Immer weiter wachsende Städte erfordern einen öffentlichen Verkehr, der mehr Menschen effizienter bewegt. Eine zunehmende Automatisierung soll die Kapazitäten von Zügen auf den vorhandenen Strecken steigern – bis hin zum fahrerlosen Zug.
Der globale Wandel zu städtischem Leben zeigt keine Anzeichen, langsamer zu werden. Experten schätzen, dass heute fast die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten lebt, wobei erwartet wird, dass diese Zahl bis 2050 auf 70 Prozent ansteigen wird. 2025 wird es mindestens 27 Mega-Städte mit mehr als zehn Millionen Einwohnern auf der Erde geben. Um Schritt zu halten und den weltweiten Erfolg von Wirtschaftszentren sicherzustellen, muss der öffentliche Verkehr mehr Menschen schneller, weiter und effizienter bewegen als zuvor.
Mehr Transportkapazität ohne Fahrer
Die Antwort darauf sehen Bahnhersteller im Einsatz von vollautomatisierten Metro-Zügen. Denn entsprechend ausgerüstete S- und U-Bahnen können in engerem Abstand fahren und so mehr Menschen in der gleichen Zeit befördern, als das ein Zug mit Fahrer kann. Fahrerlose Bahnen sind schon seit einigen Jahren in zahlreichen Städten im Einsatz: in Algier, Paris, Barcelona, São Paolo oder auch in Nürnberg.
Bei automatisch gesteuerten Zügen werden Fahrerlaubnis und Steuerungsbefehle nicht durch Signale angezeigt, sondern erfolgen über Datenkommunikation zwischen Schienenfahrzeug und Infrastruktur. Dabei verfolgt ein Rechner alle Züge in dem ihm zugeordneten Streckenbereich und berechnet für jeden Zug eine entsprechende Fahrerlaubnis. Die Züge werden dadurch kontinuierlich geführt und können dichter hintereinander herfahren als beim manuellen Fahren auf Signalsicht. Beim fahrerlosen Betrieb tauschen die Rechner für die Strecke mit den Rechnern des übergeordneten Systems in der Leitzentrale und Rechnern im Zug per Funk ständig Daten aus. Im Zug ersetzt die automatische Zugsteuerung den Lokführer und steuert die Geschwindigkeit des Fahrzeugs. Der Rechner wird dabei von der automatischen Zugsicherung überwacht und, wenn nötig, korrigiert.
Steuersignale und Passagierinformationen per LTE
Da die Züge untereinander und mit der Leitzentrale per Funk verbunden sind, ist ein entsprechend leistungsfähiges Kommunikationsnetz notwendig. Die beiden Unternehmen Huawei und Alstom haben in einem weltweit ersten Live-Pilotversuch ein 4G LTE-Multiservices-Netz für die Zugsteuerung getestet. Dabei wird das LTE-Netz nicht nur genutzt, um die Steuerungsdaten zu übertragen, sondern es lassen sich so auch Passagierinformationen oder Videodateien zum Zug senden.
Assistenzsysteme schützen vor Kollisionen
Doch nicht immer muss es gleich der autonom fahrende Zug sein – ähnlich wie bei Autos werden zurzeit auch Assistenzsysteme für den Fahrer des Zuges entwickelt. So bietet das Unternehmen Intelligence on Wheels aus Gilching bei München ein Zugkollisionsvermeidungssystem, das gänzlich auf die klassische Zugbeeinflussung verzichtet. Alle Komponenten sind an Bord der Züge untergebracht, kostenintensive Ausrüstungen an der Streckeninfrastruktur sind so nicht notwendig. Das System erfasst alle zur Kollisionsvermeidung notwendigen Parameter eines Zuges wie beispielsweise die genaue Position, die Geschwindigkeit oder auch das Bremsvermögen. Herz des Systems ist eine direkte Kommunikation zwischen den Zügen, die auf dem TETRA-Standard für Bündelfunk basiert und im Frequenzband zwischen 380 und 740 Mega-Hertz arbeitet. Sobald zwei Züge näher als fünf Kilometer sind, tauschen sie Informationen über ihre Position auf der Stecke, Geschwindigkeit, Fahrtrichtung und so weiter aus. Das Lokalisierungsmodul besteht dabei aus einer Multi-Sensor-Einheit, die GPS und einen Trägheitssensor mit sechs Freiheitsgraden kombiniert. Über die Radial-Beschleunigung bei Kurvenfahrten kann das System unter anderem die Fahrtrichtung bestimmen. Erkennt das System eine kritische Situation, wird das Triebfahrzeugpersonal rechtzeitig vor möglichen Kollisionen akustisch und optisch gewarnt und kann so den Zug rechtzeitig anhalten.
Auch Bombardier hat ein Kollisionsschutzsystem entwickelt. Es warnt den Fahrer von Straßenbahnen vor drohenden Zusammenstößen mit Fußgängern, Zweirädern und anderen Fahrzeugen sowie vor Objekten, die die Strecke blockieren. Das System besteht aus mehreren vernetzten Stereo-Vision-Kameras, mit denen die Bewegungen von Personen oder Objekten auf dem Gleisweg der Bahn oder in dessen Umgebung erkannt und verfolgt werden. Sollte eine bevorstehende Kollision erkannt werden, ertönt ein Warnsignal. Der Fahrer oder sogar das System selbst kann dann einen Bremsvorgang einleiten.
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