Interview mit Antonio Fernandez und Frank-Steffen Russ von EBV

Heute kann jeder Produkte mit innovativen Fähigkeiten realisieren, meinen Antonio Fernandez und Frank-Steffen Russ von EBV. Sie erklären, welche Rolle Halbleiter dabei spielen und wie EBV als Elektronik-Distributor hier unterstützt.

Mit konstant sinkenden Kosten für Elektronikkomponenten sowie immer leichterem Zugang zum Know-how rund um die Integration elektronischer Lösungen kann heute jeder die Möglichkeiten modernster Technologien für seine Produkte nutzen. Antonio Fernandez, Vice President Technical Development bei EBV, und Frank-Steffen Russ, Director Market Segments bei EBV, sind sich einig, dass durch die so mögliche Demokratisierung der Technologie in Zukunft verstärkt Veränderungen in allen Bereichen unseres Lebens vorangetrieben werden.

Technik und Leidenschaft sind für viele Menschen eher gegensätzlich. Warum gehört für Sie beides zusammen?

Frank-Steffen Russ: Was ist denn die Triebfeder, bisher unerreichte Ziele durch neue Technologien zu realisieren? Eben die Leidenschaft, Dinge durch Technologie zu verbessern.

Antonio Fernandez: Ich unterstütze Technologieunternehmen in ganz Europa. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass gerade die Unternehmen den Unterschied in ihren Märkten machen, die leidenschaftliche Menschen beschäftigen, Menschen, die die Grenzen des heute Existierenden herausfordern. Bei EBV teilen wir diese Leidenschaft für Technologie – wir arbeiten zusammen, um gemeinsam Innovationen voranzutreiben.

Was fasziniert Sie persönlich an Technologie?

A.F.: Die Technologie ist für den Fortschritt unserer Zivilisation unerlässlich. Der Einsatz von Technologie zur Schaffung einer nachhaltigeren Zukunft fasziniert mich wirklich. Und es gibt so viele Möglichkeiten…

F.R.: Es gibt immer wieder neue Möglichkeiten. Bionik zum Beispiel war lange Zeit ein Traum, der jetzt durch den Einsatz modernster Technologien Realität wird. Durch den konsequenten Einsatz von neuesten Technologien können wir immer komplexere Vorgänge verstehen und damit auch wieder in neue Technologien überführen. Es sind aber auch Kleinigkeiten wie smarte Dinge, die mich persönlich begeistern.

Welche Rolle spielen Halbleiter bei den aktuellen Technologieentwicklungen?

A.F.: Halbleiter, Elektronik und Software, zusammen mit neuen nachhaltigen Materialien, treiben die neuesten technologischen Entwicklungen in allen Branchen voran. Mit Elektronik kann jeder Produkte realisieren, die sich durch neue Fähigkeiten vom Existierenden unterscheiden, und sogar völlig neue Geschäftsmodelle schaffen.

F.R.: Halbleiter sind eine Schlüsseltechnologie, sie sind das Fundament für die Digitalisierung.

Hat die Halbleitertechnik eventuell auch die Möglichkeiten der Technologie bzw. den Zugang dazu verändert?

F.R.: Smarte Helferlein – vorne weg das Smartphone – sind ein gutes Beispiel, wie weit die Demokratisierung von Technologie heute geht. Neue Sharing-Konzepte, die über das Internet für jedermann und zu geringen Kosten Technologie zugänglich machen, wären ohne Halbleiter nicht denkbar.

A.F.: Die Kosten für das Integrieren von Elektronik in neue Produkte sind heute sehr niedrig, ebenso wie für die Entwicklung von Elektroniksystemen. Unsere Fertigungspartner bieten ausgezeichnete, kostengünstige Entwicklungstools, und auch wir als EBV unterstützen unsere Kunden dabei, neueste Technologien einfach, schnell und erfolgreich zu übernehmen.

Das heißt, Halbleitertechnologie ist nicht mehr nur etwas für High-Tech-Unternehmen mit entsprechendem Elektronik-Know-how?

A.F.: Das für den Entwurf von Elektronik erforderliche Budget ist dramatisch gesunken, selbst für hochkomplexe Halbleiter. Dennoch handelt es sich hierbei um eine Ingenieurwissenschaft, es ist weiterhin umfangreiches Know-how erforderlich. Das Entscheidende ist, dass es jetzt einfacher ist, sich das Know-how anzueignen. Man benötigt nur den richtigen Partner bei der Einführung der Technologie und Ingenieure, die motiviert sind, sich der Herausforderung zu stellen.

Gerade bei „smarten“ Produkten oder Lösungen für das Internet der Dinge ist der Lebenszyklus sehr kurz getaktet. Was ist die Antwort der Halbleiterbranche auf diese Entwicklung?

F.R.: Guter Punkt, oft steigt zudem die Komplexität der Produkte. Für uns ist es hier wichtig, die Trends zu erkennen und entsprechend frühzeitig die technische Unterstützung für unsere Kunden zur Verfügung zu stellen. Die Anforderungen im IoT gehen aber oft über die reine Halbleiterlösung hinaus. Sprich, wir müssen in der Lage sein, uns in das Gesamtsystem des Kunden hineinzuversetzen und gleichzeitig das Angebot an Unterstützung zu erweitern. Zum Beispiel durch Module oder Referenzdesigns. Zudem müssen wir in den Bereichen Cloud-Connectivity und Security die passenden Antworten kennen und die Kunden entsprechend unterstützen oder vernetzen.

A.F.: Es geht aber nicht immer um Consumer-Produkte, die alle 18 Monate durch eine neue Generation ersetzt werden. Wir haben viele Kunden, die Produkte herstellen, die mehr als zehn Jahre lang voll funktionsfähig sein müssen – zum Beispiel in der Industrie, im Transportwesen oder in der Luft- und Raumfahrt. Wir bei EBV unterstützen daher auch Langlebigkeitsprogramme mit unseren Fertigungspartnern, die die Lieferung ausgewählter Schlüsselhalbleiter für mehr als zehn Jahre garantieren.

Wie unterstützt EBV „elektronikfremde“ Unternehmen dabei, ihre Ideen in reale Produkte umzusetzen?

F.R.: Wir haben mit unseren Marktsegmenten das Technologie- und Systemverständnis, um die Herausforderungen unserer Kunden in Halbleiterlösungen zu überführen. Zudem können wir Kunden mit geeigneten Partnern aus unserem Netzwerk zusammenbringen, um die Lösung zu industrialisieren. Dies gilt nicht nur für etablierte Unternehmen, sondern auch für Start-ups.

A.F.: Wir arbeiten mit verschiedenen anerkannten Designhäusern und Auftragsherstellern in ganz Europa zusammen. Zudem kooperieren wir mit Avnet Design Services, SoftWeb Solutions und Witekio, um Kunden ohne Elektronikerfahrung bei der Einführung neuester Technologien zu unterstützen – mit Hardware, Software, schlüsselfertigen Designs und der Lieferung einsatzbereiter Elektronikplatinen.

Sie entwickeln auch eigene Module und Kits. Warum engagiert sich EBV hier als Distributor – was können Sie, was andere nicht können?

F.R.: Immer öfter stehen unsere Kunden vor der Herausforderung, Themen kurzfristig aufzunehmen und umzusetzen. Hier bieten wir mit dem EBVchips-Ansatz verschiedene maßgeschneiderte Lösungen. Beispiel Heracles – ein GSM-Modul mit GNSS inklusive Datenpaket. Die bis dato am Markt erhältlichen GSM-Module haben eines gemeinsam – der Kunde muss sich selbst intensiv um den Netzprovider kümmern und mit diesen dann auch einen separaten Vertrag abschließen. Wäre es nicht besser, wenn dies bereits im Modul beinhaltet wäre? Einmal kaufen und dann vergessen – dies ist unser Ansatz, der für viele Anwendungen funktioniert. Egal ob Bike-Tracking, landwirtschaftliche Sensoren, Statusanzeigen für Baumaschinen, Straßenbeleuchtung oder Serviceeinheiten für Verkaufsautomaten – um nur einige Anwendungen zu nennen.

Wie ist die Nachfrage nach den Modulen und Kits von EBV?

A.F.: Die Komplexität von Halbleitern nimmt zu, parallel dazu steigt die Nachfrage und die Verfügbarkeit von schlüsselfertigen Modulen. So haben die Kunden heute die Wahl, Module selbst herzustellen oder sie fertig zu kaufen. Für ersteres sind wir der Distributor mit den wahrscheinlich besten technischen Ressourcen zur Unterstützung komplexer Designs. Für die wachsende Zahl von Kunden, die gebrauchsfertige Module kaufen wollen, bieten wir verschiedene Lösungen aus unserem Portfolio direkt an – oder wir können Kunden an zuverlässige Modulhersteller verweisen, mit denen wir zusammenarbeiten.

Was die Entwicklungskits betrifft, so hat sich das Ökosystem unserer Franchisepartner stark verbessert: Inzwischen gibt es Referenzdesigns, Entwicklungstools und Demo-Boards für fast alles. Manchmal sehen wir auch einen Mehrwert darin, bestimmte neue Technologien von mehreren Herstellern in einem Demonstrationssystem zu kombinieren – dann machen wir auch das. Aktuell investieren wir stark in die IoT-Cloud-Service-Fähigkeit wichtiger Plattformen.

Welche neuen Module von EBV können wir noch erwarten?

F.R.: Wir werden unser Angebot um das Thema Vernetzung und IoT ergänzen. Der nächste Schritt ist die Erweiterung des Heracles Programms in der dritten Generation mit „onboard Secure Element“. Weitere Lösungen werden folgen.

A.F.: Dazu werden schlüsselfertige Modullösungen in den Bereichen Leistungselektronik, eingebettete Prozessoren, KI und Edge-Computing gehören.

Wo glauben Sie werden neue Technologien die größten Veränderungen herbeiführen, wo am stärksten unser Leben verbessern?

F.R.: Hier setzt nur unsere Vorstellungskraft die Grenzen… Aber für mich sind die großen Themen eben die Automatisierung der Mobilität und der Maschinen. Hier wird sich eine etablierte Branche neu erfinden müssen. Auf der Benutzerseite wird uns Mobillity-as-a-Service erlauben, bis ins hohe Alter mobil zu sein. Mit dem „Labor auf dem Chip“ wird sich auch der Gesundheitsservice deutlich verändern und wahrscheinlich zu unserem Leben gehören wie heute ein Fieberthermometer.

A.F.: Da kann ich viele Punkte nennen: Energieeinsparung und höhere Beständigkeit werden zu mehr Nachhaltigkeit beitragen. Höhere Rechenleistungen ermöglichen Dinge, die wir heute noch für unmöglich halten. Wir werden bessere Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten im Gesundheitswesen sehen. Mehr Sicherheit im Umgang mit Maschinen und der Umwelt. Dank einer komfortableren Bedienung können wir Technik schneller erlenen und nutzen. Eine höhere Produktivität wird uns eine bessere Lebensqualität finanzieren… Technologie wird definitiv die größten Veränderungen in der Zukunft vorantreiben, hoffentlich zur Verbesserung unseres Lebens.

 

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