Was in den 1950ern mit einer Konferenz der KI-Pioniere John McCarthy und Marvin Minsky begann, ist zu einer Schlüsseltechnologie geworden. Sie beeinflusst schon heute unser Leben – und wird es mit steigender Intelligenz der Maschinen in Zukunft noch viel mehr tun. Doch ist Künstliche Intelligenz schlauer als der Mensch?
Smarte Home-Assistenten bestellen auf Zuruf online die gewünschten Produkte. Chat-Bots führen eigenständig Dialoge mit Kunden. Selbstfahrende Autos bringen den Fahrer sicher zum Ziel, auch wenn der sich in seine Zeitung vertieft. All das sind Anwendungen, die schon heute in unserem Alltag anzutreffen sind – und die alle etwas gemeinsam haben: Ohne Künstliche Intelligenz wären sie nicht möglich.
KI ist eine Schlüsseltechnologie, die sich in den kommenden Jahren nicht nur maßgeblich auf unser tägliches Leben, sondern auch auf die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Wirtschaft auswirkt. „Künstliche Intelligenz hat ein enormes Potenzial, unser Leben zu verbessern – etwa im Gesundheits- und Bildungswesen oder in der Verwaltung. Sie bietet große Chancen für Unternehmen und hat bereits heute eine erstaunlich hohe Akzeptanz in der Bevölkerung“, sagt Achim Berg, Präsident des Branchenverbandes Bitkom.
Wie alles begann
Die Entwicklung dieser Technologie begann bereits in den 50er Jahren: Noch bevor es die Technologie wirklich gab, prägte der Computerwissenschaftler John McCarthy 1956 den Begriff „Künstliche Intelligenz“ auf einer Konferenz an der Dartmouth Universität. Die US-Regierung wurde auf das Thema aufmerksam und da sie sich von der KI einen Vorteil im Kalten Krieg versprach, stattete sie McCarthy und seinen Wissenschaftlerkollegen Marvin Minsky mit den notwendigen finanziellen Mitteln zur Entwicklung dieser neuen Technologie aus. Noch im Jahr 1970 war sich Minsky sicher: „In drei bis acht Jahren werden wir eine Maschine mit der generellen Intelligenz eines durchschnittlichen Menschen haben.“ Doch das war zu euphorisch. Die Wissenschaftler weltweit machten kaum Fortschritte, also kürzten die Regierungen die Mittel. Ein regelrechter KI-Winter brach an. Erst 1980 bekamen die Bemühungen, intelligente Maschinen zu entwickeln, wieder Auftrieb. Sie gipfelten in einem spektakulären Kampf: IBMs Supercomputer Deep Blue schlug im Jahr 1997 den Schachweltmeister Garry Kasparov.
Bots sind die besseren Videospieler
Ab da entwickelte sich die KI rasant. Das zeigt sich – um bei Spielen zu bleiben – zum Beispiel an dem Sieg, den ein von OpenAI entwickelter Bot gegen mehrere Profi-Spieler im Multiplayerspiel Dota 2 errang, einem der komplexesten Videospiele überhaupt. Die Besonderheit: Der Bot brachte sich das Spiel innerhalb von nur vier Monaten selbst bei. Durch ständiges Ausprobieren in extrem vielen Runden, die er mit sich selbst spielte, fand er heraus, was nötig war, um zu gewinnen. Allerdings wurde der Bot nur in einem 1-zu-1-Spiel eingesetzt – normalerweise treten zwei Teams mit jeweils fünf Spielern gegeneinander an. Ein entsprechendes Team aus fünf Bots zu kreieren, ist das nächste Ziel der Entwickler von OpenAI – übrigens ein von Elon Musk mitgegründetes Non-Profit-Forschungsinstitut, das sich die Entwicklung einer sicheren KI für die Allgemeinheit auf die Fahnen geschrieben hat.
Intelligenz in zwei Jahren verdoppelt
Ist KI also heute schon so schlau wie ein Mensch? Um das herauszufinden, haben chinesische Forscher um Feng Liu an der Chinese Academy of Science in Peking einen Test entwickelt, der die Intelligenz von Maschinen misst und sie mit menschlicher Intelligenz vergleicht. Im Fokus standen dabei digitale Assistenten wie Siri oder Cortana. Das Ergebnis: Der schlaueste Assistent ist danach der Google Assistant. Mit 47,28 Intelligenzpunkten liegt er knapp hinter der Intelligenz eines sechs Jahre alten Menschen (55,5 Punkte). Immerhin. Was aber noch viel mehr beeindruckt, ist die Geschwindigkeit, mit der Google Assistant intelligenter wird: Als Feng Liu in 2014 den Test erstmals durchführte, erreichte Google Assistant gerade einmal 26,4 Punkte – er hat in zwei Jahren seine Intelligenz also fast verdoppelt. Lernt das System in diesem Tempo weiter, wird es nicht mehr weit sein, bis die 1970 von Minsky geäußerte Vision einer Maschine mit der Intelligenz eines Erwachsenen wahr wird.
Den Menschen simulieren
Erstaunlicherweise gibt es trotz der langen Geschichte der Entwicklung intelligenter Maschinen auch heute noch keine wissenschaftlich anerkannte Definition von KI. Allgemein wird der Begriff verwendet, um Systeme zu beschreiben, die menschliche Intelligenz und Verhalten nachbilden und simulieren. Im Grunde passt dazu die Definition von MIT-Professor Marvin Minsky, der KI definiert hat als „die Wissenschaft, Maschinen dazu zu bringen, Dinge zu tun, die als intelligent angesehen werden, wenn sie von einem Menschen ausgeführt würden.“