Mobility Trend: Elektrifizierung

Die Elektrifizierung des Verkehrs führt zu gewaltigen Umwälzungen nicht nur in der Automobilindustrie. Neue Technologien ermöglichen effizientere Fahrzeuge, die zudem immer günstiger werden und neue Nutzungsmöglichkeiten bieten.

Das leise Summen in der Ferne ist der Klang einer sich grundlegend verändernden Mobilität – weg vom Verbrennungsmotor, hin zum Elektroantrieb. In den kommenden Jahren werden immer mehr Elektrofahrzeuge auf den Straßen, Meeren und in der Luft unterwegs sein.

Allein die Automobilbranche hat dazu laut McKinsey in den letzten zehn Jahren Investitionen in Höhe von mehr als 400 Milliarden US-Dollar aufgebracht – rund 100 Milliarden US-Dollar davon seit Anfang 2020. Dieses Geld wurde nicht nur in die Entwicklung von Elektroantrieben investiert, sondern auch in Technologien zur Vernetzung und zum autonomen Fahren. Die dabei entwickelten Innovationen werden insgesamt dazu beitragen, die Kosten für Elektrofahrzeuge zu senken und ihre gemeinsame Nutzung im Sinne einer Shared-Mobility zu einer echten Alternative zum eigenen Auto zu machen. 

Umwälzungen in der Zulieferindustrie

Die etablierten Automobilzulieferer stellen ihre Produktion von Komponenten für Verbrennerantriebe auf Bauteile für Elektrofahrzeuge um. Kritische Komponenten für die Elektrifizierung wie Batterien und Elektroantriebe sowie für das autonome Fahren LiDAR (Light Detection and Ranging) oder Radarsensoren werden laut McKinsey bis 2030 voraussichtlich etwa 52 Prozent des gesamten Marktvolumens für Automobilkomponenten ausmachen.

Effizientere Motoren

Zu den innovativen Lösungen für das rein elektrische Fahren zählen zum Beispiel hochintegrierte elektrische Antriebsstrangmodule. Bei ihnen sind Elektromotor, Getriebe und Leistungselektronik zu einer Einheit zusammengefasst, sodass sie nicht nur leichter, sondern auch leistungsfähiger sind. Ein Beispiel: Das Antriebsmodul von Continental erreicht eine hohe Leistungsdichte mit bis zu 150 Kilowatt bei bis zu 400 Newtonmeter elektrischem Drehmoment – und das bei nur 75 Kilogramm Gewicht. 

Leistungselektronik mit hohem Wirkungsgrad

Dank der Weiterentwicklung der Leistungselektronik (Wechselrichter, Ladegeräte, Gleichspannungswandler) wird der Wirkungsgrad des Antriebsstrangs weiter gesteigert – sodass entweder kleinere Batterien ausreichen oder die Reichweite steigt. Dabei bringen insbesondere Siliziumkarbid-MOSFETs und Hochspannungsplattformen mit 800 Volt oder mehr eine höhere Effizienz. Die Experten von IDTechEx gehen davon aus, dass der Marktanteil von 800-Volt-Plattformen und Siliziumkarbid-Wechselrichter bis 2030 auf mindestens 10 Prozent des Marktes ansteigen wird.

Verbesserungen bei Li-Ion-Batterien

Jeder Elektroantrieb braucht aber auch Energie. Um den wachsenden Markt an Elektrofahrzeugen entsprechend mit Stromspeichern versorgen zu können, muss die Batterieproduktionskapazität in Europa laut McKinsey bis 2030 um den Faktor 20 steigen – auf 965 Gigawattstunden. Das bedeutet, Europa benötigt rund 24 neue Batteriefabriken.

Li-Ion-Akkus werden dabei voraussichtlich auch in Zukunft ihre beherrschende Stellung behalten, da alternative Energiespeicher für den Mobilitätssektor zumindest bis 2030 nicht in Sicht sind. Allerdings werden bei Kathoden, Anoden, Zelldesign und Energiedichte schrittweise weitere Verbesserungen erzielt. Nissan zum Beispiel hat sich zum Ziel gesetzt, die Li-Ion-Batterie weiterzuentwickeln und mit einer kobaltfreien Technologie die Kosten bis 2028 um 65 Prozent zu senken. IDTechEx geht zudem davon aus, dass Batteriezellen mit bis zu 400 Wattstunden pro Kilogramm bis 2030 den Mainstream-Markt erreichen.

Ladeinfrastruktur

Diese Batterien müssen aber auch geladen werden. Dazu ist ein immenser Ausbau der Ladeinfrastruktur erforderlich: Eine aktuelle Studie des ACEA zeigt, dass bis 2030 bis zu 6,8 Millionen öffentliche Ladepunkte in Europa benötigt werden. Die Ladesäulen müssen eine einfache Bedienung mit hoher Leistungsfähigkeit vereinen. Die Markteinführung von Plug & Charge stellt dabei einen großen Fortschritt dar: Das Fahrzeug identifiziert sich selbsttätig an entsprechenden Ladesäulen und startet automatisch den Ladevorgang.

Heutige Ladesäulen erreichen Ladeleistungen von bis 350 Kilowatt, erste Ladestationen kommen jetzt auf den Markt, die sogar mit einer Ladeleistung von einem Megawatt arbeiten. Allerdings zielen derartige Höchstleistungs-Ladesäulen weniger auf den Pkw-Bereich, sondern vor allem auf das Aufladen von Lkws – oder zukünftigen Luftfahrzeugen und Schiffen ab. Wissenschaft und Industrie arbeiten daran, mittelfristig die Ladeleistung sogar auf bis zu drei Megawatt zu steigern.

Die Elektrifizierung des Mobilitätssektors wird zwangsläufig einen erhöhten Stromverbrauch mit sich bringen: E-Fahrzeuge werden im Jahr 2030 in Europa durchschnittlich mehr als fünf Prozent des erzeugten Stroms benötigen. Daher wird es wichtig sein, die Belastung des Netzes während der Spitzenlastzeiten durch gesteuertes Laden zu reduzieren, indem Ladezeit, -dauer und -intensität mit Hilfe der Vehicle-to-Grid-Technologie (V2G) gesteuert werden.

Eine neue Industrie entsteht

Der Wandel hin zur E-Mobilität vollzieht sich mit beispielloser Geschwindigkeit und betrifft verschiedene Bereiche wie Energie, Infrastruktur und Automotive. Dies bietet eine riesige Chance für etablierte und neue Akteure, eine führende Rolle bei der Schaffung neuer milliardenschwerer Industrien und neuer Arbeitsplätze zu übernehmen. Der Schlüssel dazu ist die Verbindung von Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Rentabilität durch innovative Technologien.

E-Mobilität wird mehr als nur die Automobilbranche umwälzen

 

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