Vertical Farming im Trend

Vertical Farming. Dabei kommen verschiedene Technologien wie Robotik, Künstliche Intelligenz, LED-Licht, Sensorik zum Einsatz. Und zwar um eine nachhaltigere und ressourcenschonende Produktion von Lebensmitteln zu ermöglichen.

Die Versorgung der immer weiter wachsenden Weltbevölkerung mit Lebensmitteln ist eine der großen Herausforderungen der Zukunft. Schon heute nehmen die Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft kontinuierlich zu. Aktuell stammen laut McKinsey mehr als ein Fünftel aller Emissionen weltweit aus dem Agrar-Sektor.

Gleichzeitig werden fruchtbare Anbauflächen knapp. Heute stehen rund 2.200 Quadratmeter Ackerfläche pro Kopf zur Verfügung. Laut Prognosen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) werden es in 2050 voraussichtlich nur noch 1.700 Quadratmeter sein. Überdüngung und Pestizide gefährden zudem die Nachhaltigkeit der Nahrungsmittelversorgung.

Doch mit modernen Technologien kann die Effizienz der Landwirtschaft gesteigert und gleichzeitig der Ressourcenverbrauch und Emissionen reduziert werden. Vor allem die Entwicklungen in der landwirtschaftlichen Robotik, der industriellen Bildverarbeitung und der Künstlichen Intelligenz werden zu einer tiefgreifenden und weitreichenden Veränderung in der Landwirtschaft führen.

Präzisionsroboter auf dem Feld

Autonome Ultrapräzisionsroboter wie der Roboter „Tom“ der Small Robot Company sind fahrerlos und autonom auf den Feldern unterwegs. Sie lockern Böden auf und beseitigen Unkraut. Da diese Roboter relativ kostengünstig, klein und leicht sind, können ganze Schwärme von ihnen zukünftig schweres Ackergerät ersetzen. Und somit den Boden schonen.

„Tom“ bearbeitet rund 20 Hektar pro Tag autonom und sammelt dabei etwa sechs Terabyte an Daten. Er kann Pflanzendetails in Submillimeter-Auflösung unterscheiden, mit einer Auflösung von weniger als einem Millimeter pro Pixel am Boden. Das ermöglicht eine pflanzenspezifische Bearbeitung. Einzelne Nutzpflanzen lassen sich so gezielt mit dem von ihnen benötigten Dünger versorgen oder Unkraut kann Pflanze für Pflanze gejätet werden. Das reduziert den Verbrauch von Agrochemikalien im Vergleich zur ungezielten Ausbringung um 90 Prozent. Dieser Per-Plant-Anbau existiert bis dato zwar nur in kleinem Maßstab in Forschungsinstituten und in Versuchsbetrieben. Hier konnten jedoch unter anderem Ertragssteigerungen von 235 Prozent im Vergleich zu konventionell angebautem Weizen erzielt werden.

Die industrielle Bildverarbeitungstechnologie ist häufig eine Kernkompetenz dieser Roboter. Komplexe Systeme identifizieren und lokalisieren Nutzpflanzen beziehungsweise Unkräuter und ermöglichen so intelligente, auf jede einzelne Pflanze abgestimmte Maßnahmen. Dazu verwenden die Bildverarbeitungssysteme zunehmend Deep-Learning-Algorithmen. Die Leistung dieser Algorithmen steigt kontinuierlich, die Präzision erreicht bereits heute eine Trefferquote von 86,5 Prozent.

Die KI-unterstützte Bildverarbeitungstechnologie ist inzwischen so fortgeschritten, dass sie Früchte vor komplexen Hintergründen mit hohen Erfolgsquoten identifizieren und lokalisieren kann. Somit können Roboter auch zum Ernten von Orangen und Äpfeln eingesetzt werden. Hierbei stellen allerdings die Pflückstrategie und die Bewegungssteuerung des Roboterarms noch eine Herausforderung dar. Neuartige Endeffektoren verringern aber inzwischen die Rechenlast und beschleunigen gleichzeitig das schonende Pflücken frischer Früchte. Noch allerdings ist der Mensch schneller. Während er zum Beispiel eine Erdbeere in zwei bis drei Sekunden pflückt, benötigen aktuelle Roboter acht bis zehn. Doch sie können das kompensieren, indem man sie mit mehreren Armen ausrüstet.

Vertical Farming im Trend

Doch Landwirtschaft wird in Zukunft nicht mehr nur klassisch auf dem Acker stattfinden, sondern auch Indoor. Direkt in den Städten, wo die Lebensmittel verbraucht werden. Vertical Farming ist hier das Schlagwort. Darunter versteht man den Anbau von Pflanzen in Innenräumen unter vollständig kontrollierten Umweltbedingungen. Die Beete sind dabei übereinander angeordnet und die Pflanzen wachsen unter künstlicher LED-Beleuchtung und auf einem speziellen Substrat ohne Erde. Durch fortschrittliche Beleuchtungs- und Automatisierungstechnik lassen sich die Anbaubedingungen genau auf die Bedürfnisse der Pflanzen abstimmen. So kann die vertikale Landwirtschaft an 365 Tagen im Jahr und ohne den Einsatz von Pestiziden hundertmal höhere Erträge erzielen als die konventionelle Landwirtschaft. Zudem hat Vertical Farming das Potenzial, durch die Produktion am Ort des Konsums die Lebensmittel-Transportwege zu minimieren. Denn heute legen Obst und Gemüse oft Tausende von Kilometern zurück, um die Verbraucher zu erreichen.

Schon heute kann jeder Vertical Farming im Kleinen sehen. Der deutsche Discounter Aldi züchtet seit diesem Jahr verschiedene Kräuter direkt in seinen Filialen. Dazu kooperiert das Unternehmen mit der Firma Infarm aus Berlin. Der vertikale und hocheffiziente Anbau der Kleingärten macht möglich, dass sich die Kräuter ganzjährig anpflanzen und ernten lassen. Jede Pflanze erhält in der kontrollierten Anbau-Umgebung exakt das Licht, das Wasser und die Nährstoffe, die sie zum Wachsen benötigt.

Alle Farmen von Infarm sind mit einer zentralen, cloud-basierten Plattform verbunden. Die Plattform lernt ständig dazu und passt sich während der dreiwöchigen Wachstumsphase auf die Bedürfnisse der Kräuter an. Die Aufzucht direkt in den Filialen bedeutet 90 Prozent weniger Transportwege und 95 Prozent weniger Wasser vergleichsweise zur herkömmlichen Produktion. Auf den Einsatz von chemischen Pestiziden verzichtet Infarm komplett.

 

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