Auf der einen Seite helfen HalbleiterLösungen dabei, Energie zu sparen und Emissionen zu senken. Auf der anderen Seite jedoch verbraucht ihre Herstellung erhebliche Ressourcen. Die Akteure entlang der gesamten Halbeiter-Wertschöpfungskette intensivieren daher ihre Bemühungen, die Mikrochip-Herstellung nachhaltiger aufzustellen.
Halbleiter sind eine Schlüsseltechnologie beim Klimaschutz. In Photovoltaikzellen erzeugen sie Strom aus Licht, in Umrichtern wandeln sie Energie so um, dass sie mit minimalem Verlust in das Stromnetz übertragen werden kann. Halbleiter machen Antriebe effizienter, überwachen in Sensoren die verschiedensten in die Energiekette eingebundenen Systeme und vernetzen über das Internet der Dinge nachhaltige Energieerzeugung und Verbraucher miteinander, sodass Angebot und Nachfrage optimal aufeinander angepasst werden.
Großer ökologischer Fußabdruck
Doch auf der anderen Seite ist die Halbleiterproduktion ein immens ressourcenintensiver Bereich. Perfluorkohlenwasserstoff (PFC), Chemikalien und Gase verursachen beträchtliche Emissionen verschiedenster Treibhausgase. Der Wasserverbrauch und der Verbrauch von Chemikalien sind hoch, das Recycling von Nebenprodukten ist kostspielig und komplex. So werden beim Trockenätzen oder bei der Reinigung von Kammern für die chemische Gasphasenabscheidung (CVD) Treibhausgase wie fluorierte Verbindungen verwendet. Gase wie SF6 und NF3 haben ein vielfach höheres Treibhauspotenzial wie CO2. Laut dem belgischen Interuniversitry Micro-Electronics Centrum (IMEC) haben Untersuchungen gezeigt, dass fast 75 Prozent der CO2-Emissionen, die ein mobiles Gerät entlang seiner gesamten Lebenszeit verursacht, während der Herstellung entstehen – wobei fast die Hälfte davon auf die Chip-Fertigung zurückzuführen ist. Hinzu kommt, dass die Halbleiterindustrie aufgrund der erforderlichen Reinraumbedingungen und der extrem komplexen Anlagen besonders energieintensiv ist. Greenpeace schätzt zum Beispiel den jährlichen Stromverbrauch von TSMC auf 4,8 Prozent des gesamten Stromverbrauchs Taiwans – das ist mehr, als die Hauptstadt Taipeh verbraucht. Laut IMEC steigt der Ressourcenverbrauch zudem mit den immer kleiner werdenden Chip-Strukturen: Vergleicht man die Produktion einer 28-Nanometer-Struktur mit der einer 2-Nanometer-Struktur, so steigt der Stromverbrauch um den Faktor 3,46, der Reinstwasserverbrauch um den Faktor 2,3 und die Treibhausgasemissionen steigen um den Faktor 2,5 pro Wafer.
Wertschöpfungskette soll nachhaltiger werden
Doch in der Halbleiterindustrie hat bereits ein Umdenken eingesetzt: Immer mehr Unternehmen fühlen sich dem Ziel verpflichtet, eine nachhaltigere Wertschöpfungskette in der Halbleiterfertigung zu realisieren. Die großen Foundries wie TSMC und Samsung und IDMs wie Intel haben dazu inzwischen explizite Programme gestartet. So kündigte TSMC an, bis 2050 emissionsfrei arbeiten zu wollen und bis 2030 den Anteil erneuerbarer Energiequellen auf 40 Prozent zu erhöhen. Im Juli 2020 unterzeichnete TSMC beispielsweise einen 20-Jahres-Vertrag mit dem dänischen Unternehmen Ørsted, um die gesamte Energieproduktion von zwei Windkraftanlagen aufzukaufen. Auch Globalfoundries (GF) will seine Treibhausgasemissionen reduzieren – von 2020 bis 2030 um 25 Prozent, während gleichzeitig die globalen Produktionskapazitäten ausgebaut werden. „Wir sind uns bewusst, dass der Klimawandel eine noch nie dagewesene globale Herausforderung darstellt. Mit der Journey to Zero Carbon hat sich GF verpflichtet, verantwortungsbewusst zu wachsen und unsere Emissionen deutlich zu reduzieren“, so Tom Caulfield, CEO von GF.
Treibhausgas-Emissionen sinken
Laut dem Europäischen Verband der Halbleiterindustrie (ESIA) konnte die Branche in Europa die absoluten Emissionen von perfluorierten Gasen von 2010 bis 2020 um 42 Prozent senken. Im gleichen Zeitraum hat die europäische Halbleiterindustrie auch ihre Gesamtemissionen um 54 Prozent reduziert. Dies wurde unter anderem erreicht durch eine Optimierung des Herstellungsprozesses, so dass weniger PFC verwendet und emittiert wird, durch die Verwendung alternativer Chemikalien mit geringerem Treibhauspotenzial sowie durch die Installation von Anlagen zur Emissionsminderung.
Grüne Lösungsmittel
Eine wichtige Rolle bei den Bemühungen der Halbleiterindustrie, ihre Umweltbilanz zu verbessern, spielen auch Zulieferer. So hat Merck zum Beispiel „grüne“ Lösungsmittel für den Einsatz in fotolithografischen Prozessen bei der Herstellung von Halbleitern auf den Markt gebracht. Jedes Mal, nachdem Materialien auf einen Siliziumwafer übertragen wurden, ist eine sorgfältige Reinigung erforderlich, bei der unerwünschte Rückstände vom Wafer entfernt werden. Dazu sind Lösungsmittel als Reiniger unabdingbar. „Unsere neuen chemischen Produkte sind durch und durch umweltverträglich, was die Umweltbilanz der Produktionsanlagen, in denen sie eingesetzt werden, erheblich verbessert und nasschemische Prozesse auf Kundenseite vereinfacht“, erklärt Anand Nambiar, globaler Leiter des Semiconductor-Material-Geschäfts von Merck. „Da Lacke so mit weniger als einem Drittel der normalerweise erforderlichen Menge an Lösungsmitteln entfernt
werden können, sind auf Kundenseite Kosteneinsparungen möglich und die mit dem Eingang solcher Substanzen in die globalen Abfallströme verbundene Umweltbelastung wird reduziert.“
Energieeffizientere Fertigungs-Anlagen
Auch die Hersteller der Anlagen, die für die Chip-Fertigung benötigt werden, tragen dazu bei, dass Fabs ihren Ressourcenverbrauch senken können. So hat Lam Research, Anbieter von Anlagen und Dienstleistungen für die Wafer-Herstellung, neue Plasmaätz-Anlagen auf den Markt gebracht, mit denen die benötigte Energie für jeden geätzten Wafer um 10 bis 20 Prozent reduziert werden kann. Zudem führte Lam Research in Zusammenarbeit mit ASML und IMEC eine Trockenphotoresist-Technologie für die Strukturierung mit extremem Ultraviolett ein, die fünf- bis zehnmal weniger Chemie und zweimal weniger Energie benötigt.
HalbleiterKunden fordern Nachhaltigkeit
Die Bemühungen der Halbleiterindustrie, ihre Umweltbilanz zu verbessern, wird auch durch die Anforderungen ihrer Kunden gepusht. Immer mehr Firmen schauen auch auf die Nachhaltigkeit ihrer Zulieferer. Wie zum Beispiel Apple: Das Unternehmen hat das ehrgeizige Ziel, bis 2030 über die gesamte Zuliefererkette und den Produktlebenszyklus hinweg klimaneutral zu werden. „Jedes Unternehmen sollte sich am Kampf gegen den Klimawandel beteiligen und gemeinsam mit unseren Zulieferern und lokalen Communitys zeigen wir, welche Chancen grüne Innovationen bieten und welchen Wert sie haben können“, sagt Tim Cook, CEO von Apple.