Smarte Kameras haben alles sicher im Blick

Smarte Kameras mit integrierter Intelligenz können Bilder autark verarbeiten und eigenständig Aktionen auslösen. In der Industrie werden sie zur Qualitätskontrolle oder zur Steuerung von Anlagen eingesetzt. Als Überwachungskameras analysieren sie die Videos direkt und alarmieren nur bei Gefahrensituationen.

Gleich ob bei der Qualitätskontrolle in der Industrie, bei der Überwachung von Gebäuden oder auch beim automatisierten Fahren. Der Bedarf an detaillierten Videoaufnahmen rund um die Uhr steigt und produziert große Datenmengen, die hohe Übertragungsraten und viel Speicherplatz erfordern.

Smarte Kameras und Bildverarbeitung vereint

Daher gewinnen sogenannte Smarte Kameras zunehmend an Popularität. Diese intelligenten Systeme vereinen Kamera und Hochleistungsbildverarbeitung in einem einzigen Gerät. Bildvorverarbeitungen oder sogar komplette Videoanalysen werden mit diesen Edge Geräten direkt in der Kamera ausgeführt. Das entlastet das Host-System, zusätzliche PCs oder Controller sind nicht erforderlich. Je nach Leistungsfähigkeit des integrierten Prozessors bzw. FPGAs sind derartige Kameras in der Lage, Farben und Formen zu identifizieren. Aber diese auch mit vorgegeben Strukturen zu vergleichen und sogar menschliche Bewegungen sowie Verhalten zu erkennen. Dabei kommen zunehmend auch Methoden des maschinellen Lernens bzw. Künstliche Intelligenz zum Einsatz.

Anlagen in Echtzeit steuern

Bei industriellen Anwendungen kann die Smarte Kamera so dezentral Entscheidungen treffen und zum Beispiel auf fehlerhafte Teile entsprechend reagieren. Sei es durch Ansteuern eines Auswerfers über die SPS oder der Benachrichtigung eines menschlichen Kollegen, der die Produktion überwacht. Auch bei typischen Echtzeitanwendungen, zum Beispiel bei Pick & Place-Anwendungen, kommen zunehmend Smarte Kameras zum Einsatz. Sie verdrängen mit leistungsfähigen Prozessoren zunehmend die zuvor üblichen PC-basierten Lösungen. In einem Verbund von Anlagen- und Robotersteuerung können solche Embedded Bildverarbeitungssysteme sogar komplexe Fertigungsschritte umfassend unterstützen.

Das auf industrielle Bildverarbeitungslösungen spezialisierte Unternehmen Wente/Thiedig entwickelte zum Beispiel für einen Kunden aus der Automobilindustrie das Scansystem SKG500. Es bestimmt die Lage und Position von schweren Bauteilen in Boxen, so dass ein Roboterarm sie präzise greifen kann. Zwei intelligente Kamerasysteme des Typs VCSBC6211nano-RH des Herstellers Vision Components agieren als eigenständige Bildverarbeitungssysteme agieren. Sie bewerten vor der Entnahme der Rohlinge die Konturen der obersten Rohteillage visuell und bestimmen deren Position, Orientierung und Seitenlage.

Mit einer Rechenleistung von 5.600 MIPS und geringen Maßen (40 mm x 60 mm) eignet sich die intelligente Platinenkamera VCSBC6211nano-RH besonders für Applikationen, bei denen sehr wenig Installationsplatz zur Verfügung steht. Die Platinenkamera verfügt über einen mit 700 MHz getakteten Prozessor, ein 32 MB großes Flash-EPROM sowie einen SDRAM-Arbeitsspeicher von 128 MB. Die Livebildausgabe kann über die 100 MBit-Ethernetschnittstelle erfolgen, die eine freie Programmierung unterstützt.

Die aus dem 3D-Bild gewonnenen Informationen sendet die Smarte Kamera dann über Ethernet an die Anlagensteuerung. Die Realisierung des 3D-Erkennungssystems als Edge Lösung ermöglicht eine verkürzte Taktzeit, die wiederum eine optimale Auslastung der nachfolgenden Bearbeitungszentren gewährleistet.

Hund, Mensch oder Auto?

Neben der industriellen Bildverarbeitung ist der Security-Bereich das zweite große Einsatzgebiet von Smarten Kameras. Mit der eingebauten Intelligenz können moderne Überwachungskameras die erfassten Videodaten autark interpretieren. Bei möglichen Sicherheitsrisiken alarmieren sie anhand von vorkonfigurierten Alarmregeln das Sicherheitspersonal oder den Wohnungseigentümer in Echtzeit. Die intelligente Videoanalyse erkennt automatisch Regelverstöße, etwa wenn eine Person im erfassten Bildbereich ein abgesperrtes Areal betritt.

Die Smarte Kamera „Presence“ von Netatmo kann zum Beispiel unterscheiden, ob ein Auto, ein Hund oder ein Mensch das Grundstück betritt. Sie analysiert in Echtzeit die aufgenommenen Bilder und informiert den Hauseigentümer entsprechend via Smartphone-App.

Das Indoor-Pendant von Netatmo ist die Welcome-Kamera, die sogar einmal „angelernte“ Gesichter erkennen wieder erkennen kann. Dadurch kann sie dem Bewohner eine Info mit dem Namen desjenigen schicken, der die Wohnung betritt. Zudem kann das System dank seiner Künstlichen Intelligenz zwischen Bewegungen eines Haustieres und anderen Aktionen unterscheiden. So werden durch das Haustier ausgelöste Alarme vermieden. Der Nutzer wird nur informiert, wenn wirklich etwas Wichtiges passiert.

Rennfahrer unter Beobachtung

Noch leistungsfähiger sind Überwachungskameras für den professionellen Einsatz. So verfügen die Netzwerk-Kameras von Bosch über 17 verschiedene Videoanalyse-Algorithmen. Damit können sie zwischen echten Sicherheitsvorfällen und bekannten Auslösern von Fehlalarmen unterscheiden. Die eingebaute Videoanalyse ermöglicht es, große Mengen an Videomaterial schnell nach kritischen Informationen zu durchsuchen. Weil nur relevante Bilder übertragen werden, sinken Netzwerklast und Speicherbedarf erheblich. Die übertragenen Videodaten können alle Bilddaten enthalten oder nur die Metadaten, je nach Anforderungen der Anwendung.

Einen eher untypischen Einsatz dieser Kameras findet man am Misano World Circuit in Norditalien, eine der weltweit bekanntesten Motorrad-Rennstrecken.

Seit Eröffnung im Jahr 1972 gilt der Misano World Circuit in Norditalien als eine der weltweit bekanntesten Motorrad-Rennstrecken. Die Rennstrecke ist Austragungsort mehrerer hochrangiger Rennen, darunter der San Marino und Rimini’s Coast Motorcycle Grand Prix. Jedes Jahr besuchen mehr als 600.000 Motorradfans die Rennstrecke. Damit erwirtschaftet der Misano World Circuit jährlich einen Umsatz von mehr als 62 Millionen Euro.

Für die Betreiber der Strecke steht die Sicherheit der Motorradfahrer an erster Stelle. Auch Regelverstöße seitens der Fahrer müssen rechtzeitig erkannt werden, da diese laut Grand Prix-Reglement zu Punktabzug und Disziplinarstrafen führen. Doch bei einem Grand Prix-Rennen über 27 Runden den Überblick zu bewahren ist nicht einfach. Bei rund 25 Rennfahrern und Geschwindigkeiten von mehr als 300 km/h ist die Kontrolle über die Strecke eine große Herausforderung.

Bosch installierte daher unter anderem Kameras vom Typ Autodome IP starlight 7000 HD. Ihre Videoanalysefunktion ist in Misano kundenspezifisch konfiguriert worden. Die Kameras folgen den Rennfahrern automatisch. So kann deren Sicherheit und Regelkonformität auch bei Geschwindigkeiten von über 300 km/h jederzeit überwacht werden. Ereignet sich ein Unfall, verständigen die intelligenten Kameras automatisch das Kontrollzentrum. So kann eine schnelle Analysierung der Lage auf der Rennstrecke erfolgen und eine schnelle Reaktion ist gewährleistet.

 

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