Kleine oder schnelle Objekte zu erkennen, das ist die Stärke von Lidar. Die auf LaserPulsen basierende Technologie ergänzt zunehmend Radar- und Kamerasysteme.
Um ein möglichst umfassendes Bild der Umgebung mit möglichst geringem Fehlerrisiko zu erfassen, werden bei autonomen Fahrzeugen verschiedene Sensortechnologien eingesetzt. Während Radartechnologie auf hochfrequenten elektromagnetischen Schwingungen basiert, arbeitet das sogenannte Lidar mit Laserstrahlen, um im Nahbereich des Fahrzeugs den Abstand zu Objekten zu bestimmen. Lidar wird vor allem genutzt, um kleinere Objekte auf der Straße zu erkennen.
Allerdings ist nicht nur die Straße ein Einsatzgebiet für diese Sensortechnik. „Alle reden nur von autonomen Fahrzeugen, aber autonome Systeme sind auch in der Industrie ein großer Trend“, betont Dr. Dirk Rothweiler, CEO des Berliner Unternehmens First Sensor. Das Unternehmen produziert sogenannte Avalanche-Fotodioden, die die Laserreflexionen in Lidar-Systemen erfassen. Lidar-Technologie ist in vielen industriellen Anwendungen bereits heute technischer Standard, wie Rothweiler erklärt: „Unsere Kunden setzen im Bereich der industriellen Längenmessung seit Jahren auf Lidar, zum Beispiel bei der Geschwindigkeitsmessung oder zur Kontrolle von maschinellen Sicherheitsbereichen. Ein wachsendes Feld ist die Anwendung in autonomen Systemen. Im industriellen Umfeld sind diese leichter einzuführen, da die Umgebung und die Einflussfaktoren kontrollierbar sind.“ Hier sorgen Lidar-Systeme zum Beispiel dafür, dass mobile Roboter nicht mit Menschen im Produktionsumfeld kollidieren oder autonome Transport- und Logistiksysteme komplexe Aufgaben wie die Bestückung von Paletten übernehmen können.
Laserdioden als Grundlage
Lidar steht für Light Detection and Ranging. Das Grundprinzip ist die Laufzeitmessung: Ein sehr kurzer Laserpuls wird ausgesandt, trifft auf ein Objekt, wird reflektiert und von einem Detektor erfasst. Aus der Laufzeit des Laserstrahls ergibt sich die Entfernung des Objekts. Enorm leistungsstarke infrarote Impuls-Laserdioden mit kurzer Schaltzeit bilden die technische Grundlage von Lidar-Systemen. Mit einer optischen Pulsleistung von etwa 25 Watt und einem Spektralbereich von 905 Nanometern sind ihre Impulse für den Menschen so gut wie gar nicht wahrnehmbar. Für das menschliche Auge sind sie vollkommen ungefährlich.
Scanning-Lidar-Systeme rastern horizontal mit einem Laserstrahl über ein bestimmtes Winkelsegment die Umgebung des Fahrzeugs ab und erzeugen eine hochaufgelöste 3D-Karte des Umfelds. Anfangs wurde die Umlenkung der Laserstrahlen in Scanning-Lidar-Systemen mit mechanisch bewegten Spiegeln realisiert. Preisgünstiger, kompakter und robuster sind allerdings Miniatur-Laser-Scanning-Module mit integrierten MEMS-Mikrospiegeln auf Siliziumbasis, wie sie in letzter Zeit auf den Markt gekommen sind. Die Mikro-spiegel bündeln und feinjustieren die Laserstrahlen. Aktuelle Systeme mit Festkörperlaser erreichen Reichweiten von mehr als 200 Metern und eine hohe Auflösung von weniger als 0,1 Grad.
Ergänzung zu anderen Sensorsystemen
Der große Pluspunkt von Lidar gegenüber anderen Sensorsystemen ist die umfassende Datenerfassung: Lidar sammelt mehr Informationen von den einzelnen Datenpunkten als jedes andere System – so zum Beispiel x-, y- und z-Koordinaten, Zeit oder Grad der Reflexion. Reflektierende Oberflächen wie Verkehrsschilder oder auch Straßenmarkierungen liefern ein stärkeres Signal, so dass ein Lidar Fahrbahnbegrenzungen oder Schilder schneller erkennen kann. Das könnte auch eine Kamera bieten. Doch sie könnte von Gegen- oder Sonnenlicht geblendet werden und ist nur begrenzt bei Nacht oder schlechten Sichtverhältnissen einsetzbar. Allerdings liefern auch Lidar-Systeme bei starkem Niederschlag nur noch eingeschränkt Daten. Hier punktet Radar, das durch Objekte „hindurchsehen“ kann. Dafür haben Radarsysteme nicht die hohe Auflösung, die nötig ist, um kleine Objekte oder mehrere Objekte, die sich mit hoher Geschwindigkeit bewegen, zu entdecken. Lidar dagegen kann klar auch kleine Objekte unterscheiden.
„Auch die aggressivsten Start-ups erwarten nicht, dass Lidar die Patentlösung für Erfassung und Wahrnehmung autonomer Fahrzeuge ist“, meint James Hodgson, Senior-Analyst bei ABI Research. „Aber die natürlichen Charakteristika der Technologie passen sehr gut zu denen von Radar und Kamera, die bisher die Kernelemente der Hinderniserkennung waren.“ Seiner Meinung nach sind aber vor allem die hohen Kosten noch Barrieren für eine breitere Anwendung. Wobei die Systeme immer günstiger werden: Die niederländische Firma Innoluce, die inzwischen zu Infineon gehört, plant, zukünftig Automotive-Lidar-Systeme für weniger als 100 US-Dollar auf den Markt zu bringen.