Die vernetzte Welt verlangt nach den unterschiedlichsten Technologien zur Datenübertragung. Dabei bietet der Markt heute für jede Anwendung eine passende Lösung – per Funk oder kabelgebunden.
Gleich ob es um eine sich selbst organisierende Produktion in der Industrie 4.0 geht oder um hoch automatisiert fahrende Autos. Es werden überall Daten übertragen. Dabei nehmen die Anforderungen an die Kommunikationstechnologien kontinuierlich zu. Gewünscht ist nicht nur, immer größere Datenmengen immer schneller zu übertragen, sondern auch möglichst wenig Energie dabei zu verbrauchen. Zudem soll sich eine Vernetzung schnell und einfach realisieren lassen. Einige Anwendungen benötigen außerdem Kommunikationstechnologien, die Daten in Echtzeit übertragen, um zum Beispiel sicherheitsrelevante Informationen ohne Verzögerung übertragen zu können.
Wi-Fi in sechster Generation
Da keine Technologie alle Anforderungen gleichzeitig erfüllen kann, haben sich mittlerweile die verschiedensten Standards und Systeme etabliert. Diese entwickeln sich kontinuierlich weiter. Das beginnt bereits bei dem Wireless-Standard, den nahezu jeder heute auch zuhause nutzt: Wi-Fi.
Vor über 20 Jahren hat sich der Standard IEEE 802.11 erstmals als verbindliche Schnittstelle für lokale Funknetzwerke definiert. Seitdem hat sich die unter dem Namen Wi-Fi bekannt gewordene Technologie in den unterschiedlichsten Anwendungen etabliert. Die aktuellste Variante ist Wi-Fi 6.
Die Entwicklung von Wi-Fi 6 – oder, etwas technischer formuliert, des WLAN-Standards 802.11 ax – hatte als wichtigstes Ziel die Erweiterung der Bandbreite. Der bisherige Standard 802.11 ac erreichte eine maximale Übertragungsrate von 1,3 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s). Wi-Fi 6 nutzt nun einen neuen Technologiemix. Durch ihn erhöht sich die Netzwerkbandbreite und die Anzahl der gleichzeitigen Benutzer um das Vierfache und die durchschnittliche Netzwerklatenz reduziert sich von 30 auf 20 Millisekunden. So sind bei Wi-Fi 6 unter optimalen Bedingungen Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 11 Gbit/s möglich.
Zudem ermöglicht der neue Wi-Fi-Standard eine größere Reichweite, eine verbesserte Energieeffizienz und eine höhere Zuverlässigkeit der Verbindung. Neu ist auch, dass der Standard die Nutzung des 6 Gigahertz (GHz) Frequenzbands ermöglicht. In den USA ist dieser Frequenzbereich bereits für die lizenzfreie Nutzung durch WLAN genehmigt, in Europa steht dies noch aus. „Mit dem Extra-Spektrum verleihen die USA dem aktuellen WLAN-Standard Wi-Fi 6 einen immensen Leistungsschub. Als Wi-Fi 6E (Enhanced), so die offizielle Bezeichnung, zieht WLAN im 6 GHz-Band in puncto Übertragungsraten und Latenzzeiten mit dem Mobilfunkstandard 5G gleich. Daraus ergeben sich völlig neue Einsatzszenarien etwa bei Echtzeitanwendungen wie Virtual Reality“, ist Ralf Koenzen, Gründer von Lancom, überzeugt. Sein Unternehmen stellt Netzwerk- und Security-Lösungen für Wirtschaft und Verwaltung her.
5G auch als privates Funknetz
Wi-Fi 6 ist eine konkurrierende Technologie zum Mobilfunkstandard 5G. Denn es ist nicht nur für Anwendungen interessant, die Daten über große Entfernungen übertragen müssen. Sondern es lassen sich damit auch private Mobilfunknetze realisieren, wie zum Beispiel innerhalb einer Produktion. Denn 5G verspricht eine mindestens 100-fach höhere Geschwindigkeit als der aktuelle LTE-Standard und minimale Reaktionszeiten. So können auch sicherheitskritische Funktionen, wie beispielsweise Not-Aus-Schaltungen in der Produktion, realisiert werden. Prozessdaten werden mit Latenzen von wenigen Millisekunden aufgenommen, echtzeitfähig ausgewertet und so das Prozessmonitoring der gesamten industriellen Prozesskette optimiert.
Prof. Martin Ruskowski, Leiter des Forschungsbereichs Innovative Fabriksysteme am DFKI: „Immer mehr Maschinen, Geräte und Dienste bringen sich in das Produktionsnetzwerk ein. Die klassischen Kommunikationsstrukturen werden aufgelöst und verlagern sich mehr und mehr in den virtuellen Raum.“ Mit Künstlicher Intelligenz ermöglicht die 5G-Mobilfunktechnologie die nahtlose Integration autonomer Systeme und mobiler Plattformen ohne Kabelbindung. Dadurch entstehen komplett neue Fertigungsmethoden. „Echtzeitfähige Kommunikation ist Erfolgsfaktor für Industrie 4.0“, so Ruskowski weiter. „Mithilfe von 5G werden sich Flexibilität, Wandelbarkeit und Produktivität der industriellen Fertigung deutlich erhöhen.“
Mit Kommunikationstechnologien in Echtzeit kommunizieren
Zurzeit wird daher daran gearbeitet, 5G auch in Kommunikationsstandards wie Time-Sensitive Networking (TSN) zu integrieren. TSN ist ein Ethernet-basierter Standard, der sowohl eine geringe Übertragungslatenz als auch eine hohe Synchronität ermöglicht. Mit Hilfe dieser Echtzeittechnologie können Datenpakete priorisiert werden. Das bedeutet, dass anhand von Prioritätsklassen flexibel entschieden werden kann. Welche Daten müssen sofort verfügbar sein und bei welchen ist eine Verzögerung akzeptabel. Durch TSN wird beispielsweise garantiert, dass sicherheitskritische Daten mit höchster Priorität versendet werden. Die Daten kommen selbst dann an, wenn das Netzwerk stark belastet ist. So wird in einem überlasteten Netzwerk gewährleistet, dass ein Modul prozesssicher ist, also verbindlich weiterarbeitet.
Daten und Energie in einer Leitung
Ethernet hat sich in den letzten Jahren in vielen Bereichen als Kommunikationssystem durchsetzen können. Sei es in einer Fabrik, in einem Auto oder in einem Gebäude. Das gilt nicht nur für Funkverbindungen, sondern auch für Applikationen, bei denen die Daten über Kabel übertragen werden. Denn verglichen mit traditionellen Bussystemen bietet Ethernet einige weitere Vorzüge. Höhere Geschwindigkeiten, eine bessere Handhabung von großen Datenvolumen und geringere Kosten dank der hohen Energieeffizienz. Aber auch flexiblere und günstigere Bandbreitenoptionen.
Heute ermöglichen Ethernet-Protokolle unter der Nutzung von Glasfaserkabeln Geschwindigkeiten von bis zu 400 Gbit/s. Um den Verdrahtungsaufwand dabei zu reduzieren, wurden verschiedene Power-over-Ethernet-Standards entwickelt. Mit denen nicht nur Daten, sondern auch Strom übertragen werden kann. Besonders im Fokus des Interesses steht dabei aktuell der Standard 802.3bu. Bei dieser Single-Pair-Ethernet (SPE) genannten Technologie werden Signale und Leistung auf nur zwei Adern übertragen.
Was bedeutet Single-Pair-Ethernet?
Die Entwicklung des Single Pair Ethernets hat ihren Ursprung in der Automobilbranche. Dort ist der Trend zur Entwicklung kleinerer und leistungsfähigerer Geräte deutlich zu spüren. Zukunftsweisende Technologien wie das autonome Fahren erfordern eine Verbindungstechnik, die die Übertragung größerer Datenraten auf geringem Bauraum ermöglicht.
Diese ein-paarige Leitung wird auch PoDL (Power over Data Line) benannt. Abgestimmt auf die Querschnitte und Kanallängen sind mit PoDL Leistungen bis circa 15 Watt übertragbar. Die Übertragungsstrecke kann dabei bis zu 1.000 Metern lang sein, die Übertragungsraten liegen zwischen 10 Mbit/s bis zu 1 Gbit/s. „Single Pair Ethernet treibt die Transformation industrieller Netzwerke voran“, sagt Dr. Oliver Kleineberg, Global CTO Industrial Networking Solutions von Belden. „Diese Technologie spart Platz, Gewicht und Materialkosten und macht zudem, wie im Fall von PoDL, die Installation separater Leitungen für die Übertragung von Leistung und Daten überflüssig. Das gesamte physische Netzwerk wird durchlässiger.“