Robuste HMI für raue Umgebungen

Klirrende Kälte, Staub, Nässe – Human Machine Interfaces müssen zum Teil extrem rauen Umgebungsbedingungen trotzen. Auch der Schutz vor Vandalismus und Hygieneanforderungen spielt in einigen Einsatzgebieten eine wichtige Rolle.

Sei es im rauen Alltag einer Baumaschine, in der Lebensmittelproduktion oder als öffentliches Terminal in der City – Human Machine Interfaces sind oftmals extremen Umgebungsbedingungen ausgesetzt. Durch den Einsatz qualifizierter Materialien, entsprechend ausgelegter Konstruktionen und die Wahl geeigneter Bedientechnologien können HMI auch unter widrigsten Umständen zuverlässig arbeiten.

Mechanische Schalter ersetzen

Herkömmliche mechanische Taster, die sich durch tatsächliche Berührungen bedienen lassen, sind zwar robuste Komponenten, doch an mechanischen und beweglichen Elementen können sich leicht Keime oder Verschmutzungen festsetzen. Außerdem lassen sie sich nicht fugendicht in Anlagen einbauen – ein zusätzliches mögliches Einfallstor für Staub und Co. Eine widerstandsfähige und hygienische Alternative stellen kapazitive Taster dar. Sie lassen sich fugendicht in jede Anlage integrieren und verfügen über keine mechanischen Elemente, an denen sich Schmutzpartikel oder Keime festsetzen können. So sind versiegelte, glatte und leicht zu reinigende Bedienoberflächen möglich, die das Eindringen von Feuchtigkeit oder Staub verhindern.

Dichte Tastaturen

Elastomertastaturen bieten ein angenehmes, fühlbares Feedback beim Drücken der Tasten durch eine Schicht von Schaltern darunter. Sie zeichnen sich durch eine hohe Witterungsbeständigkeit in rauen Umgebungen, Feuchtigkeits- und Chemikalienbeständigkeit aus. Elastomertastaturen werden eingesetzt, wenn dreidimensionale Tasten in Umgebungen mit hoher Feuchtigkeit benötigt werden, wie zum Beispiel in der Schifffahrt oder im Verteidigungsbereich.

Im Lebensmittel-, Labor- und Medizinsektor spielt die Folientastatur aufgrund einer geschlossenen Oberfläche, der Resistenz gegen Chemikalien und der Dichtheit gegenüber Flüssigkeiten und Staub eine wichtige Rolle. Die klassische Folientastatur besteht aus etwa acht Ebenen, wovon in der späteren Anwendung nur die oberste Ebene, die „Frontfolie“ zu sehen ist. Das eigentliche Schaltelement, die Schnappscheibe, ist zwischen den verschiedenen Ebenen platziert und somit gut gegen Staub und Feuchtigkeit geschützt. Integrierte Acryl-Inlays verhindern zudem eine Deformation der Schnappscheibe.

Pflegeleichte Touchpanels

In rauen Einsatzbereichen sollten Touchpanels mit kratzfesten und stoßunempfindlichen Oberflächen und Bedienteilen ausgerüstet sein. Sie müssen hohen Beanspruchungen durch Strahlwasser, Dampf und Schmutz standhalten und dicht gegen Schadgase sein. Die komplette Oberfläche des Eingabesystems muss resistent gegen Öl, Lösungsmittel und aggressive Chemikalien sein. Touchpanels sollten die Schutzklasse IP67 erfüllen und über einen durchgängig geschlossenen Frontaufbau ohne Schmutzkanten verfügen. Das erleichtert die Reinigung, was beispielsweise in der Lebensmittelindustrie von großer Bedeutung ist. Die Robustheit gegenüber mechanischen Beanspruchungen kann durch die Auswahl gehärteter Gläser sichergestellt werden. In Verbindung mit einer rückseitig laminierten Verbundglasscheibe lassen sich zum Beispiel vandalensichere Touchpanels für öffentliche Anwendungen realisieren. Die kapazitive PCAP-Touch-Technologie erfüllt sowohl Anforderungen aus der Industrie wie auch aus dem Medizinbereich. So ist sie widerstandsfähig gegenüber Wasser und Salzwasser, elektromagnetischer Strahlung und Chemikalien. Darüber hinaus lässt sie sich auch mit Handschuhen bedienen und kann mit antimikrobiellen Oberflächen ausgerüstet werden.

Wie setzt sich die IP-Schutzklasse zusammen?

Keimreduzierende Beschichtungen

Mit antimikrobiellen Beschichtungen sind HMI auch für besonders hohe Hygieneanforderungen gerüstet. Generell wird dabei zwischen aktiven und passiven Materialien unterschieden. Passive Beschichtungen verhindern die mikrobielle Besiedlung allein durch die Oberflächenstruktur. Durch den sogenannten Lotus-Effekt wird das Anhaften der Mikroorganismen an der Materialoberfläche unterbunden. Demgegenüber enthalten aktive antimikrobielle Materialien biozide Bestandteile, die Mikroorganismen an der Zellwand, im Stoffwechsel oder in der Erbsubstanz (Genom) angreifen. Um hohen Ansprüchen an die Hygiene gerecht zu werden, wird empfohlen, Schaltergriffe und Bedienoberflächen für Touchanwendungen mit Beschichtungen mit Log.-Reduktionswerten von 5,25 (Desinfektion) bis 6,05 (Sterilisation) zu versehen.

Auch auf das Innere kommt es an

Vibrationen, extreme Temperaturen und Chemikalien wirken nicht nur auf die Oberfläche einer Mensch-Maschine-Schnittstelle. HMI-Baugruppen bestehen in der Regel aus einer Vielzahl von Schichten oder Bauteilen. Klebstoffe und Dichtungsmaterialien stellen sicher, dass thermische und elektrische Kontakte konstant verbunden bleiben, mögliche Schäden durch Überhitzung verhindert werden und HMI vor Kurzschlüssen, Eindringen von Verunreinigungen oder mechanischem Versagen durch Vibrationen geschützt sind. Bei rauen Umgebungsbedingungen müssen zum Beispiel Display-Layer-Bindungen eine angemessene Schälhaftung, Scherfestigkeit und Schlagfestigkeit aufweisen. Darüber hinaus sind Schwingungs- und Schockdämpfer sowie Dichtungen unverzichtbare Komponenten des HMI-Designs. Dünne und leichte Schäume absorbieren Vibrationen und Stöße sehr effektiv und sind gleichzeitig flexibel genug, um in vordefinierte Gehäuseabmessungen zu passen und Temperaturwechselschwellungen und -kontraktionen zu berücksichtigen.

All diese Materialien dürfen bei rauen Bedingungen nicht ihre Funktion verlieren, indem sie sich zum Beispiel bei extremen Temperaturen zusammenziehen, austrocknen oder ausgasen. Entsprechend sorgfältig sollte beim Design einer HMI für raue Umgebungsbedingungen auch auf die Materialien für Klebstoffe, Dichtungen und Co. geachtet werden.

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