Mit Sand fängt alles an

Wenn heute auch andere Materialien für ­Mikrochips zum Einsatz kommen – das ­dominierende Halbleitermaterial ist nach wie vor Silizium. Es ist der Ausgangsstoff für einen ­komplexen ­Fertigungsprozess, an dessen Ende dann inte­grierte Schaltungen für die unterschiedlichsten Anforderungen und Applikationen stehen.

Ohne Sand würde kein Computer laufen, auch Solarzellen oder LEDs wären ohne ihn nicht denkbar. Er ist der Ausgangsstoff für jeden Mikrochip. Genauer gesagt das im Quarzsand enthaltene Siliziumdioxid. Zum Glück handelt es sich dabei um einen Rohstoff, der in rauen Mengen auf unserem Planeten vorkommt. Der ­größte Teil des Sandes auf unserem Planeten besteht aus dem Mineral Siliziumdioxid, das zugleich Hauptbestandteil der Erdkruste ist.

Ein reines Destillat

Für den Einsatz in Mikrochips wird allerdings reines ­Silizium als Halbleitermaterial benötigt. Dafür wird das in den Quarzsanden enthaltene Siliziumdioxid (SiO2) in ­einem Schmelzofen bei Temperaturen von bis zu 1.800 Grad Celsius erhitzt. Während dieses Vorgangs trennt sich der Sauerstoff vom Silizium. Das so gewonnene Rohsilizium wird in einem nächsten Schritt gereinigt, indem es mit reiner Salzsäure zu Trichlorsilan umgesetzt und anschließend destilliert wird. Der so ­gewonnene „Siliziumbrand“ enthält nur noch Verunreinigungen unter 1 ppb (parts per billion) – das bedeutet, dass sich unter einer Milliarde Siliziumatomen maximal ein Fremdatom befindet.

Vom Monokristall zum Wafer

Um die für Mikrochips benötigten elektrischen Eigenschaften zu erhalten, wird allerdings eine monokristalline Struktur benötigt. Dazu wird das hochreine, aber polykristalline Silizium noch einmal aufgeschmolzen. Damit die gewünschten elektronischen Eigenschaften erzielt werden können, über die sich im späteren Chip elektrische Spannungen und Ströme steuern lassen, werden der Siliziumschmelze sehr reine Fremdsubstanzen hinzugefügt. Dieser Vorgang heißt „Dotierung“. 

In die Schmelze wird dann ein bleistiftdünner Impfkristall gesenkt, an dem ein zentnerschwerer zylinderförmiger Silizium-Monokristall heranwächst. Die Durchmesser dieser Ingots genannten Siliziumzylinder liegen zwischen 50 und 450 Millimetern, ihre Länge liegt zwischen 0,5 und 1 Meter. Der Ingot wird in hauchdünne Scheiben – die sogenannten ­Wafer – geschnitten, deren Dicke beträgt zwischen 100 und 500 Mikrometer. 

Die eigentliche Chip-Produktion

Wafer sind das eigentliche Ausgangsprodukt der Mikrochip-Herstellung. Zunächst werden ihre Oberflächen in mehreren Reinigungs- und Polierprozessen gesäubert, von Kratzern befreit und im Reinraum mehrmals ­poliert. Anschließend durchlaufen sie eine Endreinigung und eine ­exakte Überprüfung der Oberfläche. 

Strukturen werden mit Licht ­eingebrannt

Anschließend wird eine dünne Schicht von Leiter-, Isolator- oder Halbleitermaterialien – je nach gewünschter Funktion – auf den Siliziumwafer aufgebracht. Dann folgt der entscheidende Schritt bei der Herstellung von Computerchips: die lithografische Bearbei­tung. Dabei sind die Strukturen, die später die Funktionen des Chips bestimmen, in einer Fotomaske – sie entspricht dem Negativ aus der ­Fotografie – festgelegt. Über ein Linsensystem wird die Struktur extrem verkleinert auf den Wafer projiziert, der zuvor mit einem Fotolack, dem Resist, beschichtet wurde. Die Belichtung erfolgt mit UV-Licht, denn nur mit dessen kurzen Wellenlängen lassen sich die in ­Nanometern gemessenen Strukturen in ausreichender Auflösung auf den Wafer bringen. Maß aller Dinge ist dabei heute die EUV-­Lithografie (Extrem Ultraviolet) – bei ihr wird mit einer Wellenlänge von 13,5 Nanometern gearbeitet. Damit können Strukturen abgebildet werden, deren Breite weniger als ein Zehntel der verwendeten Wellenlänge beträgt. Bei weniger anspruchsvollen Strukturen wird mit DUV-Lithografie gearbeitet – Deep Ultraviolet hat eine Wellenlänge von 193 oder 248 Nanometern. Dort, wo das Licht auf den Resist trifft, verursacht es chemische Veränderungen, die das Muster der Fotomaske nachbilden.

Schicht für Schicht zum IC

Das im Fotolack abgebildete Muster wird anschließend entwickelt und im Wafer eingebrannt. Je nach gewünschter Funktion kann der Wafer dann mit positiven oder negativen Ionen beschossen werden, um bestimmte Halbleitereigenschaften in definierten Bereichen einzustellen. Das ist die Grundlage für die Erzeugung aller elektronischen Einheiten (Transistoren, Kondensatoren etc.) auf dem Chip. Im nächsten Schritt wird ein Teil des Fotolacks ausgewaschen, so dass ein Muster aus offenen Stellen im Resist erzeugt wird. Aus den entstandenen Freiräumen wird Material weggeätzt, wodurch eine 3D-Version des Musters entsteht. Der gesamte Prozess, von der Abscheidung bis zur Entfernung des Resists, wird so lange wiederholt, bis der Wafer mit Mustern bedeckt ist. Um einen vollständigen Chip herzustellen, kann dieser Prozess bis zu 100-mal wiederholt werden. Dabei wird Muster auf Muster gelegt, die einzelnen Schichten werden über das sogenannte Bonding miteinander verdrahtet – so entsteht letztendlich ein integrierter Schaltkreis. Während des gesamten Prozesses der Chipproduktion wird der Wafer kontinuierlich überprüft und auf Fehler untersucht. Im letzten Produktionsschritt wird er schließlich in einzelne Chipkerne zerlegt. Nach einem abschließenden Test werden sie im ­Packaging innerhalb eines ­Gehäuses eingekapselt. Insgesamt umfasst der Fertigungsprozess Hunderte von Schritten. Bis aus dem Sandkorn ein Mikrochip entsteht, braucht es viel Zeit. Vom Entwurf eines Chips bis zur Massenproduktion kann es bis zu vier ­Monate dauern.