Energie aus der Umgebung der Stadt soll die unzähligen Geräte und Sensoren einer Smart City mit Strom versorgen. Dazu ernten Mini-Kraftwerke auf Dächern, in Gehwegen oder an Maschinen Strom aus Bewegungen, Temperaturunterschieden, dem Wind und vielem mehr.
Das ideale Gerät für die Smart City ist klein, kann zuverlässig Informationen übertragen und arbeitet selbstständig mit nur einem minimalen Wartungsaufwand über seine gesamte Lebenszeit. Nur wo sollen die Geräte die Energie für ihre Arbeit hernehmen? Der Anschluss an Stromleitungen ist nicht überall möglich und für die Vielzahl der benötigten IoT-Geräte auch viel zu aufwändig. Batterien spenden nur eine absehbare Zeit lang Strom – aber ein Wechsel bei tausenden Geräten wäre viel zu teuer und würde Wartungstechnikern wahre Alpträume bereiten. Die Lösung bietet das sogenannte Energy Harvesting: Fortschritte in der Halbleitertechnologie haben integrierte Schaltungen mit extrem niedrigem Stromverbrauch ermöglicht, die Energie aus der Umgebung „ernten“ können. Das kann natürliches oder auch künstliches Licht sein, Wärme, Wind oder Vibrationen. Die Ausbeute an Energie ist zwar gering, reicht aber völlig, um kleine, sparsame IoT-Geräte wie Sensoren zu versorgen.
Vibrationen und Schritte erzeugen Strom
Das New Yorker Unternehmen MicroGen hat zum Beispiel Mikro-Generatoren entwickelt, die aus Vibrationen Strom erzeugen. Sie nutzen den piezoelektrischen Effekt und sind mithilfe der MEMS-Technologie gefertigt: Die Vibrationen verformen ein Piezo-Material elastisch. Dabei entsteht eine elektrische Spannung. Diese Energie wird in Dünnfilm-Batterien oder kleinen Ultra-Kondensatoren gespeichert. Den gleichen Effekt nutzt auch die Londoner Firma Pavegen: Nur sind es hier die Schritte von Fußgängern, die Piezo-Elemente im Belag des Gehwegs verformen und so Strom generieren. Die kinetische Energie eines Schrittes wird in fünf Watt elektrische Energie umgewandelt. Das britische Start-up-Unternehmen hat seine Platten bereits in mehreren Projekten weltweit im Einsatz: In Rio de Janeiro wurde zum Beispiel ein Fußballplatz inmitten einer Favela mit den Bodenplatten ausgestattet. Seit 2014 sorgen sie zusammen mit Solarzellen dafür, dass der Platz für bis zu zehn Stunden lang hell erleuchtet ist. „Wann auch immer jemand einen Schritt auf unsere Fliesen macht, entsteht genug Energie, um eine Glühbirne für einige Sekunden zum Leuchten zu bringen. Diese Bewegung kann die Zukunft der Energieerzeugung in unseren Smart Cities verändern – genauso wie die Energienutzung in aufstrebenden Regionen weltweit“, ist sich Laurence Kemball-Cook, der 30-jährige Gründer und CEO von Pavegen, sicher.
Die US-amerikanische Firma Perpetua setzt dagegen auf Temperaturunterschiede, um elektrische Energie zu erzeugen. Die Power Pucks genannten thermoelektrischen Generatoren lassen sich zum Beispiel auf Rohrleitungen, Pumpen, Ventilatoren oder Motoren montieren. Die Temperaturdifferenz zwischen deren Oberfläche zur Umgebung reicht aus, damit die Halbleiterelemente der Pucks nutzbare elektrische Energie erzeugen – und das für Jahrzehnte. Die Generatoren arbeiten dabei im gleichen Spannungsbereich wie übliche Batterien.
Mini-Generatoren im Wasserzähler
Einen anderen Ansatz verfolgt das Team um Dr. Peter Spies vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS: Es nutzt die Drehung der Zahnräder von Ovalradzählern, mit denen Volumenströme in Leitungen gemessen werden, um Strom zu erzeugen. „Mit einer geeigneten Anordnung von Magneten an den Zahnrädern und fest installierten Spulen am Gehäuse des Ovalradzählers kann aus der Drehbewegung elektrische Energie gewonnen werden, um ein Funkmodul zu versorgen und die Messdaten drahtlos zu übertragen“, erläutert Peter Spies die Vorteile der Technologie. So kann bei jeder Durchflussmessung – zum Beispiel bei Wasserleitungen – Energie gewonnen werden.
Spannung liegt in der Luft
Wiederum einen anderen Effekt nutzen US-amerikanische und chinesische Forscher vom Georgia Institute of Technology bzw. dem Beijing Institute of Nanoenergy and Nanosystems: Ihr hybrider Generator basiert auf dem triboelektrischen Effekt. Darunter versteht man die elektrische Aufladung zweier Materialien durch Kontakt und anschließendes Trennen – im Alltag bemerkt man ihn etwa, wenn es beim Pulliausziehen knistert. Das Team entwickelte einen Generator, der zum einen aus einer Solarzelle auf Siliziumbasis besteht und zum anderen aus einem triboelektrischen Nanogenerator. Er besteht aus dünnen Schichten von Kunststoff und Teflon, die durch die Luft voneinander getrennt werden. Wenn Wind weht, vibriert der Kunststoff-Film zwischen den Teflonschichten, gerät also in Kontakt mit dem Teflon und wird wieder getrennt. So entsteht „Triboelektrizität“ – rund 26 Milliwatt lassen sich so produzieren (1 Milliwatt kann 100 kleine LEDs zum Leuchten bringen). „Diese Forschung präsentiert einen machbaren Ansatz, um die Ausbeute von Solar- und Windenergie in einer Stadt zu maximieren mit dem Ziel, energieautarke Funktionen in Smart Cities zu realisieren“, schreiben die Forscher in einem Abstract, das sie in der Fachzeitschrift ACS Nano veröffentlicht haben.