anders als Windkraft und Photovoltaik, nicht so stark den Witterungseinflüssen.
Wasserkraftwerke gehören zu den ältesten Energieerzeugungsanlagen überhaupt. Teilweise liefern die Anlagen schon seit über 120 Jahren zuverlässig grünen Strom. Heute ist Wasserkraft eine der wichtigsten Quellen nachhaltiger Energie. „Wasserkraft wird ein entscheidendes Element für die Dekarbonisierung der Energiesysteme sein“, betont der Generaldirektor der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien, Francesco La Camera. Rund 60 Prozent des gesamten erneuerbaren Stroms weltweit wird laut der International Hydropower Association heute durch Wasserkraft erzeugt.
Unterschiedliche Kraftwerkstypen
Zum Einsatz kommen dabei unterschiedliche Arten an Wasserkraftwerken. Zum Beispiel Laufwasserkraftwerke, welche die Strömung eines Flusses oder Kanals zur Stromerzeugung nutzen. Charakteristisch ist bei solchen Wasserkraftwerken eine niedrige Fallhöhe bei relativ großer, oft jahreszeitlich mehr oder weniger stark schwankender Wassermenge. Aus wirtschaftlichen Gründen werden die Anlagen oft in Verbindung mit Schleusen gebaut.
Hohes Gefälle und die Speicherkapazität von Talsperren und Bergseen werden von Speicherkraftwerken zur Stromerzeugung genutzt. Die Turbinen eines Talsperren-Kraftwerks befinden sich am Fuße der Staumauer. Bergspeicherkraftwerke nutzen einen in der Höhe liegenden See, der über Druckrohrleitungen mit der im Tal liegenden Kraftwerksanlage verbunden ist. Das Einsatzgebiet der Speicherkraftwerke liegt sowohl bei der Deckung der elektrischen Grundlast als auch im Spitzenlastbetrieb.
Pumpspeicherkraftwerke werden nicht durch natürliche Wasservorkommen, sondern durch aus dem Tal gepumptes Wasser aufgefüllt. Damit wird in Schwachlastzeiten erzeugter elektrischer Strom als potenzielle Energie des Wassers zwischengespeichert. In Spitzenlastzeiten kann er wieder über eine Turbine abgerufen werden.
Strom aus dem Abwasserkanal
Die größte Herausforderung der Wasserkraft ist aber die ökologische Verträglichkeit der Kraftwerke. Dr. Harvey Harbach vom Institut für Wasser und Energiemanagement der Hochschule Hof untersucht daher die Möglichkeit, Energie aus bestehenden Wasseranlagen zu gewinnen: „Überall, wo man Wasser fließen sieht, sieht man auch die Kraft des Wassers. Diese nicht zu nutzen, bedeutet Poten-zial zu verschwenden.“ In dem Projekt werden allerdings keine Neubauten betrachtet, wie Projektleiterin Prof. Manuela Wimmer hervorhebt: „Wir arbeiten allein mit Wasser, welches nach einer Erstnutzung zusätzlich noch zur Stromerzeugung verwendet werden soll. Konkret geht es um Wasser, welches in Aquakulturen zur Fischzucht genutzt wurde, in Kläranlagen zu Trinkwasser wiederaufbereitet wird oder schlichtweg um Brauchwasser, das durch das Abwasserkanalsystem von Haushalten fließt.“ In all diesen Fällen fließt das Wasser allein, angetrieben durch die Schwerkraft. Stromenergie kann dabei durch den Einsatz von Turbinen oder Wasserrädern erzeugt werden, ohne die Ökosysteme zu beeinflussen.
Nach Angaben der IRENA muss die weltweit vorhandene Wasserkraftkapazität bis 2050 um rund 60 Prozent auf 2.150 Gigawatt ausgebaut werden, um den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.
(Quelle: IRENA)
Gezeiten und Wellen nutzen
Den Gewinn deutlich größerer Energiemengen haben dagegen Wasserkraftanlagen im Fokus, die Gezeitenströmungen oder die Kraft der Wellen nutzen. Der internationale Weltenergierat geht davon aus, dass Gezeiten- und Wellenkraftwerke bis zu 15 Prozent des weltweiten Strombedarfs decken könnten. So beträgt die Wellenenergie an den Küsten rund um den Globus geschätzt über zwei Terawatt.
Anfang des Jahrtausends brach ein regelrechter Hype um Wellenkraftwerke aus: Limpet, Wavestar, Wave -Dragon oder Pelamis – alles Namen von Projekten, die damals große Hoffnung weckten und auf unterschiedliche Art Strom aus der Wellenbewegung ernten wollten. Jedoch haben diese Anlagen das Versuchsstadium nie verlassen oder sind inzwischen wieder abgebaut. Das Problem: Sie lieferten schlicht zu wenig Strom, als dass sie sich rentiert hätten, und bei heftigen Stürmen wurden sie häufig beschädigt.
Gezeitenturbine im Einsatz
Dennoch, auch heute noch werden Systeme entwickelt, mit denen das gewaltige Energiereservoir von Gezeiten und Wellen nutzbar gemacht werden soll. So nahm Orbital Marine Power im April 2021 in der Nähe der Orkney-Inseln „O2“ in Betrieb, die weltweit größte Gezeitenturbine. Rund um die Inseln können die Gezeitenströmungen über vier Meter pro Sekunde erreichen und gehören damit zu den stärksten der Welt. Um diese Energie nutzbar zu machen, ist der O2 von Orbital mit zwei 1-Megawatt-Turbinen ausgerüstet, die zusammen eine 600 Quadratmeter große Rotorfläche bilden und zwei Megawatt saubere, berechenbare Energie erzeugen können. Die Anlage ist damit in der Lage, genug Strom zu erzeugen, um den Bedarf von etwa 2.000 Haushalten zu decken und etwa 2.200 Tonnen CO2-Produktion pro Jahr auszugleichen.
Ein anderes Prinzip der Energieerzeugung realisiert Mocean Energy mit dem „Blue X“. Dieser Wellenenergiekonverter besteht aus zwei Rümpfen, die durch ein Scharnier verbunden und am Meeresboden verankert sind. Die Wellen bringen die Rümpfe dazu, sich um das Scharnier zu biegen und einen internen Generator anzutreiben. Die 20 Meter lange und 38 Tonnen schwere Wellenmaschine wird zunächst auf dem Testgelände des European Marine Energy Centre in Scapa Flow für Seeversuche eingesetzt und später auf dem EMEC-Großtestgelände an den Orkneys installiert. Mocean Energy Geschäftsführer Cameron McNatt: „Auf dem Weg zum Net-Zero werden wir viele Formen erneuerbarer Energie benötigen – und die Wellenenergie kann einen wichtigen Beitrag leisten.“