Erste Autos fahren bereits teilautomatisiert im Level 3 auf unseren Straßen. Doch bis zum vollautomatisierten Fahren nach Level 5 ist es noch ein längerer Weg. Erste Meilensteine dahin werden aber bereits umgesetzt – vom automatischen Parken bis zum Level 4-Shuttle.
Schon heute sind die ersten Serienfahrzeuge auf dem Markt, die den internationalen Anforderungen für ein Level-3-System entsprechen und hochautomatisiert auf öffentlichen Straßen fahren dürfen. Damit können Autos jetzt die Verantwortung übernehmen – allerdings nur auf bestimmten Strecken, zeitlich begrenzt und bei entsprechender Verkehrssituation.
Der Mensch am Lenkrad muss immer in der Lage sein, die Kontrolle auf Aufforderung durch das System innerhalb weniger Sekunden wieder zu übernehmen. „Dass wir schon schlafend ins Wochenende fahren können, glaube ich aber eher nicht“, meint denn auch Uta Klawitter, Leiterin Zentraler Rechtsservice und Chefsyndika bei Audi.
„Für Fahrzeuge, die privat genutzt werden, fehlt es in Europa noch an technischen Regelwerken zur Zulassung einer Level 4-Funktion. Diese erwarten wir frühestens 2024.“
E-Kleinbusse im Linienverkehr
Dennoch kann man – mit etwas Glück – schon heute auf einigen Straßen Fahrzeuge ohne Fahrer sehen. Sogenannte People Mover sind tatsächlich schon in einigen Städten unterwegs, allerdings noch im Probebetrieb. Zum Beispiel fuhren vom Sommer 2021 bis Ende Juni 2022 drei hochautomatisierte E-Kleinbusse auf zwei Linien in Berlin.
Dabei konnten die Shuttles der Firma EasyMile über V2X auch Ampelschaltungen erkennen und waren in der Lage, dank einer Freiraum- und Objekterkennung mithilfe von LiDAR bzw. 3D-Visionsystemen eine Hauptverkehrsstraße zu kreuzen. Bis Mitte Mai 2022 haben bereits mehr als 20.000 Fahrgäste erleben können, wie es ist, ohne Fahrer unterwegs zu sein. Wobei – so ganz stimmt das nicht: Denn nach wie vor fahren die Shuttles mit einer Begleitperson, die den Kleinbus im Notfall zum Stoppen bringt, mögliche Hindernisse umfährt und mobilitätseingeschränkten Fahrgästen behilflich ist.
On-demand im Rhein-Main-Gebiet
Im Gebiet des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV) sollen ab 2023 erste autonome On-Demand-Fahrzeuge auf die Straße kommen und das Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs in der Fläche maßgeblich verstärken. Die Shuttles sollen im autonomen Level 4-Betrieb durch Darmstadt und den Kreis Offenbach fahren. Sie sind über die zentrale On-Demand-App des Verkehrsverbundes buchbar.
„On-Demand-Verkehre sind für Fahrgäste hochattraktiv und bieten damit große Potenziale für die Mobilitätswende“, so RMV-Geschäftsführer Prof. Knut Ringat. „Großflächig sind sie aber nur im autonomen Betrieb wirtschaftlich darstellbar.“
Das Auto parkt allein
Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zum vollautomatisierten Fahren ist das Automated Valet Parking: Dabei steigt der Fahrer aus – zum Beispiel am Terminal eines Flughafens – übergibt über eine App das Fahrzeug an die Infrastruktur und das Auto wird autonom geparkt.
Dabei wird das Fahrzeug durch die im Parkhaus installierte, intelligente Sensorik geführt: Kamerasysteme im Parkhaus überwachen den Fahrkorridor sowie dessen Umfeld und liefern die Informationen für die Steuerung des Fahrzeugs. Autofahrer können bequem ein- und aussteigen und sparen sich die Suche nach einer freien Parklücke. Darüber hinaus können die einzelnen Fahrzeuge platzsparend geparkt werden, sodass der vorhandene Parkraum um 20 Prozent effizienter genutzt wird.
Aber auch weitere Optionen sind denkbar: Der Wagen fährt selbsttätig durch die vorhandene Waschstraße oder zu einem Laderoboter, alle anfallenden Gebühren werden elektronisch abgebucht und der Kofferraum des abgestellten Fahrzeugs kann von Lieferdiensten als Paketstation genutzt werden.
Das ist keine Zukunftsmusik: Bosch und Mercedes-Benz haben Ende 2022 vom deutschen Kraftfahrt-Bundesamt im Parkhaus P6 am Flughafen Stuttgart eine Genehmigung für so ein vollautomatisiertes Parksystem erhalten.
Carsharing mit ferngesteuerten Autos
Wer es nicht mehr abwarten kann, wie es sich anfühlt, mit einem autonom fahrenden Auto auch durch die Innenstadt zu fahren, kann einen ersten Eindruck in den Fahrzeugen von Vay bekommen. Wobei hier nicht Technologie das Auto steuert, sondern immer noch ein Fahrer. Der aber sitzt nicht im Auto, sondern in einer Teledrive-Station und lenkt per Fernsteuerung. 2022 wurde in Hamburg dieser weltweit erste Telefahr-Mobilitätsservice im Auto gestartet.
„Die elektrische Carsharing-Flotte erschließt in der äußeren Stadt Gebiete, die vom ÖPNV noch nicht vollends erschlossen sind, bietet dadurch eine bequeme, schnelle Alternative zum eigenen Auto und verringert auf diese Weise sowohl Straßenverkehr als auch Lärm- und CO2-Emissionen“, betont Anjes Tjarks, Hamburgs Senator für Verkehr und Mobilitätswende.
Nutzer können per App ein Vay-Auto bestellen, das – von einem zertifiziertem Telefahrer gesteuert – innerhalb weniger Minuten vorfährt. Anschließend fährt der Nutzer das Fahrzeug selbst zum Zielort. Dort angekommen, steigt er einfach aus, ohne selbst parken zu müssen, da der Telefahrer bzw. die Telefahrerin das Steuer wieder übernimmt und das Fahrzeug zum nächsten Kunden telefährt. Da die vollelektrische Flotte eine hohe Auslastung erreichen kann, wird sie die Anzahl an Fahrzeugen sowie die Luftverschmutzung reduzieren können. Durch den Sharing-Charakter des Angebots werden zudem sowohl der Straßenverkehr als auch der Parkdruck spürbar reduziert. Parallel zum Telefahren arbeitet Vay aber auch an der schrittweisen Einführung von autonomen Fahrfunktionen in das System, sobald dies sicher und zulässig ist.
Bis jedoch vollautomatisierte Fahrzeuge durch die Städte fahren, hat die Technik allerdings noch einige Herausforderungen zu meistern, meint Uta Klawitter von Audi:
„Sie muss die hochautomatisierte Fahrfunktion reibungslos und vor allem sicher ermöglichen. Denn nur dann, und das ist die zweite Herausforderung, wird sie auch von der Gesellschaft akzeptiert und ihr entsprechendes Vertrauen entgegengebracht.“