Noch ist die Car-to-X-Technologie in einer Testphase. Doch schon heute ist der praktische Nutzen deutlich erkennbar.
Höchste Aufmerksamkeit ist von Verkehrsteilnehmern gefordert, wenn sie sich sicher, stressfrei und wirtschaftlich durch den Straßenverkehr bewegen wollen. Jeder muss den anderen beobachten, die nächste Bewegung abschätzen und sekundenschnell reagieren. Damit der Mensch seine Wege sicherer, stressfreier und wirtschaftlicher bewältigen kann, sollen in naher Zukunft Fahrzeuge und Infrastruktur miteinander kooperieren und den Fahrer schnell über mögliche Gefahren oder Probleme auf seiner Route informieren. „Die führenden europäischen Fahrzeughersteller sind momentan dabei, den Weg für die Markteinführung von kooperativen intelligenten Transportsystemen und Diensten zu ebnen“, bestätigt Søren Hess, General Manager des CAR 2 CAR Communication Consortiums. In diesem Konsortium haben sich führende Automobilhersteller sowie Soft- und Hardwarezulieferer zusammengefunden, um einen offenen europäischen Industriestandard für die Car-to-X-Kommunikation zu entwickeln, welche die Basis für kooperative Systeme sind.
Ampeln informieren über Rotphase
„Ein Datensender, der mit einer Ampelanlage verbunden ist, könnte den Fahrer darüber informieren, welche Geschwindigkeit er einhalten muss, um entlang seiner Strecke eine grüne Welle ausnutzen zu können“, nennt Erik Israelsson, Leiter des Bereichs Car-2-Car Communication bei der Volvo Car Corporation, ein Beispiel für die Kommunikation zwischen Infrastruktur und Fahrzeug. „Dies hätte zahlreiche Vorteile wie etwa einen besseren Verkehrsfluss, mehr Komfort für den Fahrer, einen geringeren Kraftstoffverbrauch und reduzierte Emissionen.“ Ein derartiges System könnte den Fahrer auch vor einer Rotlichtüberfahrung warnen. Im Fahrzeug wertet der Ampelphasenassistent die empfangenen Daten aus. Wenn bei unveränderter Geschwindigkeit die Ampel an der Kreuzung bereits rot wäre, erhält der Autofahrer diese Information frühzeitig genug, um sanft abzubremsen. Der Fahrer kann dadurch in die Zukunft blicken und seine Fahrweise an die Ampeltaktung anpassen. Laut einer Untersuchung von Audi lassen sich mit einem derartigen Ampelassistenten in Deutschland rund zwei Millionen Tonnen CO2 im Jahr einsparen – wenn die Technologie flächendeckend zum Einsatz kommt.
Situation auf der Straße wird erfasst
Nicht nur in der Stadt hilft die Vernetzung, den Verkehr effizienter und sicherer zu leiten, auch auf der Autobahn versprechen sich Experten erhebliche Vorteile. Ein entsprechendes System testet der österreichische Autobahnbetreiber ASFINAG derzeit im Großraum Wien, am sogenannten Testfeld Telematik. Auf einer Teststrecke, die 45 Kilometer umfasst und um ein Autobahnkreuz in Wien angesiedelt ist, erfassen rund 150 Sensoren und mehr als 150 Kameras permanent die jeweils aktuelle Situation auf den Straßen: den Verkehrsfluss genauso wie etwaige Hindernisse und das Wetter, das in Form von Eisbildung, Nässe und Nebel nicht selten für erhebliche Beeinträchtigungen im Straßenverkehr sorgt. 25 mit Car-to-X-Technologie ausgestattete Fahrzeuge „schwimmen“ im normalen Straßenverkehr mit und liefern in Echtzeit wertvolle Daten an die Verkehrszentrale und an andere Fahrzeuge. Das Fahrzeugsystem analysiert die empfangenen Informationen, um dem Fahrer Auskunft über die aktuellen Verkehrsbedingungen zu geben und ihn zu warnen, wenn er sich in einer potenziell gefährlichen Situation befindet. Diese Informationen und Warnungen erhält er über das HMI (Human Machine Interface) des Fahrzeugs wie einem zentralen Informationsdisplay. „Angezeigt werden dem Fahrer nur Informationen, die für ihn unmittelbar relevant sind und vor Gefahren warnen“, betont Søren Hess. Ansonsten ist der permanente Austausch von Echtzeitdaten für den Fahrer unsichtbar.
Größter Praxistest in den USA
Auch in den USA wird die Car-to-X-Technologie intensiv weiterentwickelt: Das US-amerikanische Verkehrsministerium (DOT) startete dazu Ende 2012 in Ann Arbor, Michigan, einen auf einen Zeitraum von einem Jahr angelegten Praxis-Test – den größten weltweit. Fast 3.000 Autos, Lkw und Busse wurden mit WLAN-Technologie ausgestattet, so dass Fahrzeuge und Infrastruktur in Echtzeit miteinander kommunizieren können. Das soll Unfälle vermeiden und den Verkehrsfluss verbessern. Laut dem Amt für Verkehrssicherheit am DOT (NHTSA National Highway Traffic Safety Administration) kann die Car-to-Car-Technologie bei vier von fünf Unfällen die Folgen der Zusammenstöße mildern oder Unfälle sogar ganz verhindern. „Die Car-to-Car-Kommunikation hat das Potenzial, der ultimative Game-Changer in der Verkehrssicherheit zu sein – aber wir müssen verstehen, wie die Technologie in der realen Welt am effektivsten eingesetzt werden kann“, so David Strickland vom NHTSA.