Lieferroboter sind die Antwort auf das stetig wachsende und steigende Paketaufkommen durch den Online-Handel. Sie sollen schnell, sicher und autonom Pakete bis zur Haustür bringen und so die Straßen entlasten. Der Logistikdienstleister Hermes testete in Hamburg mehrere Monate den Roboter 6D9 von Starship Technologies.
Gerade vor Weihnachten erlebt man in den Städten die Folgen des stetig steigenden Online-Handels: Gefühlt steht alle paar Meter ein Lieferwagen eines Paketdienstleisters auf der Fahrbahn, meist in zweiter Reihe – das kostet nicht nur Nerven, sondern verstopft die Straßen und führt zu steigenden Emissionen. Experten arbeiten daher fieberhaft und mit viel Kreativität an neuen Konzepten, um die Situation nachhaltig zu lösen.
Mit etwas Glück konnte man im Hamburger Stadtteil Ottensen eine dieser Lösungen live erleben: Der Logistikdienstleister Hermes Germany testete bis März 2017 Zustellroboter des Start-up-Unternehmens Starship Technologies. „Der Einsatz von Robotern kann die Zustellung von Päckchen und Paketen speziell im städtischen Raum nachhaltig revolutionieren“, so Frank Rausch, CEO bei Hermes Germany.
Unterwegs auf dem Gehweg
Der Lieferroboter 6D9 ist ein Fahrzeug mit sechs Rädern, ist 50 Zentimeter hoch und 70 Zentimeter lang. In seinem Inneren bietet er ein gesichertes Fach, in dem Sendungen mit einem Gesamtgewicht von maximal 15 Kilogramm transportiert werden. Der Zustellroboter wird ausnahmslos auf Fußwegen eingesetzt und fährt maximal mit Schrittgeschwindigkeit, also 6 km/h. Radwege und Straßen werden nur nach vorheriger Prüfung gekreuzt. Die eingebauten Kameras und Sensoren sorgen obendrein dafür, dass nahende Hindernisse automatisch erkannt werden – und der Roboter sofort stoppt. Dank hell leuchtender LEDs ist jeder Roboter auch von weitem gut erkennbar.
Ein neuer Servicekanal
Die Roboter können in einem Umkreis von bis zu fünf Kilometern eingesetzt werden. Auf diese Weise sind automatisierte Zustellungen innerhalb von 30 Minuten ab Beauftragung durch den Kunden möglich. Während des Pilottests pendeln die Zustellroboter zwischen den teilnehmenden Paket-Shops und ausgewählten Testkunden. Transportiert werden reguläre Sendungen, die auf Wunsch des Kunden nicht nach Hause, sondern in einen Paket-Shop von Hermes geliefert werden. Anstatt eine Sendung nach Anlieferung im Shop persönlich dort abzuholen, können die Tester per Smartphone einen Roboter damit beauftragen, ihnen die Sendung nach Hause zu bringen. Konventionelle Zustelltouren oder gar Zusteller ersetzen die Roboter somit nicht. Vielmehr installiert Hermes mit dem Starship-Roboter testweise einen neuen Servicekanal, der die persönliche Abholung von Sendungen im Shop ablöst.
Gut geschützt vor Diebstahl
Die Sendungen sind im Transportfach per Sicherheitsschloss, Überwachungskamera und PIN-Code-Abfrage vor unbefugtem Zugriff gesichert. Hat das Fahrzeug sein Ziel erreicht, erhält der Empfänger eine SMS-Benachrichtigung und kann seine Sendung an der Haustür entgegennehmen. Das Öffnen des Transportfachs erfolgt über einen individuellen verschlüsselten Öffnungslink. Sollte jemand versuchen, das Fach mit Gewalt zu öffnen, löst der Roboter umgehend Alarm aus und verständigt den Operator. Dank konstantem GPS-Signal lässt sich die Position des Fahrzeugs jederzeit zurückverfolgen.
Noch mit menschlicher Begleitung
6D9 navigiert über eine Mischung aus Ortungssignalen (zum Beispiel GPS) und visueller Erkennung der Umgebung über mehrere Kameras. Zebrasteifen und Ampelsysteme erkennt das System automatisch. Dafür sorgen Sensoren und neun Kameralinsen, die die empfangenen Bilddaten in Echtzeit vollautomatisch in entsprechende Handlungsanweisungen umrechnen. An heiklen Stellen und bei Unsicherheiten wird über das Internet ein menschlicher Remote-Operator hinzugeschaltet, der in der Leitzentrale von Starship in Tallinn sitzt. Er kann sich die Kamerabilder des Roboters zeigen lassen und erhält die entsprechenden Navigationsdaten, sodass er dem Lieferroboter per Fernbedienung aus schwierigen Situationen helfen kann. Mit jeder Fahrt „lernt“ der Paketroboter dazu und steigert dadurch seinen Grad an Autonomie. Auf den Testfahrten werden die Lieferroboter dennoch durchgehend von einer Person begleitet und überwacht, damit möglichst viele Informationen zum Betrieb gesammelt werden können.
(Bildnachweis: Istockphoto: Altayb)