Die hohen Kosten für die Fertigung von High-end-Mikrochips haben zu einer klaren Trennung von Chip-Entwicklung und HalbleiterFertigung geführt: Die Mehrzahl der HalbleiterProdukte wird heute von reinen Fertigungs-Dienstleistern produziert, während die meisten HalbleiterEntwickler keine eigenen Fabriken mehr haben.
Wer sich mit Mikrochips beschäftigt, dürfte Moore’s Law kennen, nach der sich die Anzahl an Transistoren, die in einen integrierten Schaltkreis festgelegter Größe passen, etwa alle zwei Jahre verdoppelt. Weniger bekannt ist das zweite Moore’sche Gesetz: Danach verdoppeln sich die Kosten für eine Chip-Fabrik alle vier Jahre. Das ist eine direkte Folge des ersten Moore’schen Gesetzes, denn je kleiner Chips werden, desto komplexer, anspruchsvoller und damit teurer wird ihre Fertigung. Bedenkt man, dass heute eine einzelne moderne EUV-Anlage (EUV steht für Extrem Ultraviolet) bereits rund 150 Millionen US-Dollar kostet, verwundert es nicht, dass eine komplette Chip-Fabrik schnell über 20 Milliarden US-Dollar verschlingt.
Das können sich nur noch wenige große Unternehmen leisten. Tatsächlich ist die Zahl der Fabriken, in denen Mikrochips hergestellt werden, im Laufe der Jahre kontinuierlich gesunken. Zu Beginn der Halbleiterära in den 1970er-Jahren entwickelten, testeten und produzierten alle führenden Halbleiterhersteller ihre Mikrochips noch komplett in eigener Regie.
Fertigung wird an Foundries ausgelagert
In den frühen 1980er-Jahren traten dann zunehmend kleinere Hersteller in den Markt, die insbesondere Chip-Lösungen für ganz spezielle Applikationen entwickelten. Allerdings besaßen sie nicht die erforderlichen Ressourcen, um ihre Chips auch selbst zu produzieren. Die großen IDMs (Integrated Device Manufacturers, also Unternehmen, die ihre eigenen Chips entwickeln und fertigen) dagegen hatten die Produktionskapazitäten und waren froh, durch eine höhere Auslastung ihrer Fabriken die Kosten pro produziertem Chip senken zu können. Also begannen sie, Halbleiter für die kleineren „fabrik-losen“ oder „fabless“ Unternehmen zu fertigen. Da die IDM jedoch vor allem ihre eigenen Mikroprozessoren und Halbleiter produzierten, wurde die Fertigung für Fabless-Unternehmen oftmals eher nachrangig behandelt. Das änderte sich 1987, als TSMC erstmalig eine Fabrik errichtete, in der ausschließlich Produkte für Fabless-Kunden gefertigt wurden. Damit war der Grundstein für das neue Geschäftsmodell der Foundries gelegt. Foundries können sich ganz auf die Optimierung der Produktionstechnik konzentrieren und eine hohe Auslastung ihrer Fabriken erreichen. Das ist besonders wichtig, da laut Berechnungen der Marktanalysten von Beroe die Fixkosten – also die Kosten, die unabhängig von der Anzahl gefertigter Produkte sind – bei Halbleiterfabriken fast ein Drittel der Gesamtkosten ausmachen. Eine hohe Auslastung der Fabrik ist damit essenziell für ihren wirtschaftlichen Betrieb. Laut der Semiconductor Industry Association (SIA) arbeiten Halbleiterfabriken daher mindestens mit einer Auslastung von 80 Prozent, bei High-End-Fabriken kann sogar eine Auslastung, die unter 90 Prozent liegt, kritisch sein. Das Fabless-Modell ist somit eine echte Win-win-Kooperation: Die Foundries können eine hohe stabile Auslastung erzielen. Die Fabless-Unternehmen sparen sich die hohen Investitions- und Betriebskosten, die für eine eigene Fertigungsanlage erforderlich wären.
Grenzen des Fabless-Konzeptes
Doch dieses Geschäftsmodell stößt aktuell zunehmend an seine Grenzen: Zum einen, weil die modernsten Halbleiterprodukte – aktuell in 5 Nanometer Strukturgröße, in naher Zukunft auch in 2 Nanometern – nur noch von drei Foundries weltweit gefertigt werden können. Zum anderen, weil die Foundries neue Fertigungskapazitäten schwerpunktmäßig für eben diese Halbleitertechnologien aufbauen – hier ist die Gewinnmarge einfach am größten. Doch für viele Bereiche sind diese High-End-Chips gar nicht nötig. So haben von den durchschnittlich knapp 1.000 Mikrochips, die in einem modernen Auto verbaut sind, laut ZVEI rund zwei Drittel eine Strukturgröße von 130 Nanometern oder mehr. Das, gepaart mit der relativ niedrigen Menge, mit der die Automobilindustrie die Foundries beauftragt, macht es bei einer weltweit rasant steigenden Nachfrage nach Mikrochips für die Autohersteller schwierig, ausreichend Chips zu erhalten.
Preiswerte Chip-Produktion ins eigene
Haus holen
Daher wird zunehmend ein Halbleiter-Geschäftsmodell diskutiert, das speziell auf die Bedürfnisse einer Branche wie der Automobilindustrie zugeschnitten ist: Das Fab-lite-Konzept ermöglicht Chip-Abnehmern, die gegenüber den großen IT- und Smartphone-Herstellern bei der Reservierung von Fertigungskapazitäten zunehmend ins Hintertreffen geraten, ihre Versorgung mit Chips abzusichern. Unter dem Fab-lite-Modell versteht man eine eigene interne Fertigung von „Butter-und-Brot“-Chips, also von Mikrochips, deren Bauart nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik entsprechen, aber noch in vielen Anwendungen für lange Jahre gute Dienste tun. Interessant ist eine solche eigene Chip-Fertigung nicht nur für die Autoindustrie, auch die Luft- und Raumfahrt oder Rüstungsunternehmen können davon profitieren. Dabei muss Fab-lite nicht unbedingt den Bau einer neuen Fabrik bedeuten, sondern auch der Kauf älterer Fabriken von einer Foundry ist denkbar. Zum Beispiel könnte Volkswagen eine Halbleiterproduktion kaufen, die für eine Foundry nicht mehr interessant ist, aber für den Autohersteller noch genau auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Halbleiterprodukte herstellt.