Die Technologie, autonome Flugzeuge ohne Pilot fliegen zu lassen, ist vorhanden und wird bereits erfolgreich getestet. Besonders für die Mobilität in den Städten kann das eine völlig neue Art zu reisen bedeuten.
Ein Flugzeug, das keinen Piloten an Bord hat, klingt in Zeiten von fahrerlosen Autos und immer intelligenteren Drohnen gar nicht mehr visionär. Tatsächlich hat schon vor rund zehn Jahren das Projekt IFATS (Innovative Future Air Transport System) gezeigt, dass Flugzeuge ohne Piloten technisch realisierbar sind – damals sprach man allerdings von einem Zeithorizont ab 2050. Das größte Hindernis sah man in der Akzeptanz der Passagiere.
Doch die dürfte mit jedem Pilotenstreik und jedem Absturz eines Flugzeugs steigen – denn bis zu 90 Prozent der Unfälle im Luftverkehr sind auf Pilotenfehler zurückzuführen. Und so arbeiten alle großen Flugzeughersteller – und viele kleine Start-ups – an unbemannten Flugzeugen.
Das elektronische Auge sieht alles
Ende 2016 begann der britische Hersteller BAE Systems mit Tests eines selbstfliegenden Flugzeugs. Dafür wurde eine serienmäßige Jetstream 31 zum fliegenden Prüfstand umgebaut. Die Maschine ist mit einer Antenne zum Erfassen von Transpondersignalen anderer Flugzeuge ausgestattet sowie mit einer am Cockpit montierten Kamera, die als elektronisches Auge dient. Die Kamera ist mit den Computersystemen der Jetstream verbunden und ermöglicht dem Flugzeug, potenzielle Gefahren zu „sehen“, selbst wenn keine Signale ausgestrahlt werden. Das elektronische Auge kann zudem verschiedene Wolkentypen erkennen und, wenn nötig, bei unangenehmen Wetterbedingungen einen Ausweichkurs festlegen. Start und Landung des Flugzeugs werden allerdings noch von Piloten an Bord durchgeführt, doch sobald die Jetstream in der Luft ist, fliegt sie selbstständig. Die Maschine legte bereits Strecken von fast 500 Kilometern in einer Flughöhe von rund 4,5 Kilometern zurück. „Unsere Priorität ist es, den sicheren und effektiven Betrieb von autonomen Systemen zu demonstrieren“, so Maureen Mccue, die bei BAE Systems die Forschung und Entwicklung im Bereich der Militärflugzeuge leitet. „Die Versuche werden uns Technologieoptionen zur Verfügung stellen, die in unseren bemannten und unbemannten Flugzeugen zum Einsatz kommen können. Zudem könnten sie möglicherweise dazu führen, dass wir neue Technologien für unbemannte Flugzeuge auf den Markt bringen.“
Ungleich schwerer als bei einem Starrflügler wie der Jet-stream ist die Steuerung eines Helikopters – immerhin sind kontinuierliche Korrekturen in allen drei Achsen erforderlich. Doch auch hier gibt es schon erste Flugversuche: So startet Airbus Helicopters im Juni 2017 autonome Flugversuche mit einer Vorab-Studie des VSR700 – der Prototyp des leichten „Optionally Piloted Vehicle“ (OVP) Hubschraubers soll in 2018 abheben. „Optionally piloted“ bedeutet, dass die Maschine sowohl autonom als auch mit einem Piloten fliegen kann. „Der OVP ist in der Lage autonom abzuheben, zu steigen sowie einen stabilisierten Flug wie auch Manöver durchzuführen“, so Regis Antomarchi, Leiter des VSR700 Programms bei Airbus Helicopters. Die Testflüge mit Sicherheitspilot dienen jetzt erst einmal dazu, die automatische Flugsteuerung an Bord des Hubschraubers zu verfeinern, was dann letztendlich in vollautonomen Flügen ohne Pilot enden soll.
90% Pilotenfehler
Der Großteil aller Unfälle im Luftverkehr geht auf menschliches Versagen zurück. Autonome Systeme sollen diese Zahl deutlich reduzieren.
Der neue Nahverkehr
Doch Airbus will mit autonomen Luftfahrzeugen noch viel weitergehen. Der Konzern hat verschiedene Visionen rund um das Thema in den Versuchslabors und hat dabei den urbanen Verkehr der Zukunft im Fokus: A3, ein im Silicon Valley beheimatetes Tochterunternehmen, arbeitet zurzeit an einem Projekt namens Vahana. Das ist ein selbstfliegendes Luftfahrzeug für den individuellen Personen- und Gütertransport – im Prinzip ein Lufttaxi. „Die Fähigkeit, in einem autonomen Luftfahrzeug sicher und schnell durch die Stadt transportiert zu werden, ist nicht länger Science-Fiction“, so Rodin Lyasoff, CEO von A3. „Fortschritte in Antrieb, Batterieleistung, Luftverkehrs-Management, Autonomie und Vernetzung bedeuten, dass diese Art des Transports geeignet ist, in wenigen Jahren – nicht in Dekaden – Vorteile für Millionen von Menschen zu bringen.“ Nur bei verlässlichen Sense-and-avoid-Systemen, die Gefahren beziehungsweise Hindernisse erkennen und ein Ausweichen einleiten, sieht er noch Herausforderungen, da derzeit hierzu noch keine ausgereiften Lösungen für die Luftfahrt existieren. „Urban Air Mobility wird die Art, wie wir leben und arbeiten, klar zum Besseren verändern. Die Brücke von der Machbarkeit zur Realität zu schlagen wird aber eine enge Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Sektoren erfordern, um passende Regularien zu definieren“, so Lyasoff. Eine andere Airbus-Vision für den städtischen Luftverkehr ist der City-Airbus: Von der Technik her gleicht dieses Luftfahrzeug einer kleinen Drohne und wird genauso von mehreren elektrisch angetriebenen Propellern getragen. Allerdings soll es gleich mehrere Personen transportieren können. Die Maschine soll zunächst von einem Piloten gesteuert werden, um schnell auf den Markt kommen zu können. Später aber soll sie autonom fliegen und per App von den Passagieren gerufen werden. Eine Machbarkeitsstudie wurde erfolgreich abgeschlossen.