Immersiv – das ist der zentrale Begriff im Gaming-Bereich. Der Spieler will eintauchen in das Spiel, er will die virtuelle Welt möglichst real erleben. Die Branche bringt dazu immer neue Lösungen auf den Markt – vom Game-Controller bis zum Brain-Computer-Interface.
Wer schon einmal ganz in einem Spiel versunken ist, der hat erfahren, was der Begriff „immersiv“ meint. Er leitet sich vom lateinischen „immersio“ ab, was so viel wie Eintauchen bedeutet. Übertragen auf Computerspiele beschreibt dieser Begriff, inwiefern ein Spieler in seiner eigenen Wahrnehmung ein Teil der Spielewelt wird. Neben der reinen Optik, zum Beispiel durch eine Ego-Perspektive, ist dabei auch die Interaktion mit der virtuellen Welt ausschlaggebend.
Vertraut sein mit digitaler Technik
Die Branche nutzt dazu alle Möglichkeiten, die moderne Human Machine Interfaces bieten – und ist so zu einem spannenden Experimentierfeld für neue Technologien geworden. „Gaming ist längst mehr als reine Unterhaltung. Durch interaktive Spielerlebnisse werden Nutzerinnen und Nutzer auf spielerische Weise mit moderner Technologie vertraut gemacht. Während sie in virtuelle Welten eintauchen, lernen sie intuitiv den Umgang mit digitalen Schnittstellen, Menüführungen und Steuerungsmöglichkeiten“, sagt Dr. Sebastian Klöß, Bereichsleiter Consumer Technology beim Bitkom. Diese Vertrautheit junger Menschen mit komplexen Mensch-Maschine-Schnittstellen macht sich heute selbst das Militär zunutze und setzt HMI ein, die eher Gaming-Controllern ähneln als militärischer Ausrüstung – viele Systeme können junge Soldaten und Soldatinnen so ohne intensive Schulung nutzen.
Haptisches Feedback im Controller
Um tatsächlich ein immersives Spielerlebnis zu erreichen, lassen sich die Hersteller immer wieder Neues einfallen. Das beginnt schon bei dem „einfachen“ Controller wie zum Beispiel der Playstation 5 von Sony: Sie macht durch haptisches Feedback in Form fein abstimmbarer Vibrationen das Spielgeschehen spürbar. Adaptive Trigger ermöglichen die Anpassung der analogen Schultertasten. So erhalten bestimmte Tätigkeiten im Spiel mehr Nuancen: schießen, Gas geben, springen und mehr. Darüber hinaus hat das Unternehmen kürzlich ein neues Controller-Design patentieren lassen, das zeigt, wie die Zukunft aussehen könnte: Die Idee ist, einen elastischen Bereich zu integrieren, der seine Form und Temperatur ändern und auf verschiedene physische Eingaben wie Drücken oder Reiben reagieren kann. Dies würde neue Möglichkeiten der Immersion eröffnen. So könnte der Controller beispielsweise intensive Spielmomente durch Wärme verstärken.
Dosierter Druck
Nicht so visionär, dafür aber bereits Realität sind Tastaturen mit Force Sensor-Technologie. Sie kommen unter anderem bei speziellen Gaming-Laptops zum Einsatz. Hier werden üblicherweise die W-, A-, S- und D-Tasten durch eine Kraftfunktion ergänzt und ermöglichen Spielern eine viel intuitivere, physische Bedienung. „Stellen Sie sich vor, Sie fahren auf der örtlichen Autobahn und Ihr Gaspedal ist auf nur zwei Optionen beschränkt: ‚Aus‘ oder ‚Vollgas‘. Die physikalische Realität sieht vor, dass die Beschleunigung davon abhängt, wie stark Sie auf das Gaspedal drücken oder wie stark Sie das Lenkrad drehen. Das ist der Unterschied, den die intelligente taktile Wahrnehmung von Peratech ausmacht“, erklärt Jim Thomas, CCO von Peratech. Das Unternehmen rüstet zum Beispiel die Gaming-Laptops Lenovo Legion 7i und 7 mit entsprechenden Force-Tasten aus.
Kopfbewegungen erfassen
Das Lenovo-Spitzenmodell kann zudem die Kopfbewegung des Spielers erfassen. Die integrierte Software-Lösung von Tobii Horizon nutzt dazu die eingebaute Kamera des Laptops. Die Spieler können so das Sichtfeld im Spiel mit ihren Kopfbewegungen steuern. Dreht ein Spieler seinen Kopf nach rechts, folgt die Kamera seinem Blick nach rechts. Das ist insbesondere bei Spielen hilfreich, in denen es wichtig ist, die Umgebung wahrzunehmen, wie bei Ego-Shootern oder Rennspielen.
Versinken in der virtuellen Realität
Richtig in ein Spiel eintauchen können Spieler durch die Technologien der Virtual Reality und Augmented Reality. Spezielle VR-Brillen lassen den Spieler in die künstlich erschaffene, virtuelle Welt versinken. Diese Headsets können Halterungen sein, in die ein Smartphone eingesetzt wird – wie etwa bei der Samsung Gear. Oder es handelt sich um sogenannte „Head Mounted Displays“, in die die gesamte Technik integriert ist, wie zum Beispiel die Hololens von Microsoft. Bei beiden Ansätzen steht der Spieler im Mittelpunkt, sein virtueller Blick folgt seiner eigenen Bewegung. Mit ihrer immersiven und interaktiven Natur hat die Virtual Reality die Art und Weise, wie Spiele erlebt werden, revolutioniert. Doch so richtig „immersiv“ wird das VR-Erlebnis erst durch Eingabegeräte, die speziell dafür entwickelt wurden, die virtuelle Welt realer erscheinen zu lassen.
Interagieren mit Objekten
Wie zum Beispiel der Oculus Touch: Diese Handheld-Geräte sind darauf ausgelegt, die Bewegungen der Hände in der virtuellen Welt nachzuahmen. Ausgestattet mit Sensoren, Tasten und Auslösern ermöglicht das System dem Spieler, mit Objekten zu interagieren und sich präzise und mühelos durch virtuelle Umgebungen zu bewegen. Der VR-Controller HTC Vive Wand verfügt zudem über haptisches Feedback – so kann der Spieler die virtuellen Objekte, mit denen er interagiert, sogar fühlen.
Spiel mit Körperbewegungen
Komplett realistisch wird das Spielerlebnis, wenn die Bewegungen des ganzen Körpers genutzt werden können, um die Figur durch die virtuelle Welt zu führen: Springen, Laufen, Knien – das alles erfassen Ganzkörper-Trackingsysteme wie Omni One von Virtuix. Dabei handelt es sich um ein omnidirektionales Laufband, das es den Spielern ermöglicht, in jeder Richtung durch Videospiele und andere virtuelle Umgebungen zu gehen oder zu laufen. Es wird derzeit mit einem Pico Neo 3 Pro-Headset mit 6DoF-Technologie (6 Degrees of Freedom) und zusätzlichen Handcontrollern zum Hand- und Gestentracking ausgeliefert.
Mit dem Avatar mitfühlen
Wem das immer noch nicht reicht, der kann zukünftig mit seinen Figuren aus dem Spiel auch realistisch mitleiden. Der Spieleanbieter Ubisoft will für sein Game „Assasins’s Creed Mirage“ zum Beispiel ein Shirt mit haptischem Feedback anbieten. Durch das Haptic Gamingsystem von OWO soll der Spieler Empfindungen am Körper erfahren, die mit den Aktionen in dem Spiel korrespondiert. „Dank der bahnbrechenden Technologien und der Expertise von OWO sind wir in der Lage, die Spieler auf innovative und verbesserte Weise in die Welt, die Geräusche und das Gefühl von Assassin‘s Creed Mirage eintauchen zu lassen“, so Fabian Salomon, Lead Producer bei Ubisoft Bordeaux. Die Empfindungen, die das Shirt vermitteln kann, reichen von starkem Wind oder freiem Fall bis hin zu Messerstichen. Das System lotet damit auch die Grenzen der Immersion aus.
Nahtlose Interaktion
Die Zukunft der VR-Controller geht jedoch noch darüber hinaus. Unternehmen wie Neurable arbeiten an Brain-Computer-Schnittstellen, mit denen Spieler virtuelle Umgebungen mit ihren Gedanken steuern können. Das Unternehmen, eine Ausgründung der University of Michigan, entwickelt neurotechnische Referenzdesigns, APIs und Funktionen, die auch außerhalb von Laborbedingungen funktionieren und in Alltagstechnologien integriert werden können. Neurable lizenziert seine Technologie für Kopfhörer, Ohrstöpsel und AR-Geräte. Dr. Ramses Alcaide, CEO bei Neurable, ist sich sicher: „Dies ist erst der Anfang für die Neurotechnologie. Wir stehen an der Schwelle zu einer ethisch vertretbaren, nahtlosen Beziehung zwischen den Menschen und ihrer Technologie.“