Energiespeicherung: Schlüssel zur All Electric Society

Die Energiespeicherung ist ein wesentlicher Bestandteil der All Electric Society. Einerseits ermöglicht sie die netzunabhängige Stromversorgung mobiler Geräte, von Smartwatches bis zu Elektrofahrzeugen. Andererseits spielt sie eine entscheidende Rolle beim Ausgleich der schwankenden Energie erzeugung aus erneuerbaren Quellen mit den aktuellen Bedarfen.

Der Ersatz konventioneller Kraftwerke auf Basis fossiler Brennstoffe durch erneuerbare Energien wie Photovoltaik und Windkraft führt zu einer hochvariablen Stromversorgung mit Momenten von Über- und Unterversorgung. Laut Marktanalysten von McKinsey könnte die Spitzenkapazität der erneuerbaren Energien in der Europäischen Union bis 2030 das durchschnittliche Nachfrageniveau von 320 Gigawatt um das Drei- bis Vierfache übersteigen. Heute wird bei einem Überangebot die Energieproduktion häufig gedrosselt, sodass das Potenzial der erneuerbaren Energiequellen nicht vollständig genutzt wird.

Um dies zu ändern, werden Energiespeichersysteme benötigt, die überschüssigen Strom aufnehmen. Wasserkraftwerke sind derzeit die am weitesten verbreitete Speichertechnologie. Im Jahr 2020 betrug die weltweite Kapazität etwa 8.500 Gigawattstunden, was über 90 Prozent der gesamten globalen Stromspeicherung ausmacht. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) muss die weltweite Speicherkapazität bis 2030 sechsmal größer werden, um Netto-Null-Ziele zu erreichen, wobei 90 Prozent des Wachstums von Batterien und der Rest überwiegend von Pumpspeicherkraftwerken erwartet werden.

Batterien als Schlüssel zur Netzstabilität

„Der Strom- und der Verkehrssektor sind zwei Schlüsselbereiche, um die Emissionen schnell genug zu senken“, sagte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol. „Batterien werden in beiden Bereichen die Grundlage bilden und eine unschätzbare Rolle beim Ausbau der Erneuerbaren und der Elektrifizierung des Verkehrs spielen, während sie sichere und nachhaltige Energie für Unternehmen und Haushalte liefern.“

Es wird eine Vielzahl von Batterietechnologien eingesetzt. Heute sind Lithium-Ionen-Batteriespeichersysteme am weitesten verbreitet. Lithium-Eisen-Phosphat (LFP)-Batterien sind insbesondere aufgrund ihrer Kosten und Energiedichte die bevorzugte Wahl für Netzspeicher. Lithium-Ionen-Batterien mit höherer Energiedichte, wie Nickel-Kobalt-Aluminium (NCA) und Nickel-Mangan-Kobalt (NMC), sind bei der Energiespeicherung in Haushalten und anderen Anwendungen mit begrenztem Platz beliebt. Die kompakten Lithium-Ionen-Batterien, die bisher sehr erfolgreich waren, sind jedoch aufgrund des Energiebedarfs bei der Herstellung und der zunehmenden Nachfrage nach wertvollen und immer knapper werdenden Rohstoffen wie Lithium und Kobalt inzwischen extrem teuer und umstritten.

Die Preise für Lithium-Ionen-Batterien sind von 1.400 USD pro Kilowattstunde im Jahr 2010 auf weniger als 140 USD pro Kilowattstunde im Jahr 2023 gesunken – einer der schnellsten Kostenrückgänge aller Energietechnologien überhaupt, bedingt durch Fortschritte in Forschung und Entwicklung und Skaleneffekte in der Produktion.

Alternativen zu Lithium

Eine im Herbst 2023 vom Fraunhofer ISI veröffentlichte Roadmap untersucht die Rolle, die nicht auf Lithium basierende Batterietechnologien spielen könnten. Laut der Studie könnten Alternativen wie Metall-Ionen-, Metall-Schwefel-, Metall-Luft- und Redox-Flow-Batterien in ausgewählten Märkten und Anwendungen Entlastung bieten. Darüber hinaus gewinnt die Natrium-Ionen-Technologie an Bedeutung. Ihre längere Speicherzeit, niedrigere Kosten und die aktuelle Lage der Lieferketten in anderen Bereichen machen diese Technologie zunehmend attraktiv, da sie nicht auf Kobalt, Nickel oder Lithium angewiesen ist.

Flow-Batterien zeigen ebenfalls großes Potenzial, da sie über 25 bis 30 Jahre hinweg keine Leistungsdegradation erfahren und mit begrenztem Investitionsaufwand an die spezifischen Energiespeicherbedarfe angepasst werden können.

Im Verkehrssektor könnten Festkörperbatterien in Zukunft eine interessante Alternative sein. Sie sind in ihrer Struktur konventionellen Lithium-Ionen-Batterien ähnlich, wobei der Hauptunterschied das feste anstelle des flüssigen Elektrolyts ist. Festkörperbatterien versprechen eine sehr hohe Energiedichte in Elektrofahrzeugbatterien, was zu einer größeren Reichweite führen könnte, insbesondere bei Verwendung von Lithium-Anoden oder „anodenlosen“ Zellkonzepten. Zudem verringert das Fehlen flüssiger Elektrolyte in Festkörperbatterien das Unfallrisiko, da überwiegend nicht brennbare Komponenten verwendet werden. Sie haben jedoch eine kürzere Lebensdauer, da ihre Kapazität mit jedem Ladezyklus abnimmt.

Zweiter Pfeiler Wasserstoff

Andere Energiespeichermethoden wie Druckluft- oder Schwerkraftspeicher spielen in den aktuellen Stromsystemen eine relativ geringe Rolle. Wasserstoff wird jedoch wahrscheinlich als Speichermedium für überschüssige Energie in Zukunft eine weitaus größere Bedeutung erlangen. Er bietet das Potenzial für die saisonale Speicherung erneuerbarer Energie, kann direkt im Transportsektor oder als Kraftstoff durch eFuels eingesetzt werden und dient als CO2-freies Prozessgas in industriellen Prozessen wie der Ammoniakproduktion oder Methanisierung. Das klassische Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff ist die Elektrolyse, bei der Wasser unter Verwendung von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Kommt der für die Elektrolyse benötigte Strom aus erneuerbaren Quellen wie Photovoltaik, entsteht grüner, CO2-neutraler Wasserstoff.

„Für die Dekarbonisierung des Energiesystems müssen wir neben Elektronen auch grüne Moleküle nutzen, um unsere Klimaziele zu erreichen. Die lokale Umwandlung erneuerbarer Energien versorgt nicht nur Industrie und Unternehmen mit grünem Wasserstoff, sondern hilft auch, die Stromnetze zu entlasten“, sagt Christoph Ullmer, Leiter des Innovationskompetenzzentrums bei Thüga AG. Dies wird in einem Bericht hervorgehoben, der von der kommunalen Beteiligungs- und Beratungsgesellschaft in Zusammenarbeit mit E-ON in Auftrag gegeben wurde.

Photoelektrisch erzeugter Wasserstoff

Besonders für die dezentrale Wasserstoffproduktion bietet die direkte solare Wasserspaltung, bekannt als Photoelektrochemische Zelle (PEC), eine spannende Alternative zu herkömmlichen, komplexen Elektrolyseuren. Im Verbundprojekt Neo-PEC haben Forscher von drei Fraunhofer-Instituten eine modulare Lösung entwickelt, die eine hochflexible Wasserstoffproduktion und -versorgung mit Solarenergie ermöglicht. Das Kernstück der Entwicklung ist ein Tandem-PEC-Modul, in dem durch Sonnenlicht Ladungsträger in einem Halbleiter freigesetzt werden. Diese werden direkt zur Wasserspaltung genutzt. Wasserstoff und Sauerstoff entstehen direkt an der Oberfläche der beleuchteten Halbleiter.

Strategische Investition

Die europäische Wasserstoffindustrie investiert beträchtlich in neue Projekte. Derzeit gibt es in der Europäischen Union 254 Projekte für erneuerbaren Wasserstoff, von denen sich 170 in Betrieb und 84 im Bau befinden.

„Wasserstoff ist ein strategischer Bestandteil des Übergangs zu sauberer Energie in der EU“, betont Maroš Šefčovič, Vizepräsident für den europäischen Grünen Deal, Interinstitutionelle Beziehungen und Zukunftsforschung. „Er ist nicht nur entscheidend für die Erreichung unserer Netto-Null-Ziele, sondern auch, um unsere Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und Europas Position als führende globale Wirtschaftsmacht zu erhalten.“

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