Schon heute können KI gesteuerte Drohnen ähnliche Leistungen wie vom Menschen gesteuerte erbringen. Selbst im urbanen Umfeld können sie sicher navigieren.
Verstopfte Straßen, steigende Emissionen und fehlende Parkmöglichkeiten – urbane Logistik wird zur immer größeren Herausforderung. Getrieben durch E-Commerce, wächst der Paketmarkt in reifen Märkten wie Deutschland oder den USA um sieben bis zehn Prozent jährlich. Bis 2025 wird sich das Volumen in Deutschland damit verdoppeln: Rund fünf Milliarden Pakete werden dann jährlich verschickt. „Während Lieferungen an Verbraucher früher etwa 40 Prozent ausmachten, wird inzwischen mehr als die Hälfte aller Pakete an Privathaushalte geliefert. Zeitnahe Zustellung wird immer mehr verlangt“, sagt Jürgen Schröder, McKinsey-Seniorpartner und Experte für Logistik und Postdienste. „Neue Technologien wie autonomes Fahren und die Zustellung durch Drohnen müssen noch weiterentwickelt werden. Die bieten Möglichkeiten zur Kostensenkung und Vereinfachung der Zustellung. Wir erwarten, dass 2025 rund 80 Prozent der Pakete automatisiert ausgeliefert werden können.“
Paketdrohnen, wie sie Amazon 2013 erstmals vorstellte, wurden zunächst als verrückte Idee belächelt. Heute experimentieren viele Unternehmen mit der Belieferung per Drohne. Wie auch Mercedes-Benz mit seinem „Vans & –Drones“-Konzept, bei dem das Paket nicht direkt per Drohne zum Endkunden, sondern zu einem Verteilfahrzeug geliefert wird. Im Sommer 2017 führte das Unternehmen in Zürich zum ersten Mal autonome Drohneneinsätze in einem urbanen Umfeld durch. Im Zuge des Pilotprojekts konnten Kunden beim Online-Marktplatz siroop ausgewählte Produkte bestellen. Diese waren maximal zwei Kilogramm schwer und für den Transport per Drohne geeignet. Zur Produktpalette gehörten zum Beispiel Kaffee oder Elektronikartikel. Die Kunden erhielten die Waren noch am selben Tag. Der Händler bestückte die Drohnen direkt nach Eingang der Bestellung in den eigenen Räumlichkeiten. Sie flogen daraufhin zu einem von zwei im Projekt genutzten Mercedes-Transportern mit integrierter Drohnen-Landeplattform. Die Vans hielten an einem von insgesamt vier fest definierten sogenannten „Rendez-Vous-Punkten“ im Züricher Stadtgebiet. Dort übernahm der Paketzusteller die Produkte und lieferte sie an die Endkunden aus, während die Drohne zum Händler zurückkehrte. Insgesamt konnten rund 100 Flüge ohne jegliche Zwischenfälle über dem Stadtgebiet durchgeführt werden. „Wir glauben, dass drohnengestützte Logistik-Netzwerke die Art, wie wir tagtäglich auf Produkte zugreifen, grundlegend verändern werden“, so Andreas Raptopoulos, Gründer und CEO von Matternet, dem Hersteller der im Test verwendeten Drohnen.
Hindernissen sicher ausweichen dank Künstlicher Intelligenz
Eine Voraussetzung für derartige Anwendungen sind Drohnen, die sicher zwischen Gebäuden oder im dichten Straßennetz fliegen können, wo Radfahrer und Fußgänger plötzlich ihren Weg kreuzen. Forscher der Universität Zürich und des Forschungszentrums NCCR Robotics haben dazu eine intelligente Lösung entwickelt. Anstatt sich auf komplexe Sensorsysteme zu verlassen, nutzt die Drohne der Schweizer Forscher eine normale Kamera wie die eines Smartphones und den leistungsstarken KI-Algorithmus Dronet. „Dronet erkennt statische sowie dynamische Hindernisse und reduziert das Tempo, um Zusammenstöße zu vermeiden. Mit diesem Algorithmus sind wir dem Ziel einen Schritt nähergekommen, selbstständig navigierende Drohnen in unseren Alltag zu integrieren“, erklärt Davide Scaramuzza, Professor für Robotik und Wahrnehmung der Universität Zürich. Der Algorithmus erzeugt für jedes Eingangsbild zwei Outputs: einen für die Navigation, um Hindernisse zu umfliegen, und einen für die Kollisionswahrscheinlichkeit, um gefährliche Situationen zu erkennen und darauf reagieren zu können. Um ausreichend Daten für das Training des Algorithmus zu erfassen, wurden Informationen zu Fahrten von Autos und Fahrrädern gesammelt, die in städtische Umgebungen navigierten und die Verkehrsregeln respektierten. Durch Imitieren hat die Drohne automatisch gelernt, diese Regeln einzuhalten, wie zum Beispiel „Wie folge ich der Straße, ohne in den Gegenverkehr zu geraten“ oder „Wie halte ich an, wenn Hindernisse wie Fußgänger, Baustellen oder andere Fahrzeuge meinen Weg blockieren“. So trainiert, kann die Drohne nicht nur durch Straßen navigieren, sondern findet sich auch in komplett anderen Umgebungen zurecht, für die sie nie trainiert wurde – so etwa in Gebäuden wie Parkhäusern oder Bürofluren.
KI gesteuerte Drohnen bestehen im Wettbewerb
Wie leistungsfähig von KI gesteuerte Drohnen schon heute sind, zeigte ein Wettrennen, das das Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA veranstaltete. Dabei trat der Welt–klasse--Drohnenpilot Ken Loo gegen eine Künstliche Intelligenz an. „Wir haben unsere Algorithmen gegen einen Menschen eingesetzt, der viel mehr nach Gefühl fliegt“, sagte Rob Reid von JPL, der Task-Manager des Projekts. Im Vergleich zu Loo flogen die Drohnen vorsichtiger, aber konsequenter. Die Drohnen brauchten rund drei Sekunden länger für den -Parcours, hielten aber bei einer Geschwindigkeit von bis zu -64 Kilometern pro Stunde ihre Rundenzeiten konstant, während der menschliche Pilot stark variierte und schon nach wenigen Runden erschöpft war.