Innovative miniaturisierte Medizinprodukte tragen dazu bei, die medizinische Versorgung und die Lebensqualität in der alternden Gesellschaft langfristig zu sichern. Schon heute sind die unterschiedlichsten Geräte verfügbar – und kommen in Kürze auf den Markt.
Tragbare elektronische Geräte haben schon eine lange Tradition in der Medizin – vom Hörgerät bis zum Herzschrittmacher. Sie wurden zwar noch nicht Wearable genannt, waren aber nichts anderes. Doch mit den Entwicklungen, die die Wearables für den Consumer-Bereich durchlaufen haben, eröffnen sich heute völlig neue Möglichkeiten für die Medizin. Dabei kommt die gesamte Palette von Wearables zum Einsatz – von der Sensormütze bis zur smarten Brille.
Sensorische Kleidung
Zum Beispiel hat Bioserenity eine spezielle Kleidung mit integrierter Elektronik für Menschen, die an epileptischen Anfällen leiden, entwickelt. Bislang ist die Untersuchung der Patienten immer eine große Herausforderung gewesen, denn häufig muss Monate gewartet werden, bis ein Termin bei einem Arzt frei ist. Zudem ist die Untersuchung mit den klassischen Geräten umständlich und relativ kompliziert. Der französische Hersteller hat daher ein Shirt und eine Mütze entwickelt, in die verschiedene Sensoren integriert sind. Sie überwachen Körperfunktionen wie Gehirnaktivität und Herzschlag und senden die Daten per Bluetooth an das Smartphone des Patienten. Von da aus werden sie in die Cloud des Hausarztes übertragen, der so den Status des Patienten von seiner Praxis aus in Echtzeit verfolgen und bei Anzeichen eines Notfalls schneller reagieren kann.
Mehr Grip
Nicht sensorisch, sondern aktorisch arbeitet der SEM Glove von Bioservo: Er spricht die fünf Prozent der Menschheit zwischen 16 und 84 an, die an einem geschwächten Handgriff leiden. Dazu sind Aktoren in einen Handschuh integriert. Sobald der Träger eine Bewegung beginnt, erkennen das Sensoren an den Fingerspitzen anhand winziger Druckveränderungen. Diese steuern entsprechend kleine Motoren an, die in der Manschette des Handschuhs untergebracht sind. Sie wiederum ziehen an künstlichen Sehnen, die in den Handschuh eingenäht sind, und unterstützen damit den intuitiven Greifreflex von Daumen, Ring- und Mittelfinger.
Airbag für die Hüfte
Hip Hope Technologies dagegen hat Senioren, die an Osteoporose leiden, als Zielgruppe entdeckt: Um im Falle eines Falles den Bruch des Hüftknochens zu vermeiden, hat das Unternehmen ein Wearable in Form eine Gürtels entwickelt. In den Gürtel integriert ist eine hochentwickelte Sturzdetektion, die aus einer Vielzahl von Sensoren und einer intelligenten Logik besteht. Erkennt das System einen bevorstehenden Aufprall mit dem Boden, aktiviert es zwei Airbags, die die Folgen des Sturzes radikal dämpfen. Gleichzeitig alarmiert das System vorher bestimmte Personen, verfügt zusätzlich über einen Notfallknopf, überwacht darauf folgende Bewegungen des Trägers und hilft mit einem GPS-System, den gestürzten schnell zu finden.
Durch die Haut sehen
Auch Smart Glasses bieten ein großes Potenzial in der Medizin. Eine der weltweit ersten kommerziell verfügbaren Anwendungen ist die Eyes-On Glasses von Evena Medical. Sie stellt ein Point-of-Care-Ultraschallsystem dar, mit dem Ärzte auch tiefer im Gewebe liegende Blutgefäße in Echtzeit sehen können. Dazu projiziert die Brille sowohl ein Infrarotlicht als auch Ultraschall auf die Haut des Patienten. Aus den Reflexionen generiert sie dann in Echtzeit eine anatomisch genaue Gefäßdarstellung – wobei die Hände ständig frei sind. So findet zum Beispiel eine Pflegekraft für eine Venenpunktur sehr schnell eine passende Vene, ohne mehrmals ansetzen zu müssen.
(Bildnachweis: Fotolia: Igor Serazetdinov)