Die Industrie ist für 25 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich, wobei der Großteil aus ineffizienten Antriebssystemen und Prozesswärme stammt. Die Emissionen können durch den Einsatz energieeffizienter Technologien und Elektrifizierung erheblich reduziert werden.
Laut der Internationalen Energieagentur war der Industriesektor im Jahr 2022 direkt für die Emission von neun Gigatonnen CO2 verantwortlich, was ein Viertel der globalen CO2-Emissionen aus dem Energiesystem ausmacht.
Fokus auf Antriebstechnik
Elektromotoren und Antriebssysteme verbrauchen etwa 70 Prozent der in der Industrie verwendeten Energie. Der Einsatz energieeffizienter Motoren bietet daher eine bedeutende Möglichkeit, Emissionen zu reduzieren. Zur Beschreibung der Energieeffizienz eines Elektromotors definiert die internationale Norm IEC 60034-30-1 Energieeffizienzklassen. Diese werden anhand sogenannter IE-Codes klassifiziert, wobei weltweit fünf Klassen standardisiert sind, von IE1 „Standard Efficiency“ bis IE5 „Ultra Premium Efficiency“. Die IEC 60034-Norm legt jedoch nicht fest, wann welche Effizienzklasse verwendet werden soll; dies wird durch regionale Gesetzgebung bestimmt. Heute gibt es in fast allen Märkten Anforderungen an die Mindesteffizienz von Elektromotoren.
Hohe Einsparziele in der EU
In der Europäischen Union werden diese Anforderungen durch die Verordnung (EU) 2019/1781 der Kommission geregelt, die Ökodesign-Anforderungen für Elektromotoren und drehzahlveränderbare Antriebe festlegt. Die neueste Stufe dieser Verordnung trat im Juli 2023 in Kraft und verlangt, dass alle Elektromotoren im Leistungsbereich zwischen 75 und 200 Kilowatt mindestens der internationalen Energieklasse IE4 entsprechen. Ebenso sind IE-Klassen für Wechselrichter und IES-Klassen für Wechselrichter-Motor-Kombinationen definiert. Die Europäische Union erwartet, dass diese Verordnung bis 2030 jährlich mehr als 100 TWh Energie einspart.
Herausforderung Prozesswärme
Nach der elektrischen Antriebstechnik ist die Erzeugung von Prozesswärme der größte Verursacher von Treibhausgasemissionen in der Industrie. „Prozesswärme“ bezeichnet die Wärme, die für spezifische technische Prozesse bei der Herstellung, Weiterverarbeitung oder Veredelung von Produkten benötigt wird. Heute wird diese Wärme hauptsächlich durch fossile Brennstoffe erzeugt. Dies gilt insbesondere in der Stahl- und Zementproduktion sowie in der chemischen Industrie, wo hohe Temperaturen von über 500 Grad Celsius erforderlich sind.
Alternativen für die Stahlindustrie
Abhängig vom erforderlichen Temperaturniveau stehen verschiedene Technologien zur Verfügung, um die Emissionen bei der Erzeugung von Prozesswärme zu reduzieren. Beispielsweise können Elektrolichtbogenöfen (EAF) und Verfahren zur direkten Reduktion von Eisen (DRI) die CO2-Emissionen in der Stahlindustrie erheblich senken. Bei der direkten Reduktion von Eisen wird Wasserstoff zur Reduktion von Eisenerz verwendet, wobei Wasserdampf statt CO2 als Nebenprodukt entsteht. Diese Technologie kann die CO2-Emissionen im Vergleich zu herkömmlichen Methoden um 50 bis 90 Prozent reduzieren. Elektrolichtbogenöfen sind eine seit Jahrzehnten bewährte elektrische Technologie zur Eisenverflüssigung, wurden jedoch hauptsächlich zur Stahlrecycling eingesetzt.
Bei gasbefeuerten Industrieprozessen, die eine sehr hohe Energiedichte erfordern, kann Wasserstoff vorteilhafter als Strom sein. In solchen Fällen ist eine direkte Elektrifizierung oft technisch noch nicht ausgereift oder würde erhebliche Anpassungen bestehender Anlagen erfordern.
Wärmelösungen für die Industrie
Branchen wie die Lebensmittelproduktion oder die Papier-, Holz- und Zellstoffverarbeitung benötigen hauptsächlich Wärme im niedrigen bis mittleren Temperaturbereich. Verschiedene Technologien sind bereits verfügbar, um diese Wärme mit geringen Emissionen zu erzeugen. Geothermie kann Temperaturen von bis zu 180 Grad Celsius liefern, und durch den zusätzlichen Einsatz von Hochtemperatur-Wärmepumpen können in Pilotanlagen sogar Temperaturen bis zu 300 Grad Celsius erreicht werden. Power-to-Heat-Technologien wie Elektrodenkessel, Induktionsöfen und andere elektrothermische Prozesse (z. B. Hochfrequenz- und Infrarotheizung) eignen sich ebenfalls für die Elektrifizierung.
Die Zeit drängt
Die Industrie ist zweifellos einer der Sektoren, in denen die Dekarbonisierung am schwierigsten ist: Technologien mit geringem CO2-Ausstoß für viele Prozesse befinden sich noch in der Entwicklung oder sind zu teuer. Dennoch müssen Entscheidungen über Maßnahmen zur Reduzierung der industriellen CO2-Emissionen jetzt getroffen werden. Viele Industrieanlagen haben eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten, und wenn die Industrie bis 2050 klimaneutral sein soll, muss der Rahmen jetzt gesetzt werden. Dies wird ohne staatliche Maßnahmen nicht möglich sein, insbesondere um CO2-Emissionen zu reduzieren und die Risiken bei der Entwicklung und Implementierung neuer Technologien abzufedern.