KI-Chatbots­ werden menschlich

Softwaresysteme, die via Text oder Sprache mit dem ­Menschen kommunizieren, werden immer ­ausgefeilter: KI-Chatbots­ ­erkennen die Stimmung des ­Gegenübers und reagieren als Avatar mit ­ passenden ­Gesten und Gesichtsausdrücken.

Beim britischen Elektroeinzelhändler Dixons Carphone beginnt das Einkaufserlebnis für neun von zehn Kunden online. Zwei Drittel der Kunden kommen mobil über ihr Smartphone in das virtuelle Ladengeschäft, um Produktinformationen einzuholen und Preise zu vergleichen. Sie alle werden von Cami empfangen, dem KI-Chatbot des Unternehmens. Cami ist so konzipiert, dass er aus den Chats lernt, um die Bedürfnisse der Kunden zu antizipieren, sie mit aktuellen Preisen und Lagerbeständen abgleicht und so alle Fragen schnell und präzise beantworten kann. Damit erzielt der Händler im E-Commerce nennenswerte Umsatzzuwächse und schafft Freiräume für die menschlichen Vertriebsmitarbeiter, die in der gewonnenen Zeit wertvolle Kundendienstleistungen anbieten können.

Immer natürlichere Kommunikation dank Chatbots mit künstlicher Intelligenz

Chatbots – also Softwareprogramme, die via Text oder Sprache mit dem Menschen kommunizieren können – ermöglichen heute eine immer natürlichere Kommunikation mit dem Nutzer: Sie nutzen Künstliche Intelligenz, insbesondere Natural-Language-Processing-(NLP-)Technologien, um Sprache zu verstehen und zu generieren. Natural Language Understanding interpretiert das, was der Benutzer sagt, und ordnet es einem im Computer hinterlegten Muster zu. Natural Language Generation erzeugt eine natürliche Sprachantwort, die vom Benutzer verstanden werden kann.

Bei der vollautomatischen Einbindung eines Chatbots agiert dieser alleine mit dem Kunden. Während des Gesprächs wählt der Bot die Antworten aus, die er dem Kunden gibt oder ob er den Dialog an einen menschlichen Agenten weiterleitet, wenn er zum Beispiel die Frage nicht versteht. Im Unterschied hierzu agiert ein teilautomatischer Chatbot nicht komplett autark, sondern schlägt einem menschlichen Agenten Antworten vor. Von diesen kann der Agent die passendste auswählen, die Antwort überarbeiten oder auch selbst den Dialog übernehmen. Der Vorteil daran ist, dass der Chatbot hierbei weiter lernen kann, während er den Agenten bereits unterstützt, schneller und gezielter zu reagieren. Gleichzeitig wird das Risiko gesenkt, durch einen Fehler des Bots wertvolle Kundenbeziehungen zu verlieren. „Die Evolution der Chatbots beginnt gerade erst“, so Wolfgang Reinhardt, Geschäftsführer von optimise-it, einem der führenden Anbieter für Live-Chat- und Messaging-Services in Europa. „In den nächsten Monaten und Jahren werden sie noch intelligenter und funktionsfähiger werden. Wichtig ist dabei die Einbindung und Vernetzung der Bots in die Kommunikationsstruktur der Unternehmen, um dem Kunden eine optimale User- und Service-Experience zu bieten.“

KI-Chatbots­ erhalten eine Gestalt

Dazu sollen die Chatbots auch eine Gestalt bekommen – als Avatar bilden sie den Menschen auch grafisch nach. Die Kölner Firma Charamel und das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) arbeiten bereits seit Längerem auf dem Gebiet der virtuellen Avatare zusammen. Mit der Avatar-Plattform VuppetMaster von Charamel ist eine Einbindung von interaktiven Avataren in Web-Anwendungen oder anderen Plattformen ohne zusätzliche Softwareinstallation möglich. Ziel ist es, eine nächste Generation von multimodalen Sprachdialogsystemen zu entwickeln, die auf der Ausgabeseite Mimik, Gestik und Körpersprache stärker nutzt, um einen natürlichen Gesprächsverlauf zu ermöglichen. Prof. Dr. Wolfgang Wahlster, Vorsitzender der Geschäftsführung des DFKI: „Chatbots werden damit zu glaubwürdigen virtuellen Charakteren mit einer individuellen Persönlichkeit. Kundendialoge, Empfehlungs-, Beratungs- und Tutorsysteme werden durch diese neue Form der digitalen Kommunikation im Internet der Dienste noch effizienter und attraktiver. Diese individualisierten virtuellen Dienstleister machen die Smart Service Welt für den Menschen noch leichter nutzbar und zu einem persönlichen Erlebnis.“

Von Angesicht zu Angesicht

„Am Ende des Tages sind die emotionalsten Gespräche, die wir führen, Gespräche von Angesicht zu Angesicht“, meint auch Greg Cross, Chief Business Officer bei Soul Machines. „Wenn wir von Angesicht zu Angesicht kommunizieren, öffnen wir eine ganze Reihe neuer nonverbaler Kommunikationskanäle.“ Viele Bots sind bereits heute gut darin zu verstehen, was jemand sagt. Aber in Zukunft wird es wichtiger, auch einzuschätzen, wie jemand etwas sagt. Dabei helfen die über 20 Gesichtsausdrücke, über die ein Mensch verfügt. So ist zum Beispiel ein Augenzwinkern nach einem Satz ein Hinweis darauf, die Aussage nicht zu ernst zu nehmen. Dies zu erkennen sollen jetzt auch Maschinen bzw. Chatbots in der Lage sein. Das klappt heute schon in einer beeindruckenden Weise, wie der lebensähnliche Avatar von Soul Machines zeigt. Dessen Computer-Engine nutzt neuronale Netze, um das menschliche Nervensystem nachzuahmen. Wenn der Benutzer das System startet, beginnt eine Kamera, seine Gesichtsausdrücke zu lesen und zu interpretieren. Gleichzeitig nimmt ein Mikrofon die Anfrage auf. Mit Hilfe der KI von IBM Watson wird die Anfrage interpretiert und eine passende Antwort gegeben. Parallel dazu erkennt die Engine von Soul Machines die Emotionen anhand des Gesichts und des Tons in der Stimme, um besser zu verstehen, wie jemand mit dem System interagiert.

Da Menschen in ihrem täglichen Leben mit immer mehr Maschinen interagieren, wird es für Greg Cross zunehmend wichtig, der KI ein Gesicht zu geben: „Wir sehen das menschliche Gesicht als einen absolut kritischen Teil der Mensch-Maschine-Interaktion in der Zukunft.“

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