Elektronische Bauelemente auf der Basis von so genannten Wide-Band-Gap-Halbleitern bieten die Möglichkeit, Wirkungsgrad und Leistungsdichte von Leistungselektronik zu steigern. Das macht leistungselektronische Komponenten kleiner, schneller, zuverlässiger und effizienter.
Smarte Energieversorgung, Elektromobilität, breitbandige Kommunikationssysteme und Anwendungen der künstlichen Intelligenz. Die Anzahl miteinander agierender und vernetzter Systeme wächst stetig. Mit immer mehr Systemen und dem zunehmenden Datenverkehr steigt jedoch auch der Primärenergieverbrauch.
Damit elektrische Energie von den verschiedenen Systemen genutzt werden kann, muss sie stets umgewandelt werden. Daher nimmt auch der Bedarf an elektrischer Konversion zu. Allein in Europa gehen so jährlich schätzungsweise mehr als drei Terawattstunden an Energie verloren. Das beträgt eine Elektrizitätsmenge, die von einem mittleren Kohlekraftwerk produziert wird.
Leistungselektronik als Schlüssel für die Energieeffizienz
Die effiziente Wandlung von Energie ist damit eine wesentliche Herausforderung für Anwendungen in Industrie 4.0, KI und Co. „Die zentrale Schlüsseltechnologie hierfür ist die Leistungselektronik, die für die Integration erneuerbarer Energien in elektrische Versorgungsnetze, die Lade- und Antriebstechnik für die Elektromobilität, die Stromversorgung von Datenzentren oder das Hochfrequenznetz für den Mobilfunk unabdingbar ist“, sagt Prof. Dr.-Ing. Sibylle Dieckerhoff, Leiterin des Fachgebiets Leistungselektronik an der Technischen Universität Berlin.
Es werden neue leistungselektronische Bauelemente, Schaltungen und Komponenten benötigt, um das jeweils passende Spannungs- beziehungsweise Strom- und Frequenzprofil effizient zu erzeugen. Erhebliche Energieeinsparungen sind möglich, wenn zum Beispiel ungeregelte Industrieantriebe durch moderne Antriebssysteme mit hocheffizienter Leistungselektronik ersetzt werden.
Allein in der Energie- und Fahrzeugtechnik kann dadurch ein bisher ungenutztes Einsparpotenzial von bis zu 35 Prozent erschlossen werden. Dies bietet nicht nur wirtschaftliche Vorteile, sondern senkt auch deutlich den mit den Anwendungen verbundenen CO2-Ausstoß.
Höhere Leistungsdichte mit Wide-Band-Gap-Halbleitern
Neue elektronische Bauelemente auf der Basis von Wide-Band-Gap-Halbleitern, wie Siliciumcarbid (SiC) oder Galliumnitrid (GaN) bieten die Möglichkeit, Wirkungsgrad und Leistungsdichte von Leistungselektronik zu steigern. Das macht leistungselektronische Komponenten kleiner, schneller, zuverlässiger und effizienter als ihre Silizium (Si)-basierten Pendants.
Auch wenn SiC und GaN in gewissen Bereichen miteinander in Konkurrenz stehen, so können sie doch grob nach ihren Anwendungsgebieten unterschieden werden. Bauteile auf GaN-Basis lassen sich in kleineren und leichteren Bauelementstrukturen umsetzen, die den Strom effizienter schalten. Stromverluste werden bis zur Hälfte reduziert. GaN kann auch größeren Spannungen standhalten und ist besonders für Hochfrequenzschaltungen interessant. „Im vergangenen Jahrzehnt bestand der GaN-Leistungsmarkt vor allem aus leistungsstarken Premiumanwendungen für Hochfrequenzschaltungen mit geringem Widerstand und einem kleinen Formfaktor auf Systemebene“, so Ezgi Dogmus von dem Marktforschungsinstitut Yole.
So finden GaN-Halbleiter zum Beispiel in einem Elektrofahrzeug die verschiedensten Einsatzmöglichkeiten. Zum einem im Antriebsumrichter, wo GaN den Wirkungsgrad verbessert und eine Erhöhung der Reichweite um 20 Prozent ermöglicht. Zum anderen reduziert es im DC-DC-Wandler die Baugröße des Systems um 75 Prozent. Aber GaN-Halbleiter werden auch im On-Board-Ladegerät oder in der LED-Beleuchtung eingesetzt. Heute finden sich GaN-Lösungen aber auch zunehmend im Consumer-Bereich, zum Beispiel bei Ladegeräten für Notebooks oder Smartphones.
SiC wird dagegen aufgrund seiner geringeren thermischen Ausdehnung und Robustheit gegenüber harschen Umgebungsbedingungen für Hochtemperaturanwendungen verwendet. Vor allem die Automotive-Industrie treibt dabei die Verwendung von SiC voran. „Der Zeitraum 2018 bis 2019 zeigte in der Automobilindustrie eine starke Entwicklung hin zum Einsatz von SiC für Umrichter-Anwendungen“, kommentiert Hong Lin von Yole. „Mit der Einführung der SiC-Technologie durch Tesla hat der Markt den Punkt erreicht, an dem es kein Zurück mehr gibt.“
Die Entwicklung geht weiter
Auch wenn SiC und GaN im Vergleich zu Si-basierten Systemen schon deutlich Vorteile bringen, wird weiterhin an neuen Materialien im Bereich der Leistungselektronik geforscht. Zum Beispiel Aluminiumnitrid (AlN). Das für elektronische Anwendungen bislang wenig erforschte Halbleitermaterial bietet verglichen mit Silizium-Bauelementen einen bis zu 10.000-mal geringeren Durchlassverlust. Es zeichnet sich zudem durch eine sehr hohe Durchbruchsspannungsfestigkeit und Wärmeleitfähigkeit aus. Also ideale Voraussetzungen für Leistungshalbleiter mit hoher Energiedichte und Effizienz. Das bietet das Potenzial für schnell und effizient schaltende Bauelemente bei gleichzeitig hoher Zuverlässigkeit.
Ein anderes Material ist Beta-Galliumoxid (β-Ga2O3). Im Vergleich zu SiC und GaN besitzt es eine mehr als doppelt so hohe Durchbruchfeldstärke. Und somit das Potenzial, den Wirkungsgrad von damit bestückten Leistungskonvertern weiter zu steigern. Hohe Spannungen können mit einem deutlich geringeren Materialaufwand geschaltet werden. Dadurch entsteht eine Basis für kompaktere Systeme. Hinzu kommt, dass sich Beta-Galliumoxid Transistoren bei vorgegebener Spannungsfestigkeit durch einen niedrigen Einschaltwiderstand und schnellere Schaltvorgänge auszeichnen. Insgesamt führt dies zu geringeren Leistungsverlusten.
Gleich um welches Material es sich handelt, neue Technologien werden dazu beitragen, die Verlustleistungen von Halbleitern zu reduzieren. Schlussendlich wird Energie effizienter gewandelt und damit Ressourcen geschont.