Einzelhandel: „Wer nicht auf KI setzt, stirbt!“

Der Einsatz von KI ist nicht nur dem Online-Handel vorbehalten. Auch im Ladengeschäft helfen selbstlernende Algorithmen, Angebot und Nachfrage genauer auszutarieren und den Kunden besser zu verstehen.

Der Einzelhandel agiert in einem komplizierten Beziehungsgeflecht zwischen Kunden, Herstellern, Logistikern und Online-Plattformen. Um im Wettbewerb zu bestehen, müssen die Kundenbedürfnisse optimal erfasst und möglichst effizient und passgenau erfüllt werden – der Händler muss also die richtigen Entscheidungen zur idealen Einbindung der Akteure treffen. Selbstlernende Algorithmen und Künstliche Intelligenz erschließen dabei neue Dimensionen der Prozessoptimierung, Personalisierung und Entscheidungsgenauigkeit.

Die Händler können mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz besser auf die Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen und beispielsweise ihre Bestell- und Lieferprozesse weiter optimieren.

Eine Frage der Notwendigkeit

Prof. Dr. Michael Feindt, Gründer des Unternehmens Blue Yonder: „Wer nicht auf KI setzt, stirbt! Wer sich dagegen der neuen Technologie öffnet und diese klug für sich nutzt, hat beste Chancen, um auch in Zukunft im Einzelhandel erfolgreich zu sein. Digitaler Wandel mit KI ist für den Einzelhandel keine Frage der Wahl, sondern der Notwendigkeit. Nur wer sich verändert und die neuen KI-Technologien für sich nutzt, überlebt.“ Blue Yonder bietet dazu zum Beispiel eine Machine-Learning-Lösung, die durch automatisierte Preise und Preisabschläge den optimalen Abverkauf über die gesamte Saison ermöglicht. Das System misst den Zusammenhang zwischen Preisänderung und Nachfrageverhalten in jeder Filiale und jedem Kanal. Auf Basis der Ergebnisse legt die Lösung über den gesamten Verkaufszyklus bis hin zu Preisabschlägen und Schlussverkauf umsatz- oder gewinnsteigernde Preise automatisiert fest. Sie analysiert nicht nur historische, sondern auch aktuelle Umsatz- und Produktstammdaten und ermöglicht die Validierung und Optimierung Hunderter Preise pro Tag. Mit Hilfe derartiger Systeme können Handelsunternehmen die steigenden Erwartungen der Konsumenten an den Handel erfüllen und gleichzeitig ihren Gewinn maximieren. Laut Blue Yonder soll so eine Maximierung des Gewinns um sechs Prozent, eine Steigerung des Umsatzes um 15 Prozent und eine Reduzierung der Lagerbestände um 15 Prozent erreichbar sein.

Prozesse weiter optimieren mit Hilfe der KI

„Die Händler können mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz besser auf die Bedürfnisse ihrer Kunden eingehen und beispielsweise ihre Bestell- und Lieferprozesse weiter optimieren“, so Stephan Tromp, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland HDE. Retailer können zum Beispiel Daten ihrer Zulieferer zur Performance-Messung und Prozessoptimierung einsetzen. Kombiniert mit den Daten aus den Geschäften und Lagerbeständen lassen sich zudem Angebot und Nachfrage besser ausbalancieren. Intelligente Prognosesysteme lernen zum Beispiel aus vergangenen Bestellungen, bilden Käufergruppen und betrachten saisonale Effekte. Aus den gewonnenen Einsichten prognostizieren sie zum Beispiel den Absatz der Produkte und wissen im Optimalfall noch vor dem Konsumenten, was als Nächstes bestellt wird. So können Händler ihre Webseiten auf die entsprechenden Produktgruppen ausrichten, den Einkauf veranlassen, das Lager entsprechend zu bestücken, und letztendlich die Versandzeiten weiter verkürzen. Engpässe bei bestimmten Produkten sind so vorherzusehen und der Retailer hat frühzeitig die nötigen Einblicke, welcher Zulieferer momentan am schnellsten in der Lage ist, die benötigten Waren nachzuliefern.

Kundenbewegungen erfassen

Doch nicht nur im Backoffice des Händlers findet KI ihren Einsatz, auch direkt im Ladengeschäft helfen Deep-Learning-Funktionen das Verhalten von Kunden zu messen. So hat zum Beispiel das Unternehmen Retailnext einen All-in-One IoT-Sensor auf den Markt gebracht, der die Bewegungen der Kunden im Laden erfasst: das Abholen von Waren, das Anprobieren von Kleidung, die vom Kunden zurückgelegten Wege im Geschäft. All das wird über eine Kamera erfasst und direkt im Gerät mit Hilfe von Deep-Learning-Funktionen analysiert. Die Daten werden anschließend in Echtzeit an die Cloud übertragen, sodass Marken über alle Filialen der Kette hinweg aussagekräftige Informationen sammeln können. „Gerade diese Projekte ermöglichen es Einzelhändlern, ein tieferes Verständnis für das Kaufverhalten im Laden zu entwickeln und differenzierte Einkaufserlebnisse zu ermöglichen“, ist sich Arun Nair, Mitgründer von Retailnext und technischer Geschäftsführer sicher. „Je mehr der Einzelhändler weiß, was im Laden passiert, desto besser.“

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